Mannheim. Matthias Plachta wird an den bislang größten Moment in seiner Eishockey-Karriere fast täglich erinnert. „Meine olympische Silbermedaille liegt bei mir daheim im Eingangsbereich“, erzählt der Stürmer der Adler Mannheim nicht ohne Stolz. Vor vier Jahren war Plachta dabei, als das Team des Deutschen Eishockey-Bundes in Pyeongchang Geschichte schrieb und erst im dramatischen Finale in der Verlängerung von Russland gestoppt wurde.
Bei den Winterspielen in Peking (4. bis 20. Februar) erhält Plachta wie sein Mannheimer Clubkollege David Wolf erneut die Chance, die deutschen Farben beim größten Sportereignis zu vertreten. Im DEB-Kader stehen mit Torhüter Felix Brückmann, Verteidiger Korbinian Holzer sowie den Angreifern Lean Bergmann und Nico Krämmer vier weitere Adler-Spieler, die vor vier Jahren jedoch nicht dabei waren. Über die Zusammensetzung der Mannschaft informierten am Dienstag Bundestrainer Toni Söderholm und DEB-Sportdirektor Christian Künast.
Zum größten Teil setzt Deutschland auf Spieler, die bei der WM 2021 in Riga den starken vierten Platz belegt hatten. Mit der erneuten Nominierung des Olympia-Keepers von 2018, Danny aus den Birken (36), sowie der von Sturm-Routinier Daniel Pietta (35) war allerdings nicht unbedingt zu rechnen. Söderholm stellte bei Aus den Birken dessen große internationale Erfahrung heraus und sah dabei darüber hinweg, dass der Routinier für München bislang keine gute Saison absolvierte. Pietta vom ERC Ingolstadt charakterisierte der Bundestrainer als wichtigen Rollenspieler: „Er kann für uns die entscheidenden Bullys gewinnen und ist ein erfahrener Unterzahlspieler.“
„Müssen uns arrangieren“
Söderholm betonte, dass ihm unter den gegebenen Umständen der beste Kader zur Verfügung stehe. Er bedauerte, dass die Profis aus der nordamerikanischen Profiliga NHL in Peking nicht dabei sein werden – dieses Schicksal teilen aber die anderen Verbände. „Alle, die mit dem Eishockeysport verbunden sind, hätten sich ein Dreamteam-gegen-Dreamteam-Turnier gewünscht. Wir wissen jetzt aber schon lange, dass es wegen der Auswirkungen der Corona-Pandemie nicht zur NHL-Beteiligung kommen wird und müssen uns jetzt damit arrangieren.“
Anfang nächster Woche wird der DEB-Tross in Mannheim zusammenkommen, zwei Tage später steht der Abflug von Frankfurt nach Peking an. Dass es im Team der Adler Mannheim einen Corona-Ausbruch gegeben hat, ändert zunächst nichts an diesem Plan. „Wir stehen mit den Adlern in ständigem Austausch und wissen, was dort abläuft“, betonte Künast. Auf die Frage, ob es sein könne, dass sich unter den Mannheimer Corona-Fällen Spieler befinden, die nun für Peking nominiert wurden, äußerte sich der 50-Jährige ausweichend. „Wir haben immer gewusst, dass bis zum letzten Tag, bis zur Anreise oder darüber hinaus Herausforderungen auf uns zukommen – und diese werden wir annehmen“, betonte Künast und ergänzte: „Für alles gibt es Szenarien, wie wer nachreisen kann, sollte das der Fall sein. Es kann sein, dass wir nächsten Mittwoch erstmal nur mit 22 Spielern nach Peking fliegen – und drei kommen zwei Tage später nach.“
Ab Montag in Mannheim
In der SAP Arena will Söderholm die Mannschaft zwei- bis dreimal am Tag aufs Eis schicken. „Ich möchte mir ein Gesamtbild über die körperliche Verfassung der Jungs machen“, erklärte der Bundestrainer. Der 43-Jährige geht davon aus, dass ihm am Montag auch schon die Münchner Olympiafahrer zur Verfügung stehen, obwohl die Champions Hockey League für den Folgetag das Halbfinalduell von Red Bull mit Tappara Tampere in Finnland angesetzt hat. Künast stellte klar: „Wir stehen mit München im Austausch. Da wird für Deutschland entschieden – das heißt pro Nationalmannschaft.“
In der Vorrunde des olympischen Turniers trifft das DEB-Team auf Kanada (10.2.), China (12.2.) und die USA (13.2.). „Vor vier Jahren haben uns die großen Nationen in Pyeongchang wohl etwas unterschätzt. Diesen Vorteil werden wir diesmal nicht haben“, verwies Plachta auf den jüngsten Aufwärtstrend des deutschen Eishockeys. „Spieler aus Russland, Schweden oder Finnland mögen technisch versierter sein, dafür kommen wir übers Herz.“ Da das Vertrauen in die eigene Stärke unter Söderholm und dessen Vorgänger Marco Sturm gewachsen ist, verwundert es nicht, dass sich Deutschland hohe Ziele setzt. „Wir hoffen, dass wir unter die Top Vier einziehen und in den Medaillenkampf eingreifen“, betonte der Bundestrainer. „Bis dahin ist es ein langer Weg. Wir wollen nicht so sehr darüber sprechen, sondern lieber alles dafür tun.“
Sich isolieren, die sozialen Kontakte auf ein Minimum zurückfahren – wie Plachta betont, gehört das in diesen Zeiten dazu. Der Adler-Angreifer kann sich auch nicht vorstellen, dass das für Freitag angesetzte Spiel der Mannheimer in Nürnberg tatsächlich stattfindet: „Mein Menschenverstand sagt mir, dass das nicht möglich sein wird.“
Deutscher Olympia-Kader
- Tor: Danny aus den Birken (EHC Red Bull München), Felix Brückmann (Adler Mannheim), Mathias Niederberger (Eisbären Berlin).
- Abwehr: Konrad Abeltshauser (München), Dominik Bittner (Grizzlys Wolfsburg), Marcel Brandt (Straubing Tigers), Korbinian Holzer (Mannheim), Jonas Müller (Berlin), Moritz Müller (Kölner Haie), Marco Nowak (Düsseldorfer EG), Fabio Wagner (ERC Ingolstadt).
- Sturm: Lean Bergmann (Mannheim), Yasin Ehliz und Patrick Hager (beide München), Dominik Kahun (SC Bern), Nico Krämmer (Mannheim), Tom Kühnhackl und Stefan Loibl (beide Skelleftea AIK), Marcel Noebels (Berlin), Daniel Pietta (Ingolstadt), Matthias Plachta (Mannheim), Leo Pföderl (Berlin), Tobias Rieder (Växjö Lakers), Freddy Tiffels (München), David Wolf (Mannheim).
- Trainer: Toni Söderholm (Chefcoach), Tobias Abstreiter und Cory Murphy (beide Assistenztrainer).
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