Pandemie

Curevac-Investor Hopp: Entscheidung zum Rückzug ist sinnvoll

Von 
Alexander Jungert
Lesedauer: 
Das Pharmaunternehmen Curevac hat die Zulassung seines Corona-Impfstoffes zurückgezogen. © dpa

Mannheim/Tübingen. Das Tübinger Biotech-Unternehmen Curevac stoppt seinen ersten Covid-Impfstoff und zieht das Vakzin aus dem Zulassungsverfahren zurück. Das Unternehmen will jetzt Vorreiter sein bei einem neuen, modifizierten Impfstoff. „Wir sehen, dass wir mit CVnCoV nicht mehr Teil der ersten Welle von Pandemie-Impfstoffen sein können. Aber wir haben die feste Absicht, gemeinsam mit unserem Partner eine Vorreiterrolle bei der Entwicklung eines neuen, verbesserten Impfstoffs der zweiten Generation einzunehmen“, erklärt Vorstandschef Franz-Werner Haas. Man gehe davon aus, dass eine Zulassung für den ersten Impfstoff bei der Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) frühestens im zweiten Quartal 2022 erfolgt wäre.

Einen förmlichen Zulassungsantrag für den Impfstoff CVnCoV gab es allerdings nicht, CVnCoV befand sich noch im sogenannten rollierenden Verfahren für eine Zulassung. Die EMA teilt mit, dass sie dieses Verfahren der Prüfung fortlaufend eingereichter Daten zu dem Impfstoff nach einer entsprechenden Benachrichtigung von Curevac nun beendet habe.

Der größte Investor Dietmar Hopp kann die Entscheidung von Curevac verstehen, den Impfstoff zurückzuziehen. „Nachdem zu erwarten war, dass Curevac frühestens im nächsten Jahr – wenn überhaupt – eine Zulassung für die Version 1 bekommen würde, halte ich die getroffene Entscheidung für mehr als sinnvoll“, erklärt er auf Anfrage dieser Redaktion. Hopp finde es richtig, „jetzt mit einem sehr starken Partner GSK und maximaler Entwicklungskraft der Curevac“ weitere Impfstoffe zu beschleunigen.

Der Mitgründer des Walldorfer Softwarekonzerns SAP ist über die Beteiligungsgesellschaft dievini an Curevac beteiligt. In den vergangenen Monaten hatte sich Hopp mehrfach zu dem Unternehmen bekannt und klar gemacht, dass er fest an den Erfolg glaube.

Seit Ende Juni ist klar, dass die Wirksamkeit des Impfstoffes der ersten Generation niedriger ist als die einiger anderer Impfstoffe. Das Biotechunternehmen war Anfang Juli davon ausgegangen, dass die EMA den Impfstoff trotz geringer Wirksamkeit zulassen werde. Das Curevac-Präparat kommt einer finalen Analyse zufolge auf eine Wirksamkeit von 48 Prozent gegen eine Covid-19-Erkrankung über alle Altersgruppen hinweg. Damit ist es insgesamt deutlich weniger wirksam als einige andere Impfstoffe – obgleich es sich als gut verträglich erweist. Wegen der geringeren Nachfrage nach seinem Corona-Impfstoff hat Curevac Mitte September bekannt gegeben, das Produktionsnetz zu verkleinern. Die Verträge mit Wacker Chemie sowie Celonic sind gekündigt. Die Schweizer Celonic-Gruppe betreibt auch ein Werk in Heidelberg.

Die vorproduzierten Dosen werden laut Haas vernichtet. Um wie viele es sich handelt, will er nicht sagen. Als unmittelbare Folge des Rückzugs ende der Vorvertrag mit der Europäischen Kommission, in dem CVnCoV für den akuten Pandemiebedarf vorgesehen war, sagt Haas. Er gehe nicht davon aus, dass Vorauszahlungen der EU in Höhe von 450 Millionen Euro zurückgezahlt werden müssen. Damals sei man davon ausgegangen, dass die Entwicklung eines Impfstoffs gewisse Investitionen erfordere. „Es war keine Vorauszahlung auf zu liefernde Dosen.“

Mit der Bundesregierung, die Anteile an Curevac hat, sei man im Gespräch. Der Bund war im vergangenen Jahr über die Aufbaubank KfW mit 300 Millionen Euro bei Curevac eingestiegen und hält laut KfW damit einen Anteil von 16 Prozent. Zu weiteren Verträgen oder möglichen Rückzahlungen kann Haas zunächst keine Stellung nehmen. „Das wäre zu verfrüht.“ Curevac prüfe, inwieweit die in diesem Zusammenhang eingegangenen Verpflichtungen auch auf die Impfstoffkandidaten der zweiten Generation übertragen werden können.

Curevac und GSK gehen davon aus, dass sie in den nächsten Monaten in die klinische Entwicklung eintreten werden. Ziel ist laut Haas, die behördliche Zulassung für die Marktreife eines verbesserten Covid-19-Impfstoffs im Jahr 2022 zu erreichen. Im Vergleich zum ersten Impfstoff weise CV2CoV in Tiermodellen eine bis zu zehnfach höhere Immunogenität auf.

Anleger haben am Dienstag geschockt auf die Nachrichten aus Tübingen reagiert: Der Aktienkurs verlor am Nachmittag rund 14 Prozent an Wert. (mit dpa)

Redaktion berichtet aus der regionalen Wirtschaft

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen