Mannheim. Vor 15 Jahren hat sich Bernd Striebel in den Ruhestand verabschiedet und seinen Polizeidienst hinter sich gelassen. Doch es gibt Fälle, die ihn bis heute nicht loslassen. Einer davon ist der Hammermord von 1999. In einer Doppelfolge rollt Gerichtsreporterin Angela Boll in „Verbrechen im Quadrat“, dem True-Crime-Podcast des „Mannheimer Morgen“, diesen Fall jetzt noch einmal auf. Ab heute ist der erste Teil zu hören und einer der Interviewpartner zu diesem Verbrechen ist Bernd Striebel, der 20 Jahre lang die Mannheimer Mordkommission geleitet hat. 1999, am Nachmittag des 9. November, war er zum Tatort gerufen worden. Er konnte hinlaufen, so erzählt er im Podcast, denn er wohnte damals um die Ecke.

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In Mannheim, in der Tiefgarage in L 15, liege eine tote Frau, hieß es. In Minutenschnelle war der Ermittler vor Ort, sammelte erste Erkenntnisse. Die Frau wies starke Kopfverletzungen auf. Vermutlich, so schlussfolgerten die Kriminalisten, war sie erschlagen worden. Ihre Wertsachen schienen unangetastet, also: kein Raubmord. Es gab zudem keine Hinweise auf ein Sexualdelikt. Striebel und seine Leute suchten die Tiefgarage ab und machten bald eine Entdeckung. Aus einem Mülleimer angelten sie einen Hammer. Es handelte sich um einen Fäustel, der in einen Jutebeutel eingewickelt und mit Blut verschmiert war. „Die Tatwaffe“, war sich Striebel sofort sicher. Untersuchungen bestätigten seine Theorie. Die Frau war mit diesem Hammer getötet worden. 24 Mal hatte der Täter zugeschlagen, das ergab später die Obduktion.
Ehemann hat ein Alibi
Eine Arbeitskollegin der Getöteten, die plötzlich am Tatort auftauchte, konnte die Erschlagene identifizieren. Das Opfer hieß Claudia S., 34 Jahre alt, und war gerade erst nach langer schwerer Krankheit wieder an ihren Arbeitsplatz zurückgekehrt. Keine Hinweise auf Feindschaften. „Es war der Ehemann“, das sei oft der erste Verdacht, der sich aufdrängt, sagt Striebel bei „Verbrechen im Quadrat“. Doch der Mann von Claudia S., so stellte sich heraus, hatte ein wasserdichtes Alibi. Dann richtete sich der Verdacht gegen eine andere Arbeitskollegin. Sie hatte Claudia S. während ihrer Krankheit vertreten, musste dann wieder auf ihre Teilzeitstelle zurückkehren, was ihr offensichtlich widerstrebte. Aber: Kann Neid um den Arbeitsplatz ein Mordmotiv sein?
Diesmal zu Gast
- Bernd Striebel hat 20 Jahre lang die Mordkommission geleitet. Seit 2005 ist er pensioniert.
- Einer seiner schwersten Einsätze war der Hubschrauberabsturz 1982 mit 46 Toten.
- Hans Ulrich Beust ist seit 40 Jahren Fachanwalt für Strafrecht.
- Kürzlich feierte er seinen 70. Geburtstag und kündigte im„MM“ seinen Rückzug als Anwalt an.
- Thorsten Langscheid arbeitet als Reporter in der Lokalredaktion des „Mannheimer Morgen“.
- Er berichtete über diesen Mordfall, die Ermittlungen der Polizei und den anschließenden Prozess.
- Ulrich Meinerzhagen war 16 Jahre lang Vorsitzender der Ersten Strafkammer des Landgerichts.
- Seit 2017 ist Meinerzhagen in Pension. Er hat in Köln und Heidelberg studiert.
Geständnis widerrufen
Bernd Striebel und seine Kollegen konnten das nicht glauben. „Es war unvorstellbar“, betont er im Gespräch mit Angela Boll. Tatsächlich aber verdichteten sich die Hinweise und nicht mehr nur die Kollegin, die zur Tatzeit beim Arzt war, stand unter Verdacht, sondern auch ihr Ehemann. Hat er die 34-Jährige getötet, um seiner Frau einen Gefallen zu tun? Beide wurden vernommen, machten widersprüchliche Angaben. Die Indizien reichten aber nicht aus. Wochen vergingen.
Dann brachte eine zu dieser Zeit noch neue Methode Gewissheit: Der DNA-Abgleich wies Spuren des Manns an der Tatwaffe nach. Rechtsanwalt Hans Ulrich Beust vertrat damals den Verdächtigen, er habe, so beschreibt es der Jurist bei „Verbrechen im Quadrat“, ein „Hörigkeitsverhältnis“ feststellen können: „Dieser Mann hätte alles für seine Frau getan“, so charakterisiert er seinen Mandaten. Und der legte erst ein Geständnis ab, gab an, alles mit seiner Frau geplant gehabt zu haben - und widerrief es dann. Thorsten Langscheid, damals wie heute Reporter in der Lokalredaktion des „Mannheimer Morgen“, berichtete von Anfang an über den „Hammermord“. Er beschreibt seine Eindrücke von dem, was kurz nach der Tat an die Öffentlichkeit gedrungen war, und über das, was er später beim Prozess erfuhr, im zweiten Teil der Podcast-Folge. Sie erscheint in zwei Wochen, wird ab Donnerstag, 24. Juni, auf Spotify, Deezer, Apple Podcast und auf der Homepage des „Mannheimer Morgen“ zu hören sein. Langscheid erlebte die Angeklagten, die er als „völlig normale Leute“ in Erinnerung hat und er sprach mit den Eltern des Opfers - „gebrochene Leute, denen das Schlimmste widerfahren war“. Der „MM“-Reporter erzählt im Podcast auch von der Stimmung im Gerichtssaal, den vielen Zuschauern, den Zwischenrufen und dem Applaus, als das Urteil fiel: lebenslange Haft für beide Angeklagten wegen gemeinschaftlichen Mordes.
Für den damaligen Vorsitzenden auf der Richterbank, Ulrich Meinerzhagen, war es das erste Urteil, das er in Mannheim verkündete. Und es war zugleich ein Fall, der ihm bis heute im Gedächtnis blieb. In „Verbrechen im Quadrat“ sagt er, warum. Die Tat habe ein „hohes Maß an Brutalität“ aufgewiesen, die Angeklagten zudem „ein erschreckendes Maß an Empathiemangel“ und ein „Höchstmaß an Eigensucht“.
Die Revision, die von den Verteidigern noch eingelegt worden war, wurde abgewiesen. Kurz darauf erhängte sich der verurteilte Mann in seiner Zelle. Einen Abschiedsbrief schrieb er zuvor auch an den „MM“. Was darin stand, verrät Thorsten Langscheid im zweiten Teil von „Der Hammermord“, der mittlerweile achten Folge von „Verbrechen im Quadrat“.
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