Vom Autobauer ins Küchenstudio

Von 
Gesine Millhoff
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Der Schritt in die Selbstständigkeit: Franchiseunternehmen können Branchenfremden Unterstützung bieten.

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Er wollte es noch einmal wissen. Etwas vollkommen anderes machen. Nach 31 Jahren bei Daimler suchte Dieter Stoffels eine neue Herausforderung - und wagte den Schritt in die Selbstständigkeit. Das Sprungbrett vom Autokonzern ins Küchenstudio bot ihm der französische Hersteller Schmidt. Seit zwei Monaten ist der 49-Jährige Chef im eigenen Unternehmen.

Nach einer Lehre als Karosseriebauer bei Daimler in Köln machte Stoffels Karriere im Konzern: Angefangen im Ersatzteilbereich der Niederlassung Köln, wechselte er schon bald ins dortige Euro-Logistik-Center. Nebenberuflich machte er seinen Meister für Lagerwirtschaft und wurde danach zehn Jahre in verschiedenen Abteilungen des Kölner Centers eingesetzt. Im Jahr 2008 war er dort in einem Pilotprojekt für die Einführung von Lean-Management- Methoden verantwortlich. Lean Management bedeutet "schlankes Management". Vereinfacht gesagt, soll ein Unternehmen dadurch so effizient wie möglich arbeiten. Wichtige Ansatzpunkte dabei sind: Kostensenkung und Kundenorientierung.

Zwei Jahre später ging Stoffels nach Germersheim, dem Hauptsitz der Daimler-Logistik, um von dort aus die Methoden deutschlandweit einzuführen. Anfang 2013 schließlich kam er ins Mercedes-Benz Werk nach Mannheim, wo er Führungskräfte zum gleichen Thema schulte. Aber nach sieben Monaten gab Stoffels den Job auf. "Ich wollte mir unbedingt etwas Eigenständiges aufbauen, um prozessoptimiert arbeiten zu können", erzählt er. "Bei Daimler habe ich viele Jahre versucht, in der Logistik Lean-Management umzusetzen, allerdings mit vielen Stolpersteinen."

Auf der Suche nach lukrativen Geschäftsideen überlegte der Existenzgründer zunächst, als Immobilienmakler tätig zu werden. Doch professionelle Gründungsberater brachten ihn auf die Idee, sich auch mal mit Franchise-Systemen auseinanderzusetzen. Schließlich blieben zwölf Konzepte in seiner engeren Wahl. Stoffels: "Ich bin zu jeder Firma hingefahren und habe mir die Betriebe angeschaut." Vom Vertrieb von Elektrorädern bis hin zu einer mexikanischen Fastfoodkette war alles dabei. Fast sei er bei einem Anbieter von Massivhäusern gelandet, sagt Stoffels, "aber in der Region war keine Lizenz mehr frei." Doch am Ende war die Sache für ihn klar: Mit Schmidt Küchen wollte er seinen Traum von der Selbstständigkeit realisieren.

Quereinsteigern ohne Branchenerfahrung wie Stoffels bietet die Firma mit Stammsitz im Saarland und Fabriken im Elsass Unterstützung: Dazu zählen Finanzierungskonzepte, Ladenbauplanung, Markt- und Standortanalysen, Standortsuche, Schulungen und Trainings. "Das hat mir als Neuling auf diesem Gebiet sehr geholfen", berichtet der gebürtige Kölner. In einem dreiwöchigen Praktikum im Schmidt-Studio Pfaffenhofen hat er dem langjährigen Chef über die Schulter geschaut, wie er das Partnerhaus führt. "Außerdem habe ich gelernt, worauf man bei der Küchenplanung achten muss."

Den Spezialisten für Prozessoptimierung reizt es, seine gewonnenen Erfahrungen bei der Herstellung von industriellen Gütern im Daimler-Konzern auf die Konzeption von Küchen zu übertragen: "Da bedarf es vieler wohlüberlegter Schritte, die Abläufe müssen gut strukturiert sein." Denn jede Küche wird individuell nach Wünschen des Kunden geplant und dann erst produziert. Stoffels: "Etwa 1800 Einzelteile fügen sich zu einer vor Ort zusammengebauten Küche."

Das Besondere an den Küchen sei die Vielfalt von über einer Million Kombinationsmöglichkeiten. Viel Potenzial sieht Stoffels auch darin, Küche, Wohn- und Schlafzimmer mit einem maßgeschneiderten Schranksystem gleichzeitig zu möblieren: "Dieses in sich stimmige Design halte ich für erfolgsversprechend, denn das gibt es in der Branche bisher so nicht."

Im Gewerbegebiet Neckarau im Süden der Stadt zwischen einem Discounter und einem Elektronik-Fachmarkt hat der Franchisenehmer einen Standort für sein Küchenstudio gefunden. In den Umbau der Immobilie, Aufbau der Stellwände und Küchen, Böden, Elektrik, EDV und Außenwerbung hat er nach eigenen Angaben fast eine viertel Million Euro investiert. Seine Abfindung von Daimler diente ihm als Startkapital.

Eine Ausstellungsfläche von rund 370 Quadratmetern bietet ihm die Möglichkeit, den Kunden die Produktvielfalt der Küchen und Möbel als Kombinationsmöglichkeiten zu zeigen. Die Ziele von Stoffels sind ehrgeizig: "Bis Ende des Jahres sollen die monatlichen Kosten gedeckt sein, ab Januar möchte ich in die Gewinnzone kommen."

Franchise

Dieter Stoffels (Bild) machte sich nach 31 Jahren bei Benz mit einem Franchise-Küchenstudio in Mannheim-Neckarau selbstständig.

Der französische Küchenhersteller und Franchisegeber Schmidt gehört zu den fünf größten in Europa und ist nach eigenen Angaben Marktführer in Frankreich.

Das vor 80 Jahren in Türkismühle (Saarland) gegründete Familienunternehmen exportiert in 24 Länder.

Täglich verlassen über 3400 Möbelelemente die Fabriken im elsässischen Lièpvre und Sélestat sowie im deutschen Stammwerk Türkismühle. Das entspricht 600 Küchen pro Werktag.

Seit 25 Jahren vertreibt der Küchenfabrikant seine individuell gefertigten Küchen über exklusiv gebundene Partnerhäuser auf Franchise-Basis - 50 davon in Deutschland.

Franchisenehmer brauchen ein Eigenkapital von rund 60 000 Euro, zahlen jedoch keine Eintritts- oder Lizenzgebühren.

Unterstützung gibt das Unternehmen auch bei Finanzierungsplänen, Werbung, Marketing, EDV, Standortsuche, Verkaufsabwicklung sowie Geschäftseinrichtung. gm

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