Mannheim. Mitglieder und Freunde der Bürgerinitiative Waldhof-West (BI) haben in diesem Jahr eine ganz besondere Idee zum Geburtstag von Fußballer und Weltmeister-Trainer Josef „Seppl“ Herberger: Zum Gedenken an den Mannheimer, der am 28. März 126 Jahre alt geworden wäre, bringen sie den Seppl-Herberger-Platz mit Schrubbern und Hochdruckstrahler auf Vordermann.
In der Oppauer Straße erinnert seit der Einweihung im Juli 2015 ein Areal an den bekannten Fußballer, der 1897 in den Luzenberger Spiegelfabrik das Licht der Welt erblickt. Es gibt hier eine Tribüne, viele steinerne Fußbälle und eine lange Bande mit Informationen über den legendären Nationaltrainer, der 1954 mit seinem Team den Weltmeistertitel nach Deutschland holt. Dazu ein Denkmal, das Seppl mit seiner großen Liebe „Ev“ zeigt: die Weinheimerin Eva Müller.
Nachbarn konnten die Tat beobachten
„Es freut uns, wie die Geschichte hier angenommen wird“, sagt Jürgen Kurtz, Sprecher der BI. Dass die Glasstele im Juni 2022 stark beschädigt wird, ist glücklicherweise der bisher einzige Zwischenfall: „Nachbarn haben damals beobachtet, dass jemand mit einem Nothammer auf die Scheibe geschlagen hat.“ Das Sicherheitsglas ist seitdem völlig zersplittert.
Die neue Stele befindet sich laut Stadt „in der Beauftragung“ und wird so aussehen wie das bisherige Denkmal. „Da der ursprüngliche Hersteller nicht mehr existiert, musste eine Firme gefunden werden, die den erforderlichen Glasdruck ausführen kann“, erklärt die Pressestelle der Stadt auf Anfrage dieser Zeitung. Einen genauen Termin zum Einbau kann die Stadt noch nicht nennen: „Wir sind jedoch zuversichtlich, bis zum Ende des Sommers die Instandsetzung abgeschlossen zu haben.“ Den Nachbau zahlt die Versicherung.
Josef „Seppl“ Herberger
- Josef „Seppl“ Herberger wird am 28. März 1897 um 9.45 Uhr in der Rue de France 171 der Spiegelsiedlung auf dem Luzenberg geboren.
- Er besucht die Waldhofschule und startet schon im Alter von 17 Jahren für die erste Mannschaft des SV Waldhof, trägt deren Trikot von 1911 bis 1921.
- In seinem ersten Länderspiel 1921 gegen Finnland (3:3) schießt er zwei Tore, wechselt im gleichen Jahr zum Rivalen VfR Mannheim: Mit ihm wird Herberger 1925 Süddeutscher Meister.
- 1926 wechselt Herberger zu Tennis Borussia Berlin und startet an der Deutschen Hochschule für Leibesübungen ein Studium.
- Zehn Jahre später wird Herberger Reichstrainer des Fachamtes Fußball. Er gilt als Vater der legendären Breslau-Elf, die 1937 mit 8:0 gegen Dänemark gewinnt.
- 1947 startet Herberger als Trainerausbilder und Dozent an der Sporthochschule Köln. 1950 wird er vom DFB zum Bundestrainer ernannt und führt Deutschland 1954 nach einem 3:2-Sieg gegen Ungarn zum Weltmeistertitel.
- Herberger erhält 1962 das Bundesverdienstkreuz am Bande und wird 1964 als Bundestrainer verabschiedet. Von der Stadt Mannheim erhält er 1977 den Ehrenring, im gleichen Jahr entsteht die Sepp-Herberger-Stiftung des DFB.
- Zu seinen bekanntesten Zitaten gehört: „Der Ball ist rund“ oder „Das Runde muss ins Eckige“.
- Herberger stirbt am 28. April 1977 in Mannheim an den Folgen eines Herzanfalls.
Obwohl das Areal regelmäßig von der Stadt gereinigt wird, sieht es mittlerweile schmuddelig aus: Der einst grüne Bodenbelag ist trist und grau, dazu Schmutz und Kaugummi-Reste. Zusätzliche Putzaktionen der BI werden in den vergangenen drei Jahren durch die Corona-Pandemie ausgebremst. Doch nun rücken die emsigen Helfer mit Besen, Hochdruckstrahler und anderen Geräten, die Heiko Jäger mitbringt, dem Dreck zu Leibe.
Herberger hatte lange keinen guten Stand bei der Stadt
Auch Martin Willig, SV-Waldhof-Experte und beim Sportkreis Mannheim im Fanprojekt tätig, ist vor Ort: Er kümmert sich vor der Einweihung um die Bande auf dem Platz, arbeitet ein Jahr daran, dass Texte und Bilder gewürdigt werden. Er hofft, dass der Platz im Herzen des alten Waldhofs schnell wieder zu einer Begegnungsstätte wird. Während er mit dem Hochdruckstrahler die grüne Bodenfarbe freilegt, erzählt er aus seinem schier unerschöpflichen Fundus zahlreiche Anekdoten über Herberger und dessen Elf – oder über Otto Siffling, den „James Dean der 1930er Jahre“.
Er weiß auch, dass Herberger lange keinen guten Stand bei der Stadt hat: „Noch immer hat er in Mannheim keinen Straßennamen.“ Und berichtet, dass bei der Weltmeisterschaft 1954 ein weiterer Mannheimer am Start ist: Schiedsrichter Emil Schmetzer, Gründer des Sportkreises Mannheim, pfeift damals eines der Spiele in der Schweiz.
Dass die Fußballhistorie im alten Stadtkern einen Platz findet, muss sich die BI lange erarbeiten, die Anwohner um Jürgen Kurtz erreichen 2013, dass der Platz nach Herberger benannt wird: „Hauptaugenmerk war damals, nicht nur die Trainerlegende zu zeigen, sondern Seppl als Waldhöfer, der hier seine Frau kennengelernt und da hinten seine ersten Fußballspiele gemacht hat“, sagt Kurtz und deutet in Richtung Sandacker, eine Fläche südlich der Waldhofschule, die nach dem „Schlammloch“ und vor dem Areal im Alsenweg Sportplatz des SVW war. Großer Wunsch der BI ist es, den Sandacker zu reaktivieren und mit dem Gelände der Spiegelfabrik „eine runde Sache“ zu schaffen, die Menschen auf dem Waldhof zusammenbringt: „Wir sind zwar durch die Bahnlinie getrennt, wollen aber auch den Taunusplatz einbeziehen“, sagt Kurtz.
Geänderte Strukturen
Regelmäßig, so Kurtz, kommen Besucher aus dem In- und Ausland, um die Anlage zu besuchen: „Sogar Horst Eckel hat sich vor einigen Jahren extra hierher fahren lassen.“ Auch wenn sich die Bevölkerungsstrukturen auf dem Waldhof geändert haben, Zugezogene die Geschichte nicht kennen: Die Menschen hier wissen, dass die Anlage aus dem Engagement der Anwohner heraus entstanden ist – und mit der Bürgerinitiative und der Fanszene des SVW 07 viele mitgeholfen haben.
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Während der Arbeiten kommt beispielsweise ein Nachbar vorbei und bringt den Helfern Wasser: „Ich wohne hier und freue mich, wenn es schön ist.“ Dann steht der Schüler Milosch auf dem Gelände: „Kann ich mitmachen?“, fragt er, schnappt sich einen Lappen und wischt die lange Bande sauber. Keine Frage: Seppl Herberger ist auf dem Waldhof mittendrin – nicht nur als stiller Platz, sondern auch als lebendige Erinnerung im Herzen der Menschen.
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