Morgenröte des Sieges nennt Russland die Großoffensive, die endlich das Grauen des fast sechsjährigen Krieges in Syrien beenden soll. Gemeinsam mit seinem Schützling Baschar al-Assad, dem syrischen Präsidenten, setzt Wladimir Putin voll auf militärischen Sieg. Eine Strategie, die, wie er hofft, der neugewählte US-Präsident Donald Trump mit ihm teilt oder zumindest tatenlos hinnimmt.
Welche Alternativen zu einem grauenvollen Gemetzel durch hochtechnologisches Kriegsgerät bieten sich überhaupt noch in diesem blutigen Schlamassel in Syrien an? Nach aktuellem Stand ist keine der beiden beteiligten Kriegsparteien, wiewohl ausgeblutet und erschöpft, zur Aufgabe bereit.
Weder Assads schwer demoralisierten Streitkräfte, die nur die unerbittliche Entschlossenheit des durch den Iran, die libanesische Hisbollah und vor allem Russland gestärkten Despoten nicht zu Massendesertationen treibt. Noch die Rebellen, die, weitgehend unter Führung der kampferprobten "Nusra"-Front, nicht bereit sind, die Vision eines islamischen, von Jahrzehnten der Assad-Diktatur befreiten Syriens gegen die Aussicht auf blutige Verfolgung durch einen siegreichen Diktator einzutauschen.
Dieser Position schließen sich immer mehr gemäßigtere Gruppen an. Solange zumindest, als ihnen die - eigennützige - Unterstützung äußerer Kräfte (Türkei, Saudi-Arabien, Katar) weiterhin sicher ist. Das dürfte sich auch nicht entscheidend ändern, wenn der künftige US-Präsident Trump seine Ankündigung auf einen Hilfsstopp an "gemäßigte Rebellen" wahr machen sollte.
Es ist die militärische Unterstützung von außen, die diesen Krieg zu einer einzigartigen humanitären Katastrophe eskalieren ließ. Jede weitere Waffenhilfe kann die Qualen für die Zivilbevölkerung nur noch verlängern, und zwar ohne Aussicht auf ein Ende.
Was kann Europa tun? Sanktionen gegen Russland zur Verhinderung weiterer Kriegsverbrechen, werden, wie die Vergangenheit zeigt, ihr Ziel verfehlen. Nur eine Verständigung, die gemeinsame Suche nach Dialog und einer Friedenslösung, für die Putin durch seinen Einfluss auf Assad den stärksten Hebel besitzt, könnte den Syrern Hoffnung bringen.
Europa kommt dabei eine wichtige Vermittlerrolle zu. Auch dem Kreml muss klar sein, dass ein militärischer Triumph Assads über seine Gegner ein Pyrrhussieg wäre, der dem Land noch mehr blutige Katastrophen beschert.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Die Hoffnung trügt