Mannheim. Sie sammeln sich auf den Parkplätzen, hören laut Musik, lassen mal den Motor aufheulen – seit einigen Wochen sind die Rheinterrassen neuer Szenetreffpunkt für junge Feierwillige, aber auch Autoposer. Und weil manche davon gerne mal nachts Hupkonzerte veranstalten oder sogar mit hohem Tempo durch die Rennershofstraße und an der Rheinpromenade entlangfahren, gibt es nun Ärger.
Mit Straßenabsperrungen, Geschwindigkeits- und Schwerpunktkontrollen wollen Polizei und Ordnungsamt auf dem Lindenhof ab Freitag übers Wochenende und die Woche danach dagegen vorgehen – und die Zufahrt zur Rheinpromenade dichtmachen. Die Maßnahmen sind auch eine Reaktion auf den Unmut, dem sich die Lindenhöfer in zahlreichen Beschwerden an den Erster Bürgermeister Christian Specht und Polizeipräsident Andreas Stenger Luft gemacht haben. Deren Antwort: Eine Einladung zum Treffen vor Ort am Donnerstagabend, um dort ein Konzept vorzustellen, das weitere Ruhestörungen verhindern soll.
Täglich Lärm ab 18 Uhr
Beim Eintreffen ist die Gefühlslage der Lindenhöfer so stürmisch wie das Wetter an diesem Tag. Schließlich fühlen sie sich seit mehreren Wochen massiv gestört – und auch zum Teil bedroht. „Wir haben das Phänomen auf dem Schirm, kommen aber ohne die Mithilfe der Anwohner nicht weiter“, eröffnet Specht die Runde. Er hat seinen Satz kaum beendet, da lässt ein vorbeifahrendes Auto direkt am Rheinufer den Motor aufheulen. Zu welcher Tageszeit die Lindenhöfer solche Fahrer wahrnehmen, will Specht da wissen. „Täglich!“, ruft es aus Menge. Gekommen sind trotz Sturmböen und Regen rund 20 Anwohner und Anwohnerinnen, unten ihnen auch Bezirksbeiräte, wie Wolf Engelen und Stadträtin Kathrin Kölbl (FDP). Die Anwohner sind sich einig: Der Lärm und die Autos kommen schon ab 18 Uhr und bleiben die ganze Nacht.
Wo genau die sich rumtreiben, fragen Stenger und Specht nach. „Manche rasen direkt nach dem Abbiegen bis zum Ufer, obwohl dort Kinder auf der Straße spielen!“, meldet sich ein junger Anwohner zu Wort. Viele würden schon aus dem Suezkanal (Tunnelstraße) einem die Vorfahrt nehmen und über Gleise und Spielstraße brettern, sagt ein anderer. „Man sollte sie erst gar nicht ins Wohngebiet lassen und direkt am Victoria-Turm abfangen“, schlägt Anwohnerin Vanessa Cruz vor. Sie ist die Einzige, die ihren Namen verraten will, hat sich sogar schon Autofahrern in den Weg gestellt, schließlich geht sie täglich mit Hund und Tochter an der Rheinpromenade spazieren. Der Rest der Lindenhöfer möchte nicht, dass die Auto-Poser und Partygänger ihre Namen in der Zeitung lesen. Sie haben Angst vor Konfrontation, weil sie schon mit einigen aneinandergeraten sind. Auch der Polizeipräsident hat einen Lagebericht mitgebracht: Das Phänomen sei nicht neu, begleite die Polizei durch die Pandemie. Weil Clubs und Bars geschlossen sind, habe sich die Partyszene in den öffentlichen Raum verlagert. An den vergangene vier Wochenenden hätte die Polizei im Lindenhof kontrolliert und Platzverweise ausgeteilt, sei mit 17 Streifenwagen vor Ort gewesen. Angerollt kommen die meist jungen Fahrer, die zwischen 18 und 29 Jahre alt sind, aus der Südpfalz, Heidelberg, Sinsheim oder von der Bergstraße. „Das ist keine homogene Menge, kein klassisches Autoposer-Klientel“, sagt Stenger.
Was Polizei und städtischer Ordnungsdienst nun dagegen tun wollen, erklärt Alexander Ulmer, Leiter der Verkehrspolizei der Runde: Den Raum frühzeitig komplett abriegeln, aber auch flexibel und anlassbezogene Sperrungen errichten. Ob die Absperrung auch für sie gilt, fragt ein besorgter Anwohner. „Nein, einfach den Polizisten sagen, dass Sie hier wohnen“, antwortet Ulmer und fordert alle dazu auf: „Melden Sie uns auch Kennzeichen und weitere Störungen, wir führen eine Liste.“ Warum man nicht dauerhaft etwa Straßenschwellen oder Blumenkübel auf der Promenade errichten könne, um den Fahrspaß zu vermiesen, will Bezirksbeirat Wolf Engelen noch von Specht wissen. „Das ist für den Verkehr zu gefährlich. Mit Blick auf Rettungsfahrzeuge sind Schwellen sehr untauglich“, erwidert Specht. Der weiß aber auch: Die intensiven Schwerpunktkontrollen sind keine dauerhafte Lösung. Eine Idee des Sicherheitsdezernenten: Das Rheinufer am Wochenende für den Verkehr zu schließen und die Zufahrt für die Gastronomie und Jugendherberge über den Hafen regeln. Man sei in Gesprächen, aber der Hafen sei über diese Klientel auch nicht glücklich.
Und die Lindenhöfer? Sind sie mit den Maßnahmen zufrieden? „Wir werden es abwarten. Aber Kennzeichen aufschreiben ist schwer, die lassen sich so schnell kaum erkennen“, sagt eine ältere Anwohnerin. Sie verrät auch: Oft würden die Anwohner den weggeworfenen Müll der Nachtschwärmer aufsammeln. „Sie verhalten sich sehr respektlos uns gegenüber“, so die Lindenhöferin. Bis fünf Uhr morgens veranstalten manche Hupkonzerte an der Ampel bei der Südtangente.
„Wir wollen verhindern, dass sich hier eine regelrechte Partyszene etabliert und diejenigen konsequent bestrafen, die sich nicht an die Regeln halten“, erklärt Polizeipräsident Stenger am Ende, „und wenn es sein muss, dann kontrollieren wir auch bis zum Sommer.“ Weil sich die Gesprächsrunde im Regen schnell auflöst, bleibt noch Zeit, sich am Rheinufer umzuschauen. Sind dort wirklich junge Leute zu finden, die Party machen? Tatsächlich steht hier und da ein voll besetzter Wagen mit jungen Insassen. Aber auch ein Streifenwagen ist unterwegs und kontrolliert prompt einen weißen Audi, der mit laufendem Motor am Ufer steht.
Konzept gegen Auto-Partys und Poser
- Schon ab Freitag, 18 Uhr und das Wochenende über ist zunächst die Zufahrt zur Rheinpromenade von der Einmündung Rennershofstraße für den Verkehr gesperrt, Anwohner frei.
- Neben Geschwindigkeitskontrollen und dem Überprüfen der Corona-Regeln erstellt die Polizei eine Kennzeichenliste. Wer wiederholt darauf landet, für den ist die Fahrt beendet. Als letztes Mittel für Wiederholungstäter und Top-Störer will die Polizei den Autoschlüssel für einige Stunden zu beschlagnahmen.
- Fürs Wochenende sind insgesamt 40 Beamte nur für diesen Zweck im Sondereinsatz, in einem Mix aus mobilen und Fußstreifen.
- Unter den Ordnungshütern sind auch Beamte der Sondereinheit für Auto-Poser, die sich gerne in der Kunststraße in den Quadraten zeigen.
- Die Polizisten werden Lindenhof und Innenstadt im Blick behalten. Sie sollen beobachten, wohin die Autofahrer abwandern. Sollte das passieren, ist die Polizei gerüstet, um etwa Straßen in der Innenstadt, wie die Fressgasse, kurzfristig abzusperren.
- Ab Montag will das Ordnungsamt zudem einen Blitzer in der Rennershofstaße aufstellen. lia
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