Es ist ein Pilotprojekt, das - wenn die Rechnung aufgeht und die Technik funktioniert - zum „Gamechanger“ werden könnte. Für 40 Millionen Euro hat das Karlsruher Unternehmen Vulcan Energie Ressourcen in Landau neben das bestehende Geothermiekraftwerk eine komplexe Apparatur aufgebaut, mit der das Lithium aus dem Tiefenthermalwasser herausgelöst und in einer Wasserlösung angereichert werden soll. Das Lithium-Chlorid wird dann mit Tanklastzügen nach Frankfurt-Höchst transportiert, wo es raffiniert und in Lithium-Hydroxid umgewandelt werden soll - der Stoff, aus dem die Träume der Autobauer sind.
Das Alkali-Metall Lithium ist - noch - unverzichtbarer Bestandteil in der Batterietechnik, weil es wie kaum ein anderer Stoff Elektrizität speichern kann. Vulcan-Chef Horst Kreuter, der am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) Geologie studiert hat und seit mehr als 20 Jahren weltweit in Sachen Geothermie unterwegs ist, hat hochfliegende Pläne: „Schätzungen gehen davon aus, dass im Oberrheingraben 40 Prozent des europäischen Bedarfs an Lithium und sogar 100 Prozent des deutschen Bedarfs gedeckt werden könnte“, sagt er Kreuter. Und diese Schätze will er heben - in der Südpfalz schon sehr bald, mittelbar auch im Raum Mannheim und in der Vorderpfalz zwischen Ludwigshafen und Neustadt. Dafür hatte Vulcan zum Jahresbeginn tiefengeologische Untersuchungen in Mannheim und Südhessen durchgeführt. In der Vorderpfalz startet die 3D-Seismik voraussichtlich im kommenden Frühjahr.
Stoff für 500 000 Autobatterien
„Wir rechnen in Projektphase Eins mit 24 000 Tonnen jährlich. Das reicht für 500 000 Autobatterien pro Jahr“, rechnet Kreuter vor. Unter anderem mit dem Lithium aus Mannheim und der Pfalz will er mittelfristig den Ertrag verdoppeln. Die Abnehmer hat er sich schon gesichert. Zu den Investoren und künftigen Abnehmern, die das Unternehmen Vulcan mit Millionenbeträgen in seiner Forschung unterstützen, gehören unter anderem der weltweit viertgrößte Autohersteller Stellantis (Opel, Fiat, Chrysler, Citroen, Peugot und andere), Volkswagen und Renault.
Lithium aus dem Oberrheingraben muss keine langen Wege über den halben Globus zurücklegen. Aktuell stammt es überwiegend aus Australien und Peru.
In Landau ist nun eine so genannte Lithiumextraktionsoptimierungsanlage (LEOP) entstanden. Diese soll erstmals im Tonnenmaßstab das Lithium aus dem Thermalwasser filtern. Sie ist allerdings lediglich Test- und Schulungsobjekt für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die ab 2026 auf einer sehr viel größeren Anlage noch mehr von dem „weißen Gold“ aus dem Tiefenthermalwasser herausholen sollen. Denn in Landau soll erstmals eine Anlage entstehen, die den Stoff aller e-mobilen Träume im kommerziellen Maßstab herausfiltern soll.
Die erste Projektphase inklusive der Bohrungen kostet nach Angaben Kreuters rund 1,4 Milliarden Euro. Die Investitionssumme sei relativ hoch, der laufende Betrieb allerdings dann gar nicht mehr, sagt er. Denn die Energie, mit der das Lithium gewonnen wird, produziert Vulcan mit seinen Geothermie-Anlagen selbst. Deshalb sei dieses Lithium auch CO2-neutral. Auch das sei ein Alleinstellungsmerkmal, sagt der Vulcan-Chef.
Ein weiterer Vorteil, den auch unabhängige Experten attestieren: Lithium aus dem Oberrheingraben muss keine langen und teuren Wege über den halben Globus zurücklegen. Aktuell stammt das Lithium überwiegend aus Australien und Peru. Dann wird es nach China verschifft, um zum Endprodukt Lithium-Hydroxit raffiniert und weiter an die Automobilindustrie als Endverbraucher transportiert zu werden. In Deutschland seien die Wege zur Autoindustrie erheblich kürzer: Vom künftigen Vulcan-Produktionsstandort Frankfurt-Höchst nach Rüsselsheim zum Opel-Stammwerk sind es keine 25 Kilometer.
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