Landau. „Es gibt Dinge, über die spreche ich nicht einmal mit mir selbst“, soll einst der erste Kanzler der Bundesrepublik Deutschland, Konrad Adenauer, gesagt haben. Mit diesem Satz könnte ihm im Jahr 2025 Cancel Culture vorgeworfen werden. Also die meist aus dem populistischen Lager geäußerte Anschuldigung auch an Medienhäuser, bestimmte Meinungen nicht mehr zu veröffentlichen, weil sie einem wie auch immer gearteten Zeitgeist widersprechen.
Aber ist dem so? Dieser Frage gehen die Südwestdeutschen Medientage am 17. und 18. Juni in Landau und auf dem Hambacher Schloss nach. Ausgerichtet wird der Medienkongress von der Evangelischen Akademie der Pfalz – unterstützt unter anderem vom „Mannheimer Morgen“ und der „Rheinpfalz“.
Südwestdeutsche Medientage: Tabus brechen, um Aufmerksamkeit zu bekommen?
Der Leiter der Akademie, Christoph Picker, sagt: „Für uns liegt das Thema in der Luft. Der Vorwurf der Cancel Culture und der Tabuisierung bestimmter Themen und Positionen ist allgegenwärtig. Gleichzeitig werden öffentliche Debatten immer hemmungsloser geführt.“ Tabubrüche würden aber auch gezielt eingesetzt, um Aufmerksamkeit zu erzeugen.
Über dieses Spannungsfeld wird zunächst im Bildungszentrum Butenschoen-Haus in Landau in verschiedenen thematischen Runden diskutiert. Wissenschaftlerin Melanie Hellwig von der Jade Hochschule Wilhelmshaven wird beispielsweise über Sinn und Unsinn von Tabus sprechen. Aber auch der mediale Umgang mit dem immer schärfer werdenden Nahost-Konflikt soll in einem Panel debattiert werden.
Michel Friedman diskutiert mit Gästen auf dem Hambacher Schloss
Teil der Südwestdeutschen Medientage ist am Abend des 17. Juni dieses Jahr wieder das SWR Demokratieforum Hambacher Schloss. Unter dem Titel „Tabus in unserer Gesellschaft – zwischen Moral, Macht und Medien“ diskutieren die Autorin Mo Asumang, der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf sowie der Journalist und Jurist Ronen Steinke miteinander. Moderiert wird die Veranstaltung von Michel Friedman.
Ein Kernelement des Südwestdeutschen Medientage ist übrigens auch, dass der journalistische Nachwuchs die Möglichkeit bekommt, Panels zu moderieren und Experten zu interviewen. So werden beispielsweise die Volontäre des „Mannheimer Morgen“ die Veranstaltung auf den sozialen Medien LinkedIn und Instagram begleiten, aber auch mit dem ehemaligen FDP-Politiker Volker Wissing diskutieren.
Ex-FDP-Politiker Wissing über den Umgang mit den Scheitern
„MM“-Nachrichtenchefin und Volontärsbeauftragte Madeleine Bierlein sieht darin eine große Chance. „Für unsere Volontäre und Volontärinnen sind die Südwestdeutschen Medientage eine tolle Gelegenheit, um Moderationserfahrung zu sammeln. Dieses Jahr zum Beispiel sitzt mit Volker Wissing immerhin ein ehemaliger Bundesminister auf dem Podium. Ich freue mich schon darauf zu hören und zu sehen, wie sie mit ihm und dem Psychiater Josef Aldenhoff über den öffentlichen Umgang mit dem Scheitern diskutieren werden.“
Organisator Christoph Picker erhofft sich von der diesjährigen Auflage der Medientage „Antworten auf die schwierige Frage, wie wir in der öffentlichen Kommunikation mit Tabuzonen und heißen Themen umgehen, ohne einander an den Hals zu gehen: ehrlich, klar und doch einfühlsam.“
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