Gesundheit

Warum Aktivierung von Alzheimer-Patienten "fast genau so wichtig" wie Medikamente ist

Medikamente, die eine Demenz heilen, gibt es trotz der Arznei-Neuentwicklung Lecanemab weiterhin nicht. Doch Medikamente sind längst nicht alles, wenn es darum geht, möglichst gut mit Demenz zu leben

Von 
Lea Seethaler
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Sich kreativ betätigen oder im Alltag mithelfen: Aktivität in verschiedenster Form tut Betroffenen mit Alzheimer-Demenz gut, betonen Expertinnen und Experten. © DPA

Medikamente, die eine Demenz heilen, gibt es trotz Neuentwicklung von Lecanemab also weiterhin nicht. Aber Arzneien sind längst nicht alles, wenn es darum geht, möglichst gut mit Demenz zu leben. Sogenannte Aktivierung ist für Betroffene mindestens genauso wichtig – wenn nicht sogar noch wichtiger, so Experten.

Oft geht mehr als gedacht

„Es wirkt sich positiv auf die Gedächtnisleistung aus, je aktiver eine Person mit Demenz ist“, so Laura Mey, Beraterin beim Alzheimer-Telefon der Deutschen Alzheimer-Gesellschaft. Die Betroffenen können ihre Fähigkeiten so länger erhalten. Und: Oft zeigt sich, dass sie noch mehr können, als ihre Angehörigen vermuten. „Wenn man Menschen mit Demenz gut aktiviert, können sie noch ganz viel selbständig machen“, macht auch Susette Schumann deutlich. Als Präsidentin der Deutschen Fachgesellschaft für aktivierend-therapeutische Pflege bildet sie Pflegefachkräfte aus.

Einfach mal den Flur fegen

Aktivierung ist dabei mehr als „nur“ Freizeitgestaltung. Sie umfasst den gesamten Alltag. Es kann heißen, kleine Aufgaben in Haushalt und Garten zu übernehmen, Musik von früher zu lauschen oder barfuß durch den Garten zu laufen. Im Kern geht es darum, aktiv zu bleiben.

So können Demenzkranke etwa den Flur fegen oder Staub wischen. „Die Fähigkeit, das zu tun, ist oft noch da. Aber man kommt vielleicht nicht unbedingt auf die Idee und weiß nicht mehr, wo die Putzsachen stehen“, sagt Laura Mey. Wichtig seien daher konkrete Anweisungen: „Du kannst die Fensterbank im Wohnzimmer abstauben, hier ist der Lappen.“ Genauso kann man Betroffenen den Korb mit der frisch gewaschenen Wäsche in die Hand geben und sie zum Wäscheständer führen. „Auch Menschen mit Demenz wollen sich nützlich fühlen. Das ist ein gutes Gefühl und führt zu einer gewissen Ausgeglichenheit“, erklärt Mey. Angehörige sollten daher überlegen, wie sie die erkrankte Person einbinden können. Möglichkeiten gibt es viele, zum Beispiel bei wiederkehrenden Tätigkeiten. „Eine Aufgabe kann zum Beispiel sein, die Post aus dem Briefkasten zu holen“, schlägt Mey vor. Das jeden Tag zu tun, bringt Routine in den Alltag. Routinen sind gerade für Menschen mit einer Demenz wichtig, da sie Sicherheit, Struktur und Orientierung geben.

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Im Wäschekorb wühlen und fühlen

Aktivierung kann aber auch heißen, miteinander ins Gespräch zu kommen. Mit Bildern, Gerüchen oder Gegenständen können Angehörige Reize setzen – am besten abgestimmt auf die Vorlieben der Person mit Demenz. „Hat jemand gerne genäht und sich für Kleidung und Mode interessiert, kann das zum Beispiel eine Kiste mit verschiedenen Stoffen sein“, sagt Mey. Anschauen, befühlen und darüber sprechen – gut ist, wenn Demenzkranke Dinge in die Hand nehmen können.

App „Alzheimer and You“

Weitere Anregungen erhalten Angehörige auch in der App “Alzheimer and You“ (erhältlich in den App-Stores) der Alzheimer-Gesellschaft. Egal für welche Aktivität man sich entscheidet: Sie sollte möglichst klein und überschaubar sein. „Menschen mit Demenz haben irgendwann große Probleme mit der Konzentration. Sie können sie etwa zehn Minuten lang halten“, so Susette Schumann. dpa/see

Info: Infos und Hilfetelefon www.deutsche-alzheimer.de

Redaktion Redakteurin und Online-Koordinatorin der Mannheimer Lokalredaktion

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