Neckarstadt-Ost

Warum Teile der Neckarstadt-Ost einst Musebrot-Viertel hießen

Im Mannheimer Stadtteil Neckarstadt-Ost ließ sich einst das wohlhabende Bürgertum nieder. Das Quartier erhielt wegen seiner Bewohner einen ganz besonderen Kosenamen.

Von 
Bernhard Haas
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© Julia Wadle

Mannheim. Bei einem Stadtteilrundgang der SPD durch die östliche Neckarstadt erfuhren die rund 30 Teilnehmenden Neues und Bekanntes zur Baugeschichte des Stadtteils, der zu beginn des 19. Jahrhunderts entstanden ist. Architekt Dennis Ewert, der Co-Vorsitzende der SPD, und Andreas Schenck, Stadtbauschreiber und Mitarbeiter des Marchivums beantworteten unter anderem die Frage, was machte und macht heute guten sozialen Wohnungsbau aus.

Da waren zum ersten einmal die Fassaden der Häuser der Gründerzeit wie beispielsweise in der Max-Joseph-Straße: Die Bevölkerung wuchs rasant an. Eine von der Obrigkeit gewollte Landflucht aus dem Umland in die Metropole setzte ein. Die Max-Joseph-Straße wurde als Boulevard mit Bäumen schon 1908 geplant. Hier ließ sich das wohlhabende Bürgertum nieder. "Die brüsteten sich, dass sie sich trotz Hausbaus immer noch Marmelade auf dem Brot (Musebrot) leisten konnten", erläuterte Schenck den Kosenamen für das Quartier.

Minimalismus im Quartier

Wenige Häuser weiter zeigten die Architekten Wohnungen der Neuen Sachlichkeit als Abgrenzung vom Expressionismus der ersten Nachkriegsjahre bis in frühen 20er Jahre, insbesondere jene Werke, die später als Bauhausstil oder Bauhausarchitektur berühmt wurden. Ewert erklärte, dass zur Neuen Sachlichkeit Bauten und städtebauliche Projekte von Architekten oder Ludwig Mies van der Rohe, wie beispielsweise die Stuttgarter Weißenhofsiedlung aus der zweiten Hälfte der 1920er Jahre zählten. Der Minimalismus in der Architektur zeichnete sich durch eine zweckmäßige, reduzierte Formsprache aus. Minimalistische Gebäude sind oft kubisch angelegt, was eine sehr klare und großzügige Raumstruktur erlaubte, so Ewert. Die Wohnung selbst war stets in drei Teile gegliedert: Essen und Kochen, Ruhen, Waschen und Schlafen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es unter anderem Zeilenbauten, in der lange, schmale Wohngebäude quer zur Verkehrsstraße gebaut wurden. Diese Bauform entstand als Reaktion auf die Blockbebauung mit ihren engen Höfen einerseits und der Gartenstadtbewegung andererseits. Zeilenbauten setzen auf Funktionalität mit optimaler Ausrichtung aller Gebäude zu Luft und Sonne, einer durchgehenden Begrünung der Zwischenräume und Lärmschutz durch Herausverlegung der Hauptverkehrsstraßen. In Mannheim gibt es Häuser dieser Epoche auf dem Erlenhof, im Wohlgelegen und in der Langen Rötterstraße.

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Moderne heutige Projekte sind unter anderem das SWR-Gebäude am Neckar, in dem vielfältige Bedürfnisse auf engem Raum erfüllt werden. Besonderes Highlight war das Gespräch mit Einald Sandreuther, dem ehemaligen federführenden Architekten bei der Neuen Heimat für die Neckaruferbebauung Nord. Er erklärte, wie die drei Türme entstanden. "Viele Projekte müssen im Wandel der Zeit betrachtet werden, dazu zählt auch ein Wandel der Baukultur. Qualifizierter Wohnungsbau muss sich daran ausrichten", zog Ewert ein Fazit.

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