Ausstellung

„Frauen, Leben, Freiheit“: Politische Kunst in der Ludwigshafener Rhein-Galerie

Die Künstlerin Sorooart stellt ihre Bilder in der Ludwigshafener Rhein-Galerie aus. In ihnen geht es um Frauenrecht, Frieden und Freiheit.

Von 
Rahel Adel
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Die Künstlerin Soroorart vor ihrem Werk "Only peace". Sie zeigt ihre Werke anlässlich des Weltfrauentags in einer Ausstellung in der Ludwigshafener Rhein-Galerie gemeinsam mit Amnesty International. © Rahel Adel

Ludwigshafen. Es ist überall. Es liegt über den Augen, schlingt sich um Münder und windet sich um Körper. Das rote Tuch ist allgegenwärtig in den Bildern von Soroorart. Sofort fällt der Blick auf es, folgt seinen Linien und zieht in die Kunst hinein. „Die rote Farbe zeigt meine innere Traurigkeit und meine Wut“, erklärt die Künstlerin. „Das rote Tuch symbolisiert die Revolution.“ Es ist bestimmend in dieser rund 40-teiligen Serie, von der Teile noch bis zum 29. März in der Ludwigshafener Rhein-Galerie ausgestellt sind.

Die Ausstellung trägt den Namen „Frau, Leben, Freiheit“. Der Slogan wurde weltweit bei Protesten nach dem Tod von Jina Mahsa Amini verwendet. Amini starb im September 2022 an Verletzungen, die ihr in Haft durch die Polizei zugefügt wurden – Grund der Festnahme war, dass sie ihr Kopftuch nicht vorschriftsgemäß getragen habe.

Künstlerin Soroorart ist wütend auf das Regime im Iran

Wütend ist Soroorart, die im Iran geboren wurde, dass Frauen dort nicht frei leben dürfen. Viele Iranerinnen müssen dort Hijab tragen, weil sie dort leben und nicht, weil sie daran glauben, erklärt die Künstlerin. Schon früh begann die heute 36-Jährige zu zeichnen und zu malen, mit fünf oder sechs Jahren erkennen ihre Eltern ihr Talent und schicken sie zu Mal- und Kunstkursen.

Ende 2004 kommt die Familie dann nach Deutschland. Hier studiert Soroorart an der Kunstakademie Mannheim bildende Kunst. „Schon als Kind wollte ich immer Kunstlehrerin werden“, erklärt sie. Auch heute arbeitet sie als Kunstlehrerin am liebsten mit Kindern, so Soroorart. „Sie hören besser zu, sind kreativer und schneller.“

Politische Kunst in der Ludwigshafener Rhein-Galerie

Jedes ihrer Bilder hat eine eigene Geschichte, die sie sich aufgeschrieben hat. Mitausgestellt sind diese Geschichten in der Rhein-Galerie nicht, der Platz würde dafür nicht reichen. Doch alle ausgestellten Bilder sind politisch, beziehen sich auf die Situationen der Frauen im Iran und der allgemeinen Lage der Welt. So zum Beispiel das Werk „Only peace“, das sie nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine malte. Darauf zu sehen: Eine Weltkugel mit einer weißen Taube davor. Viele ukrainische Freunde und Freundinnen habe sie, erzählt Soroorart. „Ich frage mich immer, warum die Menschen nicht zusammen in Frieden leben können.“

Kunst ist für sie eine Art Therapie. „Ich lasse meine Stimme durch meine Kunstwerke heraus“, erklärt sie. Mit ihrer Ausstellung in der Rhein-Galerie, die sie gemeinsam mit Amnesty International organisierte, will sie die Menschen erreichen. „Viele Menschen denken, Geld und Macht ist alles. Ich will sie damit aufwecken, dass sie nicht nur egoistisch denken“, erklärt sie. Deshalb auch der eher etwas ungewöhnliche Ausstellungsort für ihre Kunstwerke.

In der Rhein-Galerie laufen immer wieder Passanten an der Kunst vorbei, drehen sich danach um oder bleiben doch ganz stehen und schauen sich die Werke an. Am Weltfrauentag war die Vernissage. Dabei waren auch Bürgermeisterin Cornelia Reifenberg und Peter Uebel, Fraktionsvorsitzender der CDU in Ludwigshafen. Die Leute haben sich die Bilder angeschaut und Fragen dazugestellt, erklärt Soroorart. Es sei schön verlaufen.

In „Wut aufs Volk“ schlingt sich das rote Tuch um den Mund des Mannes, der das Volk symbolisiert. Der Adler steht für die Regierung, die ihm den Mund zudrückt. © Rahel Adel

Porträts von getöteten oder inhaftierten Frauen in Ausstellung in Ludwigshafen

In der Reihe von Gemälden finden sich auch einige Porträts. Frauen, verhaftet oder getötet, weil sie nicht mit der Regierung im Iran übereinstimmen, dagegen auf Instagram posteten. Oder, weil sie wie Amini ihr Kopftuch nicht vorschriftsgemäß trugen. Mit dabei sind neben Amini unter anderem auch Nika Shakarami und Hadis Najafi, die beide nach oder bei Protesten gegen die iranische Regierung getötet wurden. „Die Frauen im Iran sind schlau“, sagt Soroorart. „Deshalb haben sie Angst vor ihnen. Deshalb wollen sie Macht über sie.“

Auch in diesen Bildern findet sich das rote Tuch Soroorarts wieder. Viele Frauen tragen ähnliche Tücher bei den Demonstrationen, erklärt die Künstlerin, doch verwende sie selbst das Motiv schon seit 14 Jahren. In der Serie seien auch Porträts einiger Männer zu sehen, doch habe sie sich aufgrund des Anlasses des Weltfrauentags nur für Bilder von Frauen entschieden.

Ausstellung in der Rhein-Galerie

Die Ausstellung von Soroorart ist im Erdgeschoss der Rhein-Galerie zu finden.

Die Bilder sind noch bis zum 29. März zu sehen.

Jeden Freitag und Samstag von 15 bis 18 Uhr sind sowohl die Künstlerin als auch die Ansprechpartner von Amnesty International anwesend . rad

Meist malt die Künstlerin mit Acryl auf Leinwand. Die Porträts von getöteten Frauen im Irak sind mit digitalen Pinseln auf dem iPad gestaltet, doch auch hier ist der Rest der Gemälde aus Acrylfarbe. In der Rhein-Galerie sind vier Originale hinter Schaufenstern ausgestellt. Die anderen Bilder an den Aufstellern im Erdgeschoss sind Drucke in verkleinerter Größe, sagt Soroorart.

Mit der „Frau der Freiheit“ habe die Serie angefangen. Das rote Tuch windet sich um den Körper einer jungen Frau, wie ein Tschador. Normalerweise sei der jedoch schwarz, erklärt Soroorart, bei ihr sei er rot und voller Gesichter. Denn sie sei sauer, erklärt die Künstlerin. „Warum müssen nur Frauen das Gesicht verdecken?“ Schon 2012 hat sie das Bild gemalt.

Einmal habe eine andere Künstlerin sie darauf angesprochen, dass sie so traurige und ernste Themen in ihren Werken verarbeite. Warum male sie als Künstlerin nicht schöne Sachen?, habe die Frau sie gefragt. „Aber Kunst kann auch traurig sein“, sagt Soroorart. „Wie soll ich, wenn es mir schlecht geht, nur Blumen malen?“

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