Mannheim. Ralf Eckl steht ein gigantisches Projekt bevor. „Wir müssen schon sehr behutsam sein und enorm aufpassen, denn es sind enorme Höhen und es geht sehr eng zu“, sagt der Technische Leiter zu der Aufgabe, die er jetzt zu koordinieren hat: den Austausch der beiden Aufzüge im Fernmeldeturm. Daher sind sowohl das Drehrestaurant „Skyline“ als auch die Aussichtsplattform seit Ende Oktober bis April geschlossen. Bekanntgegeben hat die Stadtpark-Gesellschaft das erst mit Verspätung von eineinhalb Wochen.
Eigentlich steht schon lange eine komplette Sanierung des Bauwerks an, das zur Bundesgartenschau 1975 errichtet worden ist. Lüftung, Heizung, Sanitäranlagen, Elektrotechnik, Mess- und Regeltechnik, Aufzugssteuerung sowie insbesondere den Brandschutz – ein Großteil der Haustechnik stammt noch aus der Bauzeit in den 1970er Jahren. Ausgetauscht wurden nach einem Wasserrohrbruch nur mal die – beheizten, damit sie nicht einfrieren – Wasserleitungen. Nach der Brandkatastrophe auf dem Düsseldorfer Flughafen 1996 steckte man zudem 1999/2000 etwa 800 000 Euro in verbesserten Brandschutz. 2002 wurde die Küche im Basisgeschoss erneuert. Andere Sanierungsarbeiten gab es seit Jahrzehnten kaum, höchstens kleinere Reparaturen.
Weihnachtsfeiern im Drehrestaurant Skyliner abgesagt
2019 wurde diskutiert, die komplette Sanierung anzugehen, damit sie rechtzeitig zur Bundesgartenschau 2023 fertig ist. Aber die Stadt und der Aufsichtsrat der Stadtpark-Gesellschaft haben davon Abstand genommen – aus finanziellen Gründen. Die Stadtpark-Gesellschaft ist Eigentümer der öffentlichen Flächen des Turms, während der Telekom-Tochter Deutsche Funkturm die technischen Bereiche gehören. Der Vertrag mit dem Pächter des Restaurants „Skyline“ und der Aufzüge sieht nämlich vor, dass die Stadtpark-Gesellschaft ihn bei einem Stillstand entschädigen muss.
„Ich habe ja immer befürchtet, dass während der Bundesgartenschau mal die Aufzüge stehenbleiben“, sagt Holger Polomski, der Pächter des von seinem Sohn Florian betriebenen Restaurants. Die Hoffnung, dass etwas gemacht wird, hatte er schon aufgegeben. „Relativ kurzfristig, vor ein paar Monaten“ habe die Stadtpark-Gesellschaft ihn dann über die Schließung informiert. Er muss nun versuchen, über Kurzarbeitergeld seine Mitarbeiter zu halten. „Nach zwei Jahren Corona wird das nicht einfach, aber gute Fachkräfte zu bekommen ist schwer – und die brauche ich dann für die Buga“, hofft er. Einige bereits für den Dezember gebuchte Weihnachts- und Betriebsfeiern habe er absagen müssen, bedauert er.
Komplette Sanierung erst nach der Buga
„Aber es hat keinen Wert mehr, das Material ist nicht mehr zu beschaffen“, verweist Ralf Eckl darauf, dass man Ersatzteile für die Aufzugsanlage nicht mehr bekomme. „Es war der Wunsch der Stadt, dass die Aufzüge zur Bundesgartenschau in jedem Fall voll funktionsfähig sind“, bestätigt auch Edith I. Werner, Leiterin Finanzen und Controlling sowie Prokuristin der Stadtpark-Gesellschaft. Die Stadt habe ihrer Tochtergesellschaft dafür zusätzliche Mittel zur Verfügung gestellt.
Die Gesamtkosten für die Maßnahme sind auf rund 2,2 Millionen Euro veranschlagt. Sie kommen zu den Geldern hinzu, die der Luisenpark für den Bau der „Neuen Parkmitte“ und alle anderen Sanierungsmaßnahmen bis zur Bundesgartenschau braucht. „Da könnten wir nichts mehr abzwacken“, erklärt Werner. Die komplette, mal – vor der aktuellen Baupreissteigerung – auf acht bis neun Millionen Euro geschätzte Sanierung des Fernmeldeturms sei jetzt nicht nur nicht zu finanzieren, „sie wäre zeitlich vor der Buga nicht mehr machbar“, erklärt die Prokuristin. Diese Arbeiten müssten nach der Bundesgartenschau angegangen werden.
Mit Pfählen tief im Boden verankert
Jetzt konzentrieren sich die Techniker auf die Doppelaufzugsanlage, die bisher mit einer Geschwindigkeit von sechs Metern pro Sekunde die Gäste auf die 121 Meter hoch gelegene Aussichtsplattform oder zum Drehrestaurant „Skyline“ auf 125 Metern Höhe gebracht hat. Ausgetauscht werden dabei nicht nur beide Aufzüge, sondern ebenso die gesamte Steuerung sowie die Leitungen zur Stromversorgung der Anlage.
Die Höhe sei ebenso wie die enorme Enge in dem Stahlbetonschaft („Da ist jeder Zentimeter genutzt“) eine große Herausforderung, sagt Eckl. Zunächst werde der Antrieb des einen Aufzugs und dessen Seile und Kabine ausgebaut. „Wir nutzen dazu noch den anderen Aufzug, um die Sachen herunterzubringen“, erläutert er. Danach baue man einen neuen Antrieb ein, „und erst wenn ein neuer Aufzug drin ist, kommt dann der andere ’raus“, erklärt er. Die ganzen Arbeiten bedeuteten „einen enormen Koordinationsaufwand, und wegen der Höhe sind auch Industriekletterer am Werk“, so Eckl.
Nicht betroffen von den Arbeiten sei der interne Wartungsaufzug der Telekom, der bis in deren Technikgeschoss über dem Drehrestaurant führt. Früher saßen dort oben ständig Mitarbeiter, inzwischen ist der Turm nicht mehr ständig besetzt. Seit immer mehr Glasfaserkabel im Boden verlegt werden, hat der Turm die zu Beginn der Nutzung von ISDN, Bildschirmtext und Cityruf wichtige Funktion verloren. Inzwischen wird der Turm nicht mehr nur für den Richtfunkverkehr und die Ausstrahlung einiger Radioprogramme genutzt, sondern er trägt Sendeanlagen für das digitalterrestrische Fernsehen.
Der Turm, von dem Stuttgarter Architekten Erwin Heinle geplant, wurde – mit 64 Pfählen elf Meter tief im Erdreich verankert – von 1973 an errichtet. Seit einer Antennenaufstockung im Jahr 2016 hat der Turm eine Gesamthöhe von 217,8 Metern und ist damit nicht nur das höchste Gebäude der Stadt, er gehört auch zu den höchsten Fernmeldetürmen der Republik.
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