Innerhalb von 24 Stunden werde er den Krieg in der Ukraine beenden, sagte Donald Trump während seines Wahlkampfs in den USA. Das Geschwätz eines Demagogen scheint seitdem zu einer Art Formel für den Frieden geworden zu sein. Wie auf einen Messias warten da manche, in den USA, in Europa, ja selbst in Russland, um endlich ihre Ruhe zu finden. Endlich Frieden. Doch welcher Art wäre ein solcher „Deal“ und mit wem will Trump über seine Vorstellung von Frieden verhandeln? Eine wirklichkeitsverleugnende, naive, opportunistische, ja zynische Vorstellung.
Bislang sind lediglich Umrisse seines „Friedensplans“ bekannt, sein künftiger Ukraine-Unterhändler, Ex-General Keith Kellogg, hatte darüber gesprochen: Die Ukraine müsste auf die besetzten Gebiete verzichten, wie sie auch auf eine Aufnahme in die Nato verzichten müsste. Wenn Kiew Verhandlungen ablehne, hörten die USA auf, der Ukraine Waffen zu liefern, so die Drohung. Russland derweil solle einer entmilitarisierten Zone zustimmen, die von europäischen Soldaten bewacht würde. Tue es das nicht, lieferten die USA noch mehr Waffen an die Ukraine.
Zum einen ist der „Plan“ eine Aufforderung zur Kapitulation an die Ukraine. Zum anderen lässt sich der russische Präsident keinesfalls auf westliche Soldaten praktisch vor seiner Haustür ein. Auf das Abspeisen durch „Einfrieren“, während ukrainische Truppen auf russischem Territorium in der Region Kursk stehen, ginge Moskau erst recht nicht ein. Der Kreml-Sprecher Dmitri Peskow, aber auch Putin selbst, hatte diese Idee bereits mehrfach abgelehnt. Russlands propagandistischer Extrem-Talker Wladimir Solowjow formulierte es nach der Trump-Wahl so hetzerisch, wie es seine Zuhörer gewohnt sind: „Wir brauchen den Sieg! Wir brauchen keine Verhandlungen! Wir pfeifen auf eure Pläne. Wir werden euch vernichten!“
Putin hatte mit der Ausrufung seiner „militärischen Spezialoperation“, wie der Krieg in Russland offiziell immer noch genannt werden muss, genau das zu verhindern versucht: dass die Nato, ja der Westen mit seiner militärischen Kraft an die russische Grenze rückt. Die Ziele seiner „Operation“ hat Putin nie geändert: Das ist die Zerstörung der Ukraine. Moskau will das Nachbarland, dem er das Existenzrecht abspricht, unterwerfen oder zumindest als Satellitenstaat kontrollieren. Putin betont es immer wieder: Der Westen sei es, der den „Konflikt in der Ukraine“ vorbereitet habe und provoziere. „Wir sind nicht schuld“, heißt es in nahezu jedem seiner Auftritte.
Das Regime Putin baut auf einer Ideologie der Gewalt, es hat Angst vor Opposition, erschafft Feindbilder, pflegt die Menschenverachtung. Es ist sexistisch, offen homophob, hasserfüllt, spricht die Sprache populistischer Versprechungen und sieht jegliche Kritik als Verschwörung und Verrat an. Es ist unberechenbar und stellt demokratische Grundlagen in Frage. Mit wem will der Westen über „Frieden“ verhandeln, wenn es Putin um die fundamentale Änderung der Machtordnung in Europa geht? Es ist längst Zeit, sich von den gefährlichen Illusionen gegenüber Putin zu trennen.
Er verweist immer wieder auf seine Forderungen, die er 2021 formuliert und im Juni 2024 wiederholt hatte: Die Nato solle sich aus Osteuropa zurückziehen, die USA sollten nur unter Beschränkungen ihre Waffensysteme in Europa stationieren, für Sicherheitsgarantien in der Ukraine sorge derweil Russland. Das Regime fährt gut mit dem Krieg, es hat seine Wirtschaft auf Krieg umgestellt, seine repressiven Gesetze setzt es ein, um Kritiker mundtot zu machen. Die russische Bevölkerung lebt in Apathie und Angst, der Staat kann schalten und walten und den Familien ihre Söhne entreißen. Für Putin ist Krieg Frieden – ganz nach George Orwell.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Nicht mit Putin
Inna Hartwich findet es naiv zu denken, dass Donald Trump in der Ukraine für Frieden sorgen kann