Ludwigshafen

Zu heiß und zu viel Sonne: Katastrophenschutzübung in Ludwigshafen abgebrochen

Der Umgang mit einem "Massenanfall an Verletzten" sollte am Samstag in Ludwigshafen geübt werden. Doch nach einer Dreiviertelstunde war alles vorbei. Die hohen Temperaturen und gleißender Sonnenschein waren wohl zu viel

Von 
Filip Bubenheimer
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Eigentlich sollte in Ludwigshafen der Umgang mit zahlreichen Verletzten nach einer Explosion geübt werden. © Christoph Blüthner

Ludwigshafen. Eigentlich wollen die BG Klinik, der Katastrophenschutz der Stadt Ludwigshafen und weitere Hilfsorganisationen am Samstagnachmittag den Umgang mit einem „Massenanfall von Verletzten“ üben. Doch Temperaturen von knapp 30 Grad und gleißender Sonnenschein machen einigen Teilnehmern der Übung zu schaffen. Acht Personen müssen wegen Kreislaufproblemen versorgt werden, einige von ihnen werden ins Krankenhaus gebracht.

Übungsleiter Michael Kreinest von der BG Klinik bricht die Übung daher nach einer Dreiviertelstunde ab. Eine Fortsetzung „können wir nicht weiter verantworten“, sagt Kreinest vor Übungsteilnehmern und Beobachtern. Insgesamt sind etwa 330 Personen für die Übung auf dem Gelände der BG Klinik zugegen.

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Katastrophenschutzübung in Ludwigshafen

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Das fiktive Übungsszenario: 60 Verletzte nach einer Explosion

Als Kreinest vor Beginn der Übung am Samstagmittag ihren Ablauf durchgeht, macht er auf genau diese Möglichkeit – das Eintreten von „Realnotfällen“ aufmerksam. Doch im Vordergrund steht zu diesem Zeitpunkt noch das fiktive Übungsszenario: Im Eingangsbereich eines öffentlichen Gebäudes in Ludwigshafen kommt es im Gedränge der Besucher zu einer Explosion, 60 Personen werden „verletzt“.

„Wir konzentrieren uns heute auf den medizinischen Part des Rettungseinsatzes“, sagt Jochen Hummel, stellvertretender Leiter der Berufsfeuerwehr Ludwigshafen. Das beinhaltet etwa die Triage der Verletzten, also die Einstufung ihrer Behandlungsdringlichkeit, ihre Versorgung vor Ort und den Transport in die Krankenhäuser. Das Übungsszenario soll am Samstagnachmittag zweimal hintereinander in je gut eineinhalb Stunden durchgespielt werden. Was beim ersten Durchgang noch nicht klappt, soll so beim zweiten Mal gleich verbessert werden.

Startsignal mit Trillerpfeife

Gegen 12.45 Uhr gibt Übungsleiter Kreinest vor dem Reha-Zentrum der BG Klinik mit der Trillerpfeife das Startsignal: Die „Verletzten“ beginnen zu schreien, manche wandern orientierungslos umher. Nach und nach treffen insgesamt acht Rettungsdienst-Teams ein. In der Rolle von Notärzten und Sanitätern stecken die 50 Teilnehmer eines Notarzt-Kurses an der BG Klinik. Die Übung ist der Abschluss des Kurses, in diesem Umfang gab es das noch nie. „Es ist toll, das so proben zu dürfen“, sagt Vivienne Lion, eine der Teilnehmerinnen.

Die Übung

Ein 13-köpfiges Team hat die Übung neun Monate lang vorbereitet und selten geübte Herausforderungen für die rund 100 teilnehmenden Helfer eingebaut:

  • Zum Beispiel lehnen Krankenhäuser die Übernahme von Patienten ab, damit der Rettungsdienst dem Umgang damit trainieren kann.
  • Wegen der großen Zahl von Verletzten auf einmal sollen die Führungskräfte Helfer aus Einheiten herausnehmen und sie „verschieben“, ihnen also andere Ausgaben zuweisen.

An der Übung waren viele Organisationen beteiligt: neben der BG Klinik und der Stadt Ludwigshafen u. a. das Deutsche Rote Kreuz, die Johanniter Unfallhilfe, der Arbeiter-Samariter-Bund, die Deutsche Lebensrettungs-Gesellschaft und das Technische Hilfswerk.

Besonders die Übergabe der Patienten soll geübt werden

Für eine möglich realitätsnahe Atmosphäre sorgen die Darsteller der Explosionopfer, etwa Angelika und Andreas Schmitt. Ihre Rolle: Sie sind sie zwar nicht verletzt, aber verängstigt. „Ich habe Angst, dass noch etwas passiert und renne meinem Mann hinterher“, sagt Angelika Schmitt. „Wir beschäftigen die Leute.“

Besonders wichtig ist es, verschiedene Übergaben zu üben, zum Beispiel bei der Triage oder der Übergabe der Patienten für den Transport. „Die Schnittstellen sind immer ein Problem“, sagt  Notarzt Sebastian Kuhnen von der BG Klinik. „Es ist wichtig, dass dort keine Infos verloren gehen.“

Feuerwehr befreit ein "Unfallopfer" aus dem Autowrack

Während die Helfer sich durch die Menge der Verletzten arbeiten, demonstrieren Feuerwehrleute nebenan mit einem hydraulischen Spreizer die Befreiung einer Person aus einem Autowrack. Denn im fiktiven Übungsszenario erschrickt ein Autofahrer durch die Explosion und fährt gegen einen Baum. Die angehenden Notärzte, die im ersten Übungsdurchgang keine Rolle haben, schauen den Feuerwehrleuten zu.

Die Feuerwehr übte, wie man ein Unfallopfer aus einem Auto befreit. © Christoph Blüthner

Diese Situation wird ihnen im Rettungsalltag viel häufiger begegnen als der „Massenanfall von Verletzten“. Während die Feuerwehrleute das Wrack aufschneiden, „muss ich als Notarzt schauen, wo ich eine aktive Rolle habe“, sagt Kuhnen. Manchmal müsse man sich als Notarzt selbst zurückziehen, während die Feuerwehr arbeitet.

Für die Übung wurden vor dem Reha-Zentrum der BG Klinik einige Zelte und Pavillons aufgebaut, die „Verletzten“ sitzen am Anfang im halb verschatteten Eingangsbereich des Zentrums. Doch in weiten Teilen verläuft die Übung in der prallen Sonne. Nachdem es bei Teilnehmern zu Kreislaufproblemen kommt, wird die Übung gegen 13.30 Uhr zunächst unterbrochen, noch vor dem Ende des ersten Durchgangs.

Erkenntnisse sollen ausgewertet werden

Kurze Zeit später verkündet Übungsleiter Kreinest dann den Abbruch: Sieben Personen hätten versorgt werden müssen. Nun trotzdem weiterzumachen sei „die Sache nicht wert“. Bis zu diesem Zeitpunkt habe man bei der Übung aber schon wertvolle Erkenntnisse gewonnen. Unmittelbar nach Kreinests Ansage braucht ein weiterer Teilnehmer medizinische Hilfe.

Eine Fortsetzung der Übung könne man den Teilnehmern nicht zumuten, sagt auch die Ludwigshafener Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck, die die Übung vor Ort verfolgt hat. Die Entscheidung zum Abbruch haben die an der Übung beteiligten Organisationen Steinruck zufolge „gemeinschaftlich“ getroffen. Die Erkenntnisse aus der Übung sollen nun in den nächsten Tagen ausgewertet werden.

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