Justiz

Blutiges Familiendrama in Frankenthal - Prozessbeginn

Er soll seine Ex-Partnerin mit 29 Messerstichen getötet haben, weil es Streit um das Sorgerecht für die gemeinsamen Kinder gab. Seit Dienstag muss sich ein 33-Jähriger vor Gericht verantworten

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Der Angeklagte mit seinem Verteidiger Roman Schweitzer aus Bad Dürkheim. © Agnes Polewka

Frankenthal. 2023 wurden in Rheinland-Pfalz 8737 Fälle von Partnerschaftsgewalt registriert - darunter Körperverletzungen, Bedrohungen, Stalking, Freiheitsberaubung, Vergewaltigungen und Tötungsdelikte. Knapp 80 Prozent der Opfer sind laut rheinland-pfälzischem Familienministerium Frauen. Die Gewalt gegen diese Frauen geht häufig von ehemaligen oder aktuellen Partnern aus. Seit Dienstag wird ein weiterer solcher Fall vor dem Frankenthaler Landgericht aufgearbeitet. Die Staatsanwaltschaft wirft einem 33-jährigen Mann vor, heimtückisch und aus niedrigen Beweggründen seine ehemalige Lebensgefährtin und Mutter seiner Kinder ermordet zu haben.

Angeklagter gesteht, die Mutter seiner Kinder getötet zu haben

Laut Staatsanwaltschaft griff der 33-Jährige die Frau in einer Nacht Anfang März in ihrem Schlafzimmer an und stach 29 Mal mit einem Küchenmesser auf sie ein, während sich die beiden ein und vier Jahre alten Kinder der beiden in der Wohnung in der Frankenthaler Innenstadt befanden. Die Frau starb an einer Kombination aus Verbluten und einer Gasembolie. Das mutmaßliche Motiv des Mannes: ein Sorgerechtsstreit. Zu Prozessbeginn räumt der 33-jährige Eritreer die Tat ein und berichtet dann, was sich seiner Erinnerung nach am 8. März 2024 in der Frankenthaler Wohnung zugetragen hat.

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Von
Stefanie Ball
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Doch zuvor holt er weiter aus. Erzählt von seiner Kindheit in Eritrea, von der Dorfgemeinschaft, aus der auch die Mutter seiner Kinder stammte. Wie sich beide in Deutschland wieder trafen und in Äthiopien heirateten. „Wir haben uns geliebt und uns dazu entschieden, dass wir Kinder bekommen möchten“, übersetzt der Dolmetscher des Angeklagten seine Worte. 2020 kam die gemeinsame Tochter zur Welt, dann ein Schicksalsschlag, ein zweites Kind wird totgeboren, drei Monate später wird die Frau wieder schwanger, sie bekommt einen Sohn. Rund ein Jahr später ist sie tot.

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Was ist passiert? Kurz nach der Geburt des Sohnes habe es Probleme gegeben, seine Frau habe die Polizei gerufen. Warum, könne er sich nicht erklären, sagt der 33-Jährige. Seine Ausführungen bleiben schemenhaft. Der Streit zwischen beiden sei beim Füttern der Tochter entbrannt. „Dann hat sie mir verboten, die Kinder zu sehen“, sagt der Angeklagte. Das Paar führte anfangs eine Fernbeziehung, später wechselte der ausgebildete Automechaniker die Arbeitsstelle als Lagerist und zog in die Region. Doch beide wohnten nie zusammen, auch nicht nach der Geburt der beiden Kinder. Nach dem Besuch der Polizei hätten Freunde versucht zu vermitteln, und das Verhältnis hätte sich entspannt, auch weil die kleine Tochter der beiden im Kindergarten auffällig gewesen sei, offenbar ihren Vater vermisste. Ohne ihn habe sie nur schlecht schlafen können, sagt der 33-Jährige am Montag vor Gericht.

So habe er in regelmäßigen Abständen auf der Couch im Wohnzimmer seiner Ex-Partnerin übernachten dürfen. Auch am 8. März diesen Jahres klopfte er an ihre Tür und legte sich auf die Couch. Was danach geschah, beschreibt er so: „Ich hörte einen Schrei, mitten in der Nacht, der aus der Küche der Wohnung kam.“ Dort habe seine Ex-Partnerin gestanden, mit dem Messer in der Hand. „Sie sagte: Ich werde dich abschlachten, ich werde dich umbringen. Ich wurde wütend und hatte Angst.“ Er habe versucht, der Frau das Messer zu entwinden, und sei dabei an den Händen verletzt worden. Dann stach er auf sie ein.

Während ihres „Kampfes“ sei die Frau ins Schlafzimmer zu dem einjährigen Kind gelaufen, habe sich den Jungen über die Schulter gelegt. „Er war blutverschmiert“, sagt der 33-Jährige. Dann erinnert er sich, wie der Kleine wieder im Bett gewesen sei und der „Kampf“ sich wieder in den Flur verlagerte, wo die Frau zusammenbrach - und starb. Der 33-Jährige verließ die Wohnung und machte sich zu Fuß auf den Weg in Richtung Bobenheim-Roxheim, stoppte an einem Gewässer, stürzte sich hinein und lief dann in den Ort, klingelte an einem Wohnhaus und bat eine Bewohnerin, die Polizei zu rufen. Von Beamten habe er später erfahren, dass die Mutter seiner Kinder die schweren Verletzungen nicht überlebt habe.

„Wie stellen Sie sich das nun mit den Kindern in Zukunft vor?“, fragt die Vorsitzende Richterin Sonja Steingart. „Nach der Haft werde ich beim Familiengericht anfragen, ob ich die Kinder zu mir nehmen kann.“ Laut Gericht möchten sich künftig Verwandte der getöteten Frau um den Einjährigen und die Vierjährige kümmern. Im Falle einer Verurteilung wegen Mordes droht dem 33-Jährigen eine lebenslange Freiheitsstrafe.

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