Vogelstang - Mit einem "Who is Who" der Orgelmusik enden beim Konzert von Sebastian Osswald die 16. Kulturtage

Und heiter dreht sich der Zimbelstern

Von 
Astrid Mader
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Es stimmt: Eine Orgel kauft man sich nicht jeden Tag. Und gewöhnlich sind es auch nicht Privatpersonen, die sich ein solches Rieseninstrument zulegen, sondern Kirchengemeinden und eventuell noch Musikhochschulen. Kein Wunder, dass jede Gemeinde zu ihrem Prunkstück ein ganz besonderes Verhältnis hat. Nicht selten übernehmen einzelne Personen sogar Orgelpfeifen-Patenschaften, damit das wirkmächtige Registerwerk finanziert werden kann. Mit Spannung erwarten Paten und Gemeinde denn auch jedes größere Orgelkonzert, und die Freude ist in der Regel groß, wenn alles klappt, wie es soll.

So geschah es auch jetzt wieder, als Organist Sebastian Osswald, seit einigen Jahren an der Mitgestaltung der Kulturtage Vogelstang beteiligt, das große Abschlusskonzert der 16. Kulturtage gestaltete. Bei einem kleinen musikalischen Spaziergang durch einen Garten westeuropäischer, musikalischer Prachtentfaltung begegnete das aufmerksame Publikum schier den schönsten Blüten der Orgelmusik. Gleich drei Werke von Bach standen auf dem Programm: die berühmte Toccata und Fuge d-moll, BWV 565, das unvergessliche Air aus den Brandenburgischen Konzerten und der Choral "Jesus bleibet meine Freude" aus der Kantate Nr. 147.

Danach durften sich die Zuhörer über Mendelssohn-Bartholdys Hochzeitsmarsch freuen, den Osswald mit vollem Haupt- und Schwellwerk zum Klingen brachte. Nur einer wollte nicht so recht: Der Zimbelstern. Einen kleinen Schubs mit einem Besen müsse man ihm geben, erklärte der Organist dem erstaunten Publikum. Der Stern mit seinem Glockenwerk sei ein eigenwilliger Genosse, wolle nicht immer so, wie er es sich wünsche. Und nachdem man den Stern mit leichter Berührung zur Raison gebracht hatte, ließ er denn in Elgars Trio aus "Pomp and Circumstances" auch nicht auf seinen Einsatz warten. Heiter drehte er sich zu den festlichen Klängen der unteren Register. Das war eine große Freude.

Samtig-weiche Melodielinien

Mit einer Adaption für die Orgel von Camille Saint-Saëns' Schwanenlied aus dessen Orchesterwerk "Karneval der Tiere" gelang es dem Organisten, eine stille, lyrische Atmosphäre zu schaffen. Diese begegnete auch innerhalb der "Suite Gothique" des Franzosen Leon Boellmann wieder. Deren dritter Satz, das "Prière" oder "Gebet", erklang in samtig-weichen Melodielinien, über und unter ganze Passagen bestimmenden Akkorden. Verträumt.

Aber auch überraschend wirkte dieser langsame Satz und zeigte, was auf der kleinen Lieb-Orgel besonders gut gelingt: Das Herausstellen einzelner Töne, eine sachte Achtsamkeit, die den einzelnen Klang ernst nimmt. In diesem Jahr wird die Orgel zehn Jahre alt.

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