Heidelberg. Die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel ist zu Besuch in Heidelberg. In der Buchhandlung Schmitt & Hahn in der Altstadt signiert sie ihre Autobiografie „Freiheit“.
Die Nachfrage ist groß, die 450 Tickets nach wenigen Minuten ausverkauft. Eine lange Menschenschlange zieht sich eine halbe Stunde vor Beginn der Veranstaltung durch die Altstadt bis zum Bismarckplatz. Mit ihren bunten Regenschirmen warten die vielen Menschen in einem abgesperrten Bereich gespannt im Regen auf die Altkanzlerin. Passanten, die zufällig vorbeilaufen, fragen die Wartenden, was denn hier los sei. Mehrere Polizisten beobachten die Situation vor der Buchhandlung.
Und dann geht es los: Die ersten Personen dürfen durch die Türe des grün-gestrichenen Hauses. So auch Nora El-Awdan. Die 24-Jährige ist aus Karlsruhe gekommen, um Merkel zu treffen. Sie sagt: „Ich bin seit vier Wochen aufgeregt“. Besonders, weil sie Politikwissenschaften studiert habe. „Ich kann ihr einfach gleich in die Augen schauen“, so El-Awdan begeistert.
Im hinteren Bereich der Buchhandlung sitzt sie: die erste deutsche Bundeskanzlerin. Zwischen Büchern, Postkarten und Familienkalendern signiert sie ruhig die Bücher. Ab und zu hört man ein „Kommen Sie“, ein „Alles Gute“ oder „Freut mich sehr“. Die Besucherinnen und Besucher strahlen, als sie nach dem kurzen Kontakt wieder nach draußen laufen.
So auch Stefanie Falk. „Es war sehr aufregend“, sagt die 39-Jährige. In ein paar Jahren werde sie das signierte Buch ihrer zweijährigen Tochter schenken, die am gleichen Tag wie Merkel Geburtstag hat.
Merkel liest am Donnerstagabend in Heidelberg aus ihrem Buch
Am Donnerstagabend hält sie dann außerdem eine Lesung in der Aula der Neuen Universität in Heidelberg. Auch diese Veranstaltung des Deutsch-Amerikanischen Instituts (DAI) ist bereits ausgebucht. Und so, wie Angela Merkel ihre Besucherinnen und Besucher entlässt, entsteht einer dieser typischen Merkelmomente: Bevor sie aus dem Epilog ihres Buches liest, lässt sie die Spannung steigen und meint, sie gebe den Gästen noch etwas, das sie mit nach Hause nehmen könnten, etwas zum Nachdenken, eine Art Hausaufgabe.
Merkel schickt ihr berühmtes, verschmitztes Lächeln in den Raum. Ein Raunen geht durch die Neue Aula. Und dann erzählt die Bundeskanzlerin a.D. von Freiheit, seziert den Begriff ein bisschen und schließt mit den letzten Worten ihres Buches: „Denn Freiheit kann es nicht nur für den Einzelnen geben, Freiheit muss für alle gelten.“
Sofort brandet Applaus auf, die Leute stehen auf. DAI-Direktorin Lena Jöhnk kommt auf die Bühne, ein Herr mit einem Blumenstrauß, und Merkel genießt – sichtlich gerührt und stolz – einfach nur die minutenlange Euphorie der Menschen. So geht sie dahin, mit Blumenstrauß und der Gewissheit, dass sie immer noch verehrt, respektiert, ja, geliebt wird. Davor aber gibt es noch etwas Menschliches: „Dankeschön und einen guten Heimweg!“ Das ist das Letzte, was Angela Merkel in Heidelberg öffentlich sagt. Mit ihrer Crew an Bodyguards verschwindet sie links hinter die Bühne.
Das Buch das Buch „Freiheit: Erinnerungen 1954 - 2021“ (Kiepenheuer & Witsch) schrieb Merkel gemeinsam mit ihrer langjährigen politischen Beraterin Beate Baumann. Es erschien im vergangenen Jahr. Es handelt in erster Linie von ihrer Familie vor ihrer Geburt, von den Erinnerungen an ihre Jugend in der DDR und an ihre politische Laufbahn bis zum Ende ihrer Kanzlerschaft 2021.
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