Heidelberg. Beton gehört zu den wichtigsten Baustoffen der Welt. Fast kein Neubau, der ohne ihn auskommt. Zur Klimabilanz allerdings muss man wissen: Die Baustoffindustrie ist für mehr CO2-Emissionen verantwortlich als der weltweite Flugverkehr - für sechs bis acht Prozent. „Wenn das CO2-Problem gelöst werden soll, geht an uns kein Weg vorbei. Wir ducken uns nicht weg“, sagt Dominik von Achten (55), Vorstandsvorsitzender von HeidelbergCement, vor dem Club der Kurpfälzischen Wirtschaftsjournalisten. In diesem Club treffen sich Wirtschaftsjournalisten und Unternehmenssprecher aus der Region.
Warum ist Beton so belastend für die Umwelt? Das hat vor allem mit der Herstellung zu tun. Beton ist ein Gemisch aus Zement, Sand, Kies und Wasser. Zement wirkt dabei als „Bindemittel“. Um ihn herzustellen, braucht es Zementklinker, der aus Kalkstein, Sand und Ton bei mehr als 1400 Grad gebrannt wird. Genau dabei entsteht jede Menge klimaschädliches CO2.
Wurzeln im 19. Jahrhundert
Der Grundstein für den Konzern geht auf das Jahr 1873 zurück. Damals hat der Unternehmer Johann Philipp Schifferdecker eine Mühle in Heidelberg zu einer Zementfabrik umgebaut.
HeidelbergCement gehört heute zu den größten Baustoffherstellern der Welt. 2020 betrug der Umsatz rund 17,6 Milliarden Euro.
Etwa 53 000 Menschen arbeiten an über 3000 Standorten in mehr als 50 Ländern für den Konzern.
Im Frühjahr 2020 hat HeidelbergCement die neue Zentrale am Neckar bezogen. Der 100 Millionen Euro teure Bau bietet Platz für bis zu 1000 Beschäftigte. Die geschwungenen Fassadenteile bestehen aus einem Spezialzement, der Schadstoffe aus der Luft reduziert. jung
Für HeidelbergCement ist die Abscheidung - also das Einfangen - und die Speicherung des klimaschädlichen Gases zentraler Teil der Klimastrategie. Weltweit laufen Pilotprojekte dazu. Fachleute sprechen von „Carbon Capture Storage“, kurz CCS. Ob sich diese Technologie von kleinen Pilotanlagen auf große industrielle Anlagen weltweit übertragen lässt, ist entscheidend für den Erfolg. „Es ist wichtig zu beweisen, dass wir das nicht nur im Reagenzglas hinbekommen“, sagt von Achten, der seit Anfang 2020 Vorstandsvorsitzender ist - und Nachfolger des langjährigen Konzernchefs Bernd Scheifele.
Ein nächster Schritt könnte die Weiterverarbeitung des abgeschiedenen Kohlendioxids sein, etwa als Grundprodukt für die chemische Industrie, zur Herstellung synthetischer Kraftstoffe oder auch in der Baustoffindustrie selbst.
Derzeit baut HeidelbergCement im Zementwerk Brevik (Norwegen) eine Anlage zur Abscheidung von CO2. Und der Standort Slite (Schweden) soll bis zum Jahr 2030 das nach eigenen Angaben weltweit erste klimaneutrale Zementwerk werden. Es ist geplant, das abgeschiedene CO2 in mehreren Kilometern Tiefe im Grundgestein unter dem Meer zu lagern. Zudem sollen bei der Zementherstellung weniger fossile Brennstoffe eingesetzt werden.
Auffallend ist: Die Pilotprojekte von HeidelbergCement zu CCS sind alle außerhalb Deutschlands. Dort sei diese Technologie gesellschaftlich akzeptiert - anders als hierzulande, erklärt von Achten. Ohnehin steht sie aus seiner Sicht zu wenig auf der politischen Agenda. Man nehme das wahr - und treibe deshalb auch andere Möglichkeiten wie das Recycling von Beton heran. Die Vergütung des Vorstandes hängt übrigens seit diesem Jahr mit davon ab, ob der Konzern seine Ziele bei der Reduzierung des CO2-Ausstoßes erreicht.
Nachhaltigkeit, Digitalisierung - der Baustoffhersteller steht vor großen Aufgaben. HeidelbergCement verspricht sich viel von der 3D-Betondrucktechnologie. Dadurch entstehen - mit einem speziellen Baustoff - Häuser aus dem Drucker. Das erste Exemplar, ein zweigeschossiges Einfamilienhaus, steht in Beckum (Nordrhein-Westfalen). Es hat rund 80 Quadratmeter Wohnfläche pro Geschoss und besteht aus dreischaligen Wänden, die mit Isoliermasse verfüllt werden. Von Achten sieht Potenzial in der „völlig neuen Bautechnik“ - auch in Sachen nachhaltiger Bauweise.
Teilweise Rückzug aus Spanien
Zuletzt hat HeidelbergCement die Prognose für das laufende Geschäftsjahr erhöht und erwartet beim bereinigten Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) ein starkes Wachstum. Der Konzern profitiert von einer anhaltend hohen Nachfrage im privaten Wohnungsbau und von Infrastrukturprojekten.
Auf dem Heimatmarkt Deutschland bleibt die Nachfrage voraussichtlich weiter auf hohem Niveau. Ähnlich und teilweise noch stärker sollen sich die für HeidelbergCement wichtigen Märkte in den Vereinigten Staaten, Kanada, Großbritannien und Italien entwickeln, hauptsächlich durch staatliche Konjunkturprogramme.
Aus Spanien hingegen zieht sich HeidelbergCement teilweise zurück. Vom Geschäft mit Zuschlagstoffen und Transportbeton in den Regionen Katalonien, Madrid und Asturien sowie vom Geschäft mit Transportbeton auf den Balearen trennt sich das Unternehmen. Der Verkauf ist Teil eines Programms, um das Portfolio zu optimieren und die Marge zu verbessern.
Infobox: Wurzeln im 19. Jahrhundert
Der Grundstein für den Konzern geht auf das Jahr 1873 zurück. Damals hat der Unternehmer Johann Philipp Schifferdecker eine Mühle in Heidelberg zu einer Zementfabrik umgebaut.
HeidelbergCement gehört heute zu den größten Baustoffherstellern der Welt. 2020 betrug der Umsatz rund 17,6 Milliarden Euro.
Etwa 53 000 Menschen arbeiten an über 3000 Standorten in mehr als 50 Ländern für den Konzern.
Im Frühjahr 2020 hat HeidelbergCement die neue Zentrale am Neckar bezogen. Der 100 Millionen Euro teure Bau bietet Platz für bis zu 1000 Beschäftigte. Die geschwungenen Fassadenteile bestehen aus einem Spezialzement, der Schadstoffe aus der Luft reduziert.
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