Berlin/Wiesloch. Die ganze Welt - oder zumindest die Sportwelt - schaut derzeit nach Berlin, wo die Special Olympics World Games noch bis Sonntag stattfinden. Das Thema Inklusion ist dadurch in aller Munde. Bei den Wieseln, der Inklusionsabteilung der TSG Wiesloch, wird aber nicht nur darüber gesprochen, Inklusion wird dort gelebt. Und nebenbei sind sie auch noch sportlich erfolgreich.
Sieben Spielerinnen der Wiesel nehmen an den Handballwettbewerben der Weltspiele für Menschen mit geistiger und mehrfacher Behinderung teil - und spielen am Samstagvormittag im Finale um Gold. Gemeinsam mit Spielerinnen der Durlach Turnados bilden die Wiesel Beata Fuchs (42 Jahre), Monika Verma (34), Jasmin Bokalawsky (34), Natascha Egeberg (34), Julia Ganzer (35) und Meike Müller (23) das Team Deutschland Süd.
Seit eineinhalb Wochen befinden sie sich mit den Wiesel-Coaches Sophia Schneeberger und Danny Restle, die das Team Deutschland Süd bei den Weltspielen trainieren, in der Hauptstadt. Langweilig wird ihnen dabei nicht. Zum einen wegen des sportlichen Wettkampfes, zum anderen wegen all der Erlebnisse und Eindrücke, die sie vor Ort aufsaugen.
Mit dem hohen Stresslevel haben die Mädels zu kämpfen. Die fallen abends ins Bett
Rund um die Uhr stehen Begegnungen mit den Athletinnen und Athleten aus allen möglichen Teilen der Welt an. „Trotz der Sprachbarrieren schaffen sie es irgendwie, sich zu verständigen“, sagt Trainerin Schneeberger im Gespräch mit dieser Redaktion.
Dennoch prasseln viele und vor allem neue Eindrücke auf die Spielerinnen ein. Hinzu kommt, dass sie längere Zeit von Zuhause weg sind. „Mit dem hohen Stresslevel haben die Mädels zu kämpfen. Die fallen abends ins Bett“, berichtet Coach Restle. Somit seien die Betreuer - genau wie die Spielerinnen - nicht nur sportlich, sondern auch menschlich gefordert. Es gilt dabei, die Athletinnen sowohl auf der Platte als auch außerhalb des Spielfelds an die Hand zu nehmen und viel mit ihnen zu reden. So fängt sich das gesamte Team gegenseitig auf. „Wir sind eine tolle Truppe und untereinander füreinander da“, betont der 35 Jahre alte Sozialarbeiter.
Höhepunkt war die Eröffnungsfeier
Nachdem der Tross in Berlin angekommen war, wurden die Wiesel zusammen mit der deutschen Delegation zunächst im Friedrichsparkpalast begrüßt. Daraufhin seien die ersten Tage zur Entspannung genutzt worden, etwa mit einer Tour durch die Stadt. Am Samstag stand schließlich die Eröffnungsfeier an.
Ganze zwei Stunden warteten die Wieslocherinnen ungeduldig im Bauch des Berliner Olympiastadions, bis die deutsche Delegation als letzte vor mehr als 50 000 Zuschauern einlaufen durfte. Doch das Warten hatte sich gelohnt. Immerhin kamen Bundeskanzler Olaf Scholz und Basketball-Star Dirk Nowitzki für einen Plausch vorbei. „Das war ein tolles Erlebnis für die Athleten“, betont Schneeberger. „Und für die Trainer auch“, schiebt die 29-jährige Sonderpädagogin hinterher.
Danach ging es ans Eingemachte - und zwar sportlich. Die Klassifizierungsspiele standen auf dem Programm, bei denen das Team Deutschland Süd die Hauptrunde 2 knapp verpasste und sich somit für die Hauptrunde 3 qualifizierte. Ausgetragen werden die Handballspiele im Horst-Korber-Sportzentrum auf dem Gelände des Olympiaparks.
Publikum mit Autogrammwünschen
„Viele Menschen wissen gar nicht, wozu die Athleten hier in der Lage sind“, betont Schneeberger. Die Zuschauer scheinen das zu honorieren. Denn über mangelnde Stimmung in der Halle können sich die Spielerinnen über die zwei Mal 20 Minuten Spielzeit nicht beschweren. Schneeberger berichtet von euphorischen Schulklassen, die auch Autogrammwünsche hätten. Dabei kommen sich die Spielerinnen wie kleine Stars vor. „Die Tribünen sind voll bei uns“, was etwas Besonderes für die Sportlerinnen sei und für reichlich Emotionen bei ihnen sorge, ergänzt Restle.
In der Hauptrunde ging es je zweimal gegen Bangladesch und Saudi-Arabien. Während die Partien gegen Bangladesch verloren gingen (11:15, 9:15), gewann das deutsche Team die beiden Spiele gegen Saudi Arabien (11:6, 17:9). Nun wartet am Samstag der sportliche Höhepunkt: Um 10 Uhr geht es im Finale als Hauptrundenzweiter erneut gegen den Ersten Bangladesch.
Und doch soll das sportliche Abschneiden nicht im Vordergrund stehen. So gibt es bei den Weltspielen auch keinen Medaillenspiegel. Denn im Fokus der Special Olympics steht nicht der Konkurrenzkampf, sondern die Begegnung und das Aufmerksammachen auf Menschen mit geistiger und mehrfacher Behinderung. Gleichzeitig möchte die Special-Olympics-Bewegung diese Menschen durch den Sport zu mehr Selbstbewusstsein und Teilhabe an der Gesellschaft führen.
Hoffen auf Nachhaltigkeit
„Eine Veranstaltung wie die Special Olympics gibt dafür Impulse“, betont Restle. Nun hoffen die Wiesel auf einen Nachhaltigkeitseffekt der Weltspiele für die Zukunft, damit Berührungsängste abgebaut werden. Das Ziel sei es, „dass inklusive Sportangebote normal werden“. Doch dafür müsse noch viel getan werden.
Das nächste Ziel ist nun jedoch erst mal sportlicher Natur. Die Goldmedaille in Berlin ist fest anvisiert. Und auch, wenn es nur zweitrangig ist: „Der Ehrgeiz ist da, sowohl bei Spielerinnen als auch Trainern. Wir wollen zeigen, was wir können“, hebt Restle hervor.
Danach geht es wieder um Wichtigeres: um das große Ziel der Special Olympics - die Förderung der Inklusion.
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