Applaus aus falscher Ecke

Inge Günther zum Antrittsbesuch von Heiko Maas in Israel

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Inge Günther
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Die deutsch-israelische Freundschaft zu pflegen und gleichzeitig kritische Worte zur Siedlungspolitik der Netanjahu-Regierung zu verlieren, ist ein Balanceakt. Heiko Maas hat sich als neuer Bundesaußenminister jetzt erstmals in dieser Übung versucht, ohne anzuecken. Viel mehr ist von einem Antrittsbesuch kaum zu erwarten. Zumal in seinem Fall die Vorbereitungszeit kurz geriet und die Diplomatie Neuland für ihn ist.

Erschwerend kommt hinzu, dass der alte Nahostkonflikt eine schier aussichtslose Angelegenheit ist, bei der selbst Erfahrenere kaum noch weiter wissen. Also hat Maas auf Harmonie gemacht, was nach außen hin mitunter allzu seicht wirkte. Als ob es ihm primär darum ging, jegliche Positionierung zu vermeiden. Mit einer Ausnahme: Dass ihm die deutsche Verantwortung für den Holocaust eine Herzensangelegenheit ist, hat er in Israel sehr glaubwürdig demonstriert.

Nur muss er aufpassen, sich deswegen noch nicht von israelischen Ultranationalisten vereinnahmen zu lassen. Echte Freundschaften halten zwar Meinungsunterschiede aus. Aber wenn Justizministerin Ajelet Schaked, bekannt für rassistische Pauschalurteile über Palästinenser, Maas als „wahren Freund Israels“ bezeichnet, ist dies nicht unbedingt ein Kompliment für einen deutschen Außenminister, der nach eigenem Bekunden höchsten Wert auf Menschenrechte legt. Israelis reden gerne Tacheles. Vielleicht lernt Maas dies bis zum nächsten Besuch ja auch.

Korrespondent Inge Günther, 63Jahre, studierte in Köln Heilpädagogik, sattelte anschließend auf Journalismus um und machte ein Zeitungsvolontariat bei der Frankfurter Rundschau. Seit 1996 arbeitet sie als Korrespondentin in Jerusalem mit einjähriger Sabbatical-Unterbrechung 2004/2005 in Kalifornien.