Plötzlich gibt sich Russlands Präsident Wladimir Putin proaktiv. Gleich nach dem Ende des etwas mehr als zweistündigen Telefongesprächs mit dem amerikanischen Präsidenten Donald Trump – „Verhandlungen Nummer 1“, wie das russische Fernsehen über den Tag verteilt es nennt – eilte der Kremlherrscher zu den Mikrofonen der Journalisten. Immerhin das ist ungewöhnlich für den 72-jährigen Kriegsherrn. Alles andere: seit mehr als drei Jahren dasselbe.
Putin zeigt sich unbeweglich. Einen Waffenstillstand mit der Ukraine hält er „erst nach Erreichen entsprechender Vereinbarungen“ für möglich. Das ist seine Absage ans Schweigen der Waffen, ohne ein klares „Njet“ zu verwenden. Er will dem heimischen Publikum zeigen, dass er standhaft bleibt, dass er sich auch vom Druck Trumps nicht beugen lässt, auch wenn er mit Sätzen wie „Kompromisse, die beiden Seiten passen müssten“ oder „wir sind auf dem richtigen Weg“ vor allem Trump schmeicheln will. Der Amerikaner wird denn auch später von einem „sehr guten Gespräch“ berichten und behaupten, Russland und die Ukraine würden „umgehend“ Gespräche über die Waffenruhe und das Ende des Krieges führen. Und weiter geht's zum Geschäftlichen.
Die Ziele werde Moskau ohnehin erreichen. Ob nun mit Trump oder ohne.
Putins drei Minuten vor der Presse aber, noch vor der Erklärung aus dem Weißen Haus, sind allgemeine Floskeln von den „Möglichkeiten, wenn“. Dieses „Wenn“ ist entscheidend, wenn auch seit Jahren gleichbleibend. „Die Position Russlands ist klar“, sagt Putin in einer Musikschule in Sotschi, wo er das Telefonat führt, so als tue er das ganz nebenbei, zwischen allen anderen Terminen. „Das Wichtigste für uns ist es, die Grundursachen des Konflikts zu beseitigen.“
Das ist die russische Formulierung für die Unterwerfung der Ukraine. Dafür hat Putin seine „Spezialoperation“ gestartet. Die Ziele werde Moskau ohnehin erreichen, heißt es am Tag des Telefonats aus dem Kreml. Ob nun mit Trump oder ohne. Trump hört in diesen Worten lediglich Lobhudeleien. Moskau derweil hängt ihm „Nudeln um die Ohren“, wie die Russen sagen, wenn sie jemanden in die Irre führen.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Putin hängt Trump „Nudeln um die Ohren“
Putin schmeichelt Trump. Er tut das zwei Stunden lang am Telefon. In der Sache aber bewegt er sich keinen Millimeter.