Neuer Name zum Weltaidstag

Beratung KOSI.MA: Sexuelle Gesundheit statt Krankheit

Von 
Lea Seethaler
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Ein junges Team setzt auf zeitgemäße Beratung: Daniel Pientka (v.l.), Em Brett und Marc Fischer von der Beratungsstelle KOSI.MA. © KOSI.MA

„Wir reden doch alle lieber über etwas Schönes als über Problemlagen“, sagt Marc Fischer von der Beratungsstelle KOSI.MA. In Mannheim ist sie Anlaufstelle für Beratung, Tests und Aufklärung zu HIV und sexuell übertragbaren Infektionen (STI). Doch genau von letzteren Worten will man wegkommen. Per Relaunch: „Unser Fokus wird von Krankheit und sexuell übertragbaren Infektionen mehr auf sexuelle Gesundheit gelegt“, beschreibt Fischer. Ab sofort heißt man deshalb: „Zentrum für sexuelle Gesundheit“ und nicht mehr „Kompetenzzentrum zu sexuell übertragbaren Infektionen“. Die Beratung werde weiter die alten Themen beinhalten, aber mehr „in einem positiven Framing“, sagt Fischer. „Mit eigener Gesundheitsförderung beschäftigt man sich einfach lieber“, sagt er.

Kein Pflegheimplatz wegen HIV

Auch sollen so Diskriminierung und Stigmatisierung weiter abgebaut werden, beschreibt Fischer. Diese seien aktuell ein großes Problem. Man sei zwar auf einem „sehr guten Weg“ in der Stadt, gerade was HIV allgemein angehe, etwa bei Testung, Infektionsketten und Beratung, Behandlung sowie Prävention. „Doch das größte Problem bleibt Diskriminierung und Stigmatisierung. Erst letztens hatten wir wieder einen Fall: Ein Pärchen war bei uns, einer ist HIV-positiv. Er fand keinen Platz im Alten- und Pflegeheim, zu groß waren die Vorbehalte, und auch insbesondere in der Krise, hieß es. Man könne Betreuung nicht leisten, könne kein Einzelzimmer anbieten und so weiter.“ Fischer betont, unter Therapie sei HIV nicht ansteckend: „Man braucht kein Einzelzimmer und so weiter“. Es gebe immer noch zu viel Unwissen bei den Menschen. Und Unsicherheit.

Heute gehört zum „Safer Sex 3.0“ im HIV-Kontext auch die sogenannte Präexpositionsprophylaxe (kurz: PrEP). Durch Einnahme von Medikamenten können auch HIV-Negative mit substanziellem Risiko die Übertragungswahrscheinlichkeit präventiv sehr stark senken. Aber auch das sei vielen Menschen nicht bekannt, so Fischer.

Ohne Benefiz wenig Spenden

  • Aus „KOSI.MA – Kompetenzzentrum zu sexuell übertragbaren Infektionen Mannheim“ wird „KOSI.MA. – Zentrum für sexuelle Gesundheit Mannheim“.
  • Damit die Angebote erhalten werden können, sei man in diesem Jahr besonders auf Spenden angewiesen, da Benefizprojekte ausfielen, erklärt Sozialarbeiter Marc Fischer. Möglich sind die per Überweisung an das Konto von PLUS e. V.:
  • IBAN: DE42 6709 0000 0093 5664 08,BIC: GENODE61MA2, VR Bank Rhein-Neckar e.G., Verwendungszweck: KOSIMA
  • Veranstaltungen rund um den Weltaidstag gibt es unter kosimamannheim.de/aktuelle-termine see

Günstige Heimtests entlasten

Zudem ist Ziel der Umbenennung „Hürden wie Scham, Tabuisierung und Schuld“ im Kontakt mit professionellen Fachkräften abzubauen und diesen entgegenzuwirken, so Fischer. Konkret versuche man in der Beratungsstelle, alle in einem für sie angepassten Setting zu beraten. „Hier kann jeder sein, wie er will, niemand wird wegen irgendetwas verurteilt. Und wenn jemand aus irgendeinem Grund sagt ,Kondome sind nichts für mich’“, dann fände man eine Lösung und versuche, bestmöglich zu beraten.

Im vergangenen Jahr geriet der KOSI.MA-Checkpoint wegen Corona an seine Grenzen: Überlastete Gesundheitsämter könnten keine HIV- und STI-Tests mehr machen. Die breite Stadtgesellschaft landete zum Testen bei KOSI.MA. Bei präventiven Tests, also bei Menschen, die zum Beispiel einen HIV-Risikokontakt hatten, war so das Angebot von KOSI.MA stark ausgelastet, es gab eine Versorgungslücke. Auch als Reaktion auf diese Zustände wurde nun ein neues Projekt eingeführt. Es heißt „s.a.m. health“ und ist ein Heimtestangebot für die Mannheimer Bevölkerung. Es soll den Checkpoint ergänzen und entlasten. Das Projekt wird durch die Stadt (Gesundheitsamt und LSBTI-Beauftragung) unterstützt und mit der Finanzierung einer geringfügigen Beschäftigung ermöglicht. „Der Unterschied zu herkömmlichen Tests: Bei uns sind sie viel günstiger, und eine Beratung ist gegeben“, so Fischer.

Infografik: Osteuropa: HIV weiter nicht im Griff | Statista Mehr Infografiken finden Sie bei Statista

Auch in diesem Jahr musste KOSI.MA zudem die Benefizkunstauktion „Kunst tut gut“ absagen. Es habe zu wenige Künstler gegeben, „die sich beteiligen konnten, da sie sehr hart von der Pandemie betroffen sind“, so Fischer. „Das trifft auch uns besonders hart, da wir auf Fundraising angewiesen sind und hierdurch finanzielle Lücken entstehen.“ 2020 gab es Corona-Soforthilfe, erklärt er. „In diesem Jahr gab es diese Hilfen nicht, und wir fühlen uns alleine gelassen.“ Man hoffe auf Unterstützung durch Spender zum Weltaidstag aus der Gesellschaft.

Mehr Syphilis in Mannheim

„Syphilis und Chlamydien sind in Mannheim auf dem Vormarsch“, sagt Fischer indes mit Blick auf Entwicklungen der anderen STIs in der Stadt. Das Tückische: Sie verlaufen asymptomatisch und übertragen sich leicht. Der Testbedarf in der Stadt sei weiterhin hoch, egal bei welcher Personengruppe. Besonders aber für die LSBTIQ*-Menschen und ihre Bedürfnisse will KOSI.MA weiter Ansprechpartner sein. Gerade weil die „queere Community in Mannheim sehr groß ist“. Für die hohe Nachfrage hat KOSI.MA recht wenig Personal, beschreibt Fischer. Auch das ist einer der der Punkte, bei denen sich Fischer in Zukunft noch Förderung wünscht.

Redaktion Redakteurin und Online-Koordinatorin der Mannheimer Lokalredaktion

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