Köln. Nico Santos gehört seit Jahren zu den erfolgreichsten Popstars des Landes. Mit seinem neuen Album «Santos», das am Freitag erscheint, begibt er sich zurück auf vertrautes, aber zugleich völlig neues Terrain. Deutsch statt Englisch, R&B und Hip-Hop statt Radio-Pop. Doch fremd sind die Album-Klänge für den 32-Jährigen eigentlich nicht.
Das ist Nico Santos
Nico Wellenbrink, so sein bürgerlicher Name, wurde in Bremen geboren. Seine Eltern ziehen nach Mallorca, als er neun Monate ist. Mit deutscher Musik kommt er deshalb zunächst nur über Rolf Zuckowski an Weihnachten und später über Musikvideos auf den Sendern MTV und VIVA in Kontakt. Dort entdeckt er neben Herbert Grönemeyer Hip-Hopper wie Sido und Bushido – die Künstler, die ihn Jahre später prägen sollten.
Doch ist das kleine Mallorca nicht gerade das Sprungbrett für eine Karriere im deutschen Musikgeschäft. Deshalb sucht er als Jugendlicher im Internet nach deutschen Rap-Produzenten, findet Namen wie Vincent Stein – Teil der Band SDP – und schreibt sie einfach an.
Doch zunächst wird daraus nichts. Santos arbeitet nach der Schulzeit in Robinson-Clubs als Animateur und Sänger. Dort wird er entdeckt und zieht zunächst nach Köln, um Musik zu machen.
Schreiben auf Deutsch, singen auf Englisch
Er schreibt deutschsprachige Lieder für Helene Fischer und Bushido, produziert Filmmusik und singt Chöre ein, die andere Musiker glänzen lassen. 2018 will Santos es auch solo wissen, allerdings mit englischsprachigen Popsongs wie «Rooftop» und «Safe». «Ich habe damals viel Pop gehört und der hat mich am Anfang am meisten emotionalisiert», erzählt der Vollblutmusiker der dpa.
Doch die Leidenschaft für deutschen Hip-Hop bleibt. Santos singt für Rapper wie Shindy, Prinz Pi und Sido Refrains ein. «Der erste Song auf Deutsch war "Sex ohne Grund" mit Shindy und Ali Bumaye», erinnert er sich. «Es war einfach ungewohnt, auf Deutsch zu schreiben, da ich in Spanien aufgewachsen bin, und ich musste da sehr, sehr langsam wieder reinkommen.»
Das wohl persönlichste der zwölf Lieder auf seinem ersten Solo-Deutschalbum, das er schlicht unter seinem Künstler-Nachnamen Santos veröffentlicht, ist «Pinienbäume» – mit vielen Erinnerungen an das Aufwachsen auf der spanischen Ferieninsel. «Und du denkst, es schneit, wenn die Mandeln blühen. Bring' den Hierbas raus, weil ich bald zurück bin.»
Der Unterschied, auf Deutsch zu singen
Das Musikvideo zur Single dreht der Songwriter in seinem alten Dorf: auf der Finca, auf der er aufgewachsen ist und an seiner alten Schule. «Ich habe das Gefühl, man hört eher hin, wenn man etwas Privates auf Deutsch sagt», findet Santos. Er habe selten so viele Reaktionen von Freunden und Familien auf einen Song bekommen. «Die Leute, die mich gut kennen, fühlen sich damit sehr verbunden. Wenn ich den Song auf Englisch gesungen hätte, hätte er wahrscheinlich anders berührt.»
Musikalisch verbindet der Track spanische Gitarren, Latin-Vibes, Reggaeton-Einflüsse und R&B. Der Großteil der zwölf Songs auf «Santos» sind Duette. Santos singt mal mit rauer, mal mit hoher Stimme, andere übernehmen den Rap-Part. Mit vielen Künstlerinnen und Künstler habe er noch nie zusammengearbeitet, wie Jazeek, Dadaan oder Shirin David, mit der er aktuell in der Musikshow «The Voice of Germany» zu sehen ist.
Aber auch Songs mit alten Bekannten sind zu hören, etwa mit Sido («Geschlossene Augen», «Leere Hände») und SDP («99 Problems»). Manche wurden schon vor Jahren als Singles veröffentlicht.
So bedient Santos Radiosender und Streamingportale
Mit seiner Albumpremiere auf Deutsch verbindet Nico Santos nun zwei Welten, die ihn musikalisch schon in seiner ganzen Karriere begleiten – und die beide auf dem Musikmarkt ihre Berechtigung haben. Im Radio dominiert weiterhin der englische Pop, auf den Streaming-Portalen dagegen deutschsprachiger Rap und R&B. Santos bewegt sich bewusst in beiden Universen.
Und was können die Fans auf der Arena-Tour im kommenden Herbst erwarten? «Ganz ehrlich: Ich weiß noch nicht, wie ich das machen werde», erklärt Santos. «Ich habe lustige Ideen, wie ich diese Mischung aus Englisch und Deutsch umsetzen will.»
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