Gemeinderat

Grüne und LI.PAR.Tie für Schließung des Mannheimer Flughafens

Bei den Etat-Beratungen bringen die Fraktionen ihre Wünsche ein. Manche davon dürften für Gesprächsstoff sorgen

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Timo Schmidhuber
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LI.PAR.Tie und Grüne sehen aus mehreren Gründen keine Zukunft mehr für den Mannheimer City-Airport und sprechen sich für die Schließung aus. © Christoph Blüthner

Mannheim. Wofür gibt Mannheim im kommenden Jahr Geld aus – und wofür nicht? Das entscheidet der Gemeinderat an diesem Dienstag ab 9.30 Uhr in seiner öffentlichen Sitzung im Stadthaus, wenn er den städtischen Haushalt für 2023 beschließt. Oberbürgermeister Peter Kurz (SPD) und Kämmerer Christian Specht (CDU) haben einen Entwurf für den Etat vorgelegt – den werden die Fraktionen bei der Beratung aber noch an der einen oder anderen Stelle ändern.

So fordern zum Beispiel die Grünen mehr Personal bei der Kontrolle von Falschparkern, und die Freien Wähler/Mannheimer Liste (ML) wollen „Mülldetektive“ einstellen, die das Wegwerfen von Abfall bestrafen. Die CDU-Fraktion fordert, dass Mannheim die Sanierung der Multihalle im Herzogenriedpark abbricht – und die Millionen dafür anderweitig verwendet. Die Fraktionen von LI.PAR.Tie und Grünen wollen außerdem den Flughafen schließen. Die Antworten auf die wichtigsten Fragen.

Die ML verlangt drei Stellen für „Mülldetektive“. © Tanja Capuana-Parisi

Worum geht es bei den Haushaltsberatungen genau?

Der Etat-Entwurf der Stadtspitze für 2023 sieht Einnahmen – etwa durch Steuern – in Höhe von rund 1,482 Milliarden Euro vor. Dem stehen Ausgaben – etwa für den Sozial- oder Kulturbereich – von rund 1,467 Milliarden Euro gegenüber. Bei den Baumaßnahmen sind Investitionen von rund 170 Millionen Euro geplant – der größte Teil davon fließt in die Sanierung und den Neubau von Schulen. Die Fraktionen können diesen Entwurf mit Anträgen jetzt noch ändern und eigene Schwerpunkte setzen, sofern sie dafür eine Mehrheit im Rat finden. Weil die Finanzlage angespannt ist, sind die Spielräume aber vergleichsweise eng.

Wie viele Änderungsanträge haben die Fraktionen eingereicht?

Am Freitag waren es rund 150, bis zur Sitzung am Dienstag dürften aber noch einige dazukommen. Es ist unklar, ob der Gemeinderat am Dienstag die Beratungen beenden und den Haushalt beschließen kann. Notfalls geht es am Mittwoch weiter.

Was sind die spektakulärsten Anträge?

In diese Kategorie fällt sicher die Forderung von LI.PAR.Tie und Grünen, den Mannheimer Flughafen zu schließen. Inlandsflüge seien besonders klimaschädlich und ließen sich leicht kompensieren, argumentiert die Fraktion um die Linken. Außerdem gebe es nahegelegene Flughäfen in Speyer und Frankfurt. Das Sparpotenzial betrage 450 000 Euro pro Jahr. Die Grünen argumentieren ähnlich. Der Mannheimer Flughafen sei „seit Jahren defizitär und wird dies auch zukünftig bleiben“.

Die CDU-Fraktion will die Sanierung der Multihalle aufgeben. © Thomas Tröster

Welche Anträge könnten noch für Gesprächsstoff sorgen?

Sicherlich auch die Forderung der CDU-Fraktion, die geplante Sanierung der Multihalle aufzugeben. Die dafür bislang eingeplanten rund 36 Millionen Euro dürften ohnehin nicht ausreichen, gleichzeitig gebe es nach wie vor kein Nutzungskonzept für die Halle – deshalb sei mit Blick auf die Haushaltslage eine „Prioritätensetzung zwingend notwendig“, so die Christdemokraten. Für die Halle bedeutet das laut CDU-Fraktion, dass lediglich das denkmalgeschützte Dach erhalten bleibe – solange das statisch gehe. Unter dem Dach könnte man zum Beispiel einen Spielplatz aufbauen. Wenn die Statik das nicht mehr zulasse, müsse die Halle in Absprache mit dem Denkmalschutz abgerissen werden.

Was soll mit dem Geld für die Multihalle stattdessen passieren?

Damit will die CDU das in Wallstadt immer wieder geforderte Sport- und Kulturzentrum bauen. Die Christdemokraten drängen auf einen Start noch im kommenden Jahr. Auch die ML und die Fraktion FDP/Mittelstand für Mannheim (MfM) machen sich für den Bau des Zentrums stark, wollen aber erst für 2024 Geld im Haushalt einplanen.

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Welche Anträge gibt es im sozialen Bereich?

Hier ist neben LI.PAR.Tie vor allem die SPD stark vertreten. Die Sozialdemokraten wollen im Haushalt rund 90 000 Euro zusätzlich für den Stadtjugendring bereitstellen. Mit dem Geld soll ein hauptamtlicher Mitarbeiter eingestellt werden, weil es durch die Corona-Pandemie weniger Ehrenamtliche gebe (wir berichteten). Darüber hinaus wollen die Sozialdemokraten – genauso wie die Grünen – die Mittel für das „Übergangsmanagement Schule-Beruf“ um rund 90 000 Euro aufstocken.

Das soll für mehr Bildungsgerechtigkeit sorgen und mithelfen, dem Fachkräftemangel entgegenzutreten, so die SPD. Die LI.PAR.Tie-Fraktion will einen 150 000 Euro starken Fonds aufsetzen, der aushilft, wenn Bürgern eine Gas- oder Stromsperre droht, weil sie ihre Rechnungen nicht bezahlen können. SPD und LI.PAR.Tie wollen darüber hinaus mit kleineren Summen mehrere soziale Projekte wie zum Beispiel das Quartierbüro des Roten Kreuzes in der Schwetzingerstadt unterstützen. Die CDU-Fraktion wiederum wünscht sich von der Stadt ein Konzept für die Stelle eines Ehrenamtsbeauftragten als Ansprechpartner in der Verwaltung.

Was wünschen sich die Fraktionen beim Klimaschutz?

Drei Millionen Euro sind im Haushalt für die Umsetzung des Klimaschutzaktionsplans vorgesehen. Die FDP/MfM-Fraktion fordert, dass zwei Millionen davon direkt in einen Fördertopf für Sofortmaßnahmen zur energetischen Sanierung von Gebäuden fließen. Die Grünen wollen einen Fördertopf für die Anschaffung von Balkon-Solarmodulen, der mit 100 000 Euro pro Jahr ausgestattet wird.

Die Grünen fordern mehr Kontrollen von Falschparkern. © Markus Prosswitz

Welche Forderungen gibt es beim Thema Sicherheit und Ordnung?

Die Grünen wollen ein energischeres Vorgehen gegen Falschparker und fordern von der Stadt ein Konzept. „In Mannheim muss Falschparken konsequent geahndet werden, so dass sich Falschparken nicht mehr lohnt.“ Durch Bußgelder rechnen die Grünen mit Einnahmen von 1,5 Millionen Euro für 2023. Damit könnten mehr Stellen und eine bessere Bezahlung finanziert werden.

Welche Ideen gibt es bei diesem Thema noch?

Die Grünen wollen zudem, dass Betreiber von E-Scooter-Angeboten eine jährliche Sondernutzungsgebühr von 120 Euro pro Roller zahlen. Einnahmen dadurch: 300 000 Euro pro Jahr. Die ML will drei Vollzeitstellen für „Mülldetektive“ schaffen, die kontrollieren und gegen Müllsünder Bußgelder verhängen. Für diese drei Stellen will sie 185 000 Euro im Haushalt verankern. CDU, ML sowie FDP/MfM fordern zusätzliche Verwaltungsstellen beim Bevölkerungsschutz, damit diese Aufgaben nicht mehr Feuerwehrleute übernehmen müssen. Die AfD stellt mehrere Anträge zum Katastrophenschutz – unter anderem will sie im Etat 100 000 Euro einplanen, um Notstromaggregate zur Förderung von Brunnenwasser bei Stromausfällen zu kaufen. Um den Zustand der Straßen zu verbessern, fordert die AfD zehn Millionen Euro zusätzlich für Erneuerungsarbeiten.

Welcher Antrag wird für die meiste Empörung im Rat sorgen?

Hier dürfte die AfD-Fraktion ganz gute Karten haben. Sie fordert in einem Antrag, dass der städtische 120 000-Euro-Zuschuss für den Aktionsfonds gegen Rechtsextremismus, Antisemitismus, Antiziganismus und Muslimfeindlichkeit gestrichen wird. Das Ganze sei einseitig, so die AfD, die Bekämpfung „des Linksextremismus, des Islamismus oder der Christenfeindlichkeit“ werde überhaupt nicht thematisiert.

Livestream unter www.mannheim-videos.de

Redaktion Stellvertr. Leiter der Lokalredaktion Mannheim

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