Immobilien - Auftraggeber sollten aufpassen – nicht jede Verzögerung ist auf die Corona-Krise zurückzuführen / Gespräch suchen

Bei Baustopp genau hinschauen

Von 
Falk Zielke
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Auf manchen Baustellen sind die Arbeiten wegen der Corona-Pandemie ins Stocken geraten. Bauherren sollten aber prüfen, ob das wirklich der Grund ist. © dpa

Berlin/Köln. Die Wohnung ist gekündigt, die Kisten sind gepackt. Der Einzug ins neue Haus steht kurz bevor. Doch dann ist das neue Haus nicht fertig. Dieses Szenario dürfte einige Bauherren in diesen Tagen treffen. Denn die Corona-Krise hat auf vielen Baustellen mittlerweile ihre Spuren hinterlassen. Zwar gelingt es den Bauunternehmen größtenteils, den Baustellenbetrieb aufrechtzuerhalten. Bauherren müssen aber damit rechnen, dass es immer wieder zu Verzögerungen kommen kann. Das zeigt eine verbandsinterne Umfrage des Zentralverbands Deutsches Baugewerbe (ZDB).

Demnach registrieren derzeit 80 Prozent der Firmen Störungen in den Abläufen. Fast die Hälfte der befragten Unternehmen berichtet von Lieferengpässen (43 Prozent). Auch Einschränkungen auf der Auftraggeberseite führen oft zu Behinderungen im Ablauf (43 Prozent). Allerdings ruckelt es nicht überall gleichermaßen: Rohbauten seien nicht so häufig von den Verzögerungen betroffen, so Erik Stange vom Bauherren-Schutzbund. „Vor allem beim Ausbau gibt es Verzögerungen.“ Der Grund: Heizungs-, Elektro- und Lüftungsinstallationstechnik kommen oft aus Asien. Hier gebe es häufig Lieferverzögerungen mit der Folge, dass die Firmen die Teile nicht einbauen können.

Firmen haben Hinweispflicht

Stange nennt ein weiteres Problem: „Firmen gehen jetzt oft mit pauschalen Schreiben auf die Bauherren zu.“ In diesen Briefen werden Verzögerungen oft allgemein auf die Corona-Krise geschoben. „Das passiert mitunter aber auch, wenn es vorher schon Probleme gegeben hat“, hat Stange beobachtet. „Begründet wird das dann einfach mit der aktuellen Situation.“ So einfach dürfen es sich Bauunternehmen allerdings nicht machen. Kann eine Firma die vertraglich vereinbarte Leistung nicht erbringen, muss ein Bauherr eine sogenannte Behinderungsanzeige bekommen. „Diese Hinweispflicht muss der Unternehmer erfüllen“, erklärt Rechtsanwalt Lars Markmann von der Arbeitsgemeinschaft Bau- und Immobilienrecht im Deutschen Anwaltverein.

Ein einfacher Hinweis, dass die Arbeiten in Verzug geraten, reicht in der Regel nicht aus. „Der Unternehmer muss schon ein paar Worte darüber verlieren, was sich warum verzögert“, erklärt Markmann. Kann der Unternehmer das nicht, wird das auch für ihn oftmals später zu einem Problem. „Spätestens vor Gericht kann der Unternehmer in Darlegungsnot geraten.“ Ein häufiges Problem für Bauherren: „Viele Behinderungsanzeigen sind nicht ohne Weiteres nachvollziehbar“, so Markmann. In so einem Fall sollten Bauherren sich an das Unternehmen wenden und um Aufklärung bitten.

Liegen die Arbeiten auf der Baustelle brach, sollten Bauherren das Unternehmen schriftlich auffordern, die Arbeiten fortzusetzen. „Dafür sollten Sie eine Frist setzen“, rät Stange. Am besten mit konkretem Datum. Aus seiner Sicht ist zudem wichtig, dass Bauherren nur das zahlen, was vertraglich geregelt ist. Wer eine Rechnung bekommt, sollte prüfen, welche Leistungen die Firma darin abrechnet. Zahlen sollten Bauherren nur für tatsächlich erbrachte Leistungen. Bauherren könnten ihre ursprüngliche Planung auch noch mal überdenken. Wer zum Beispiel auf nicht lieferbare Fliesen warte, könne jetzt nach Alternativen suchen, damit die Arbeiten wieder in Gang kommen.

Wenn durch die Verzögerungen der Termin der Fertigstellung nicht eingehalten werden kann, verschiebt sich auch der Umzug. Die Haftungsfrage ist in diesem Fall vermutlich nicht einfach zu beantworten, erklärt der Verband Privater Bauherren (VPB). Denn Schadensersatzansprüche setzen immer ein Verschulden voraus. Angesichts der Pandemie sei das Führen eines Entlastungsbeweises im Einzelfall gut denkbar, erklärt der VPB. Bei Bauvorhaben, die vor der Pandemie begonnen haben, wird oftmals höhere Gewalt vorliegen. dpa

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