Der "King" hat es schon immer gewusst. "Viva Las Vegas" sang einst Elvis Presley in dem Film-Musical "Tolle Nächte in Las Vegas". Inzwischen machen die vielen Millionen Besucher in der Metropole in der Wüste Nevadas die Nacht zum Tag. Schon aus mehr als 100 Kilometer Entferung ist beim Anflug der riesige Lichtkegel am Horizont zu sehen. Doch Vegas ist nicht nur wegen seiner vielen Shows und Casinos weltberühmt. Einmal im Jahr trifft sich das Who is Who der Elektronikbranche zur Consumer Electronics Show (CES) in der Spieler-Metropole.
Mit dabei ist auch der deutsche Weltkonzern Schaeffler. Bei dem Zulieferer dreht sich auf der größten Elektronikmesse der Welt (5. bis 8. Januar 2017) fast alles um das Thema "Elektromobilität". Vor allem steht das Engagement in der Formel E im Blickpunkt. Schaeffler zählt zu den Pionieren und entwickelt als exklusiver Technologiepartner mit dem Team Abt Schaeffler Audi Sport den Antriebsstrang des Elektro-Boliden "Abt Schaeffler FE02".
Und die Formel E ist längst auch zu einem Testfeld für die Entwicklung zukünftiger Automobil-Antriebstechnologien geworden. "Das Engagement in der Formel E hilft uns, Umfeld und Systeme der Elektromobilität besser zu verstehen", erläutert Schaeffler-Vorstand Prof. Peter Gutzmer. Die Ingenieure nutzen das im Rennsport gewonnene Know-how für aktuelle Systeme wie Hybridmodule und elektrische Antriebsachsen, aber auch für weitere Zukunftstechnologien.
Auf der Rennstrecke ist derzeit noch Winterpause, doch in der virtuellen Welt steht die Startampel weiter auf Grün. Während der CES geht nämlich das erste Formel-E-Rennen des Jahres 2017 über die Bühne - und zwar im Fahrsimulator. Denn in Las Vegas messen sich die regulären Formel-E-Fahrer mit privaten Simulations-Spezialisten, die sich im "Race to Vegas" für das Spektakel qualifiziert haben. Der Clou dieser coolen Nummer: Dem Sieger winkt ein Preisgeld von 1 Million US-Dollar (950.000 Euro).
Simulatoren spielen auch für die Rennfahrer und Teams eine große Rolle - egal, ob in der Formel E, der Formel 1 oder im Tourenwagen-Sport. Denn so lernen sie vor dem Saisonstart die verschiedenen Rennstrecken am besten kennen. "Bei uns geht es vor allem darum, die richtige Fahrstrategie für Team, Fahrer und Fahrzeug zu finden", berichtet Dr. Simon Opel, Leiter Sonderprojekte Motorsport bei Schaeffler. Für den Kompromiss zwischen Performance und Effizienz seien regelmäßige Trainings am Simulator unverzichtbar, so Simon Opel.
Seit der Saison 2015/2016 erlaubt das Reglement der Formel E die Entwicklung eines eigenen Antriebsstrangs. Zentral für den Rennerfolg ist das Zusammenspiel zwischen dem E-Motor inklusive Leistungselektronik mit Getriebe und Fahrwerk, das durch die Software und auch durch den Fahrer maßgeblich beeinflusst wird. "Bei einer festen Übersetzung würden wir einen drehmomentstarken, relativ schweren Motor benötigen", erläutert Opel. "Daher haben wir uns für drei Gänge entschieden - so ist der Motor leichter und der Fahrer kann die Drehzahl direkter beeinflussen."
Die Herausforderung für die Piloten ist unter anderem, die richtigen Segel- und Rekuperations-Phasen zu finden, erklären die Experten. Es kommt auf das richtige Timing an - insbesondere beim Bremsen, wenn die Bremsenergie vom Elektromotor in die Batterie zurückgespeist werden soll und zusätzlich zur mechanischen Bremse verzögert. Das Know-how wandert direkt von der Rennstrecke in die Entwicklungsabteilungen.
48-Volt-Hybridmodule sind der kostengünstigste Einstieg in die Welt der Elektroantriebe. Mit ihnen können Autos elektrisch anfahren, rein elektrisch die Geschwindigkeit im Stadtverkehr halten und Bremsenergie zurückgewinnen. Damit bieten sie laut Schaeffler bereits zu geringen Kosten ein erhebliches CO2-Einsparpotenzial. Leistungsstarke Hochvolt-Antriebskonzepte wiederum ermöglichen das rein elektrische Fahren über weite Strecken. Das P2-Hochvolt-Hybridmodul von Schaeffler soll bereits 2017 in Serie gehen. Es bietet nach Angaben der Ingenieure mit seinem breiten Drehmomentbereich ein hohes Potenzial, um Verbrauch und Emissionen von Straßenfahrzeugen zu reduzieren.
Eine andere Antriebsform stellen elektrische Achsen dar. Hier sorgt der Elektromotor auf derjenigen Achse für Traktion, die nicht vom Verbrennungsmotor angetrieben wird. Hybridfahrzeuge können so mit Hilfe einer elektrischen Achse einen Allradantrieb erhalten. Die E-Achse eignet sich aber auch für rein elektrisch angetriebene Fahrzeuge ohne Verbrennungsmotor.
Und Schaeffler hat in der Spielerstadt Las Vegas noch ein weiteres Ass im Ärmel: den Radnabenantrieb. Bei dieser Technik sind alle notwendigen Komponenten, wie Elektromotor, Leistungselektronik, Bremse oder Kühlung in der Felge verbaut. Dies soll Platz sparen und Ideen und Spielraum für zukünftige Raumkonzepte ermöglichen. "Wir haben die Vorentwicklung des E-Wheel Drive so weit vorangetrieben, dass wir mit konkreten Projekten in die Umsetzung gehen können", sagt Sebastian Wielgos, bei Schaeffler für das Entwicklungsprogramm E-Wheel Drive verantwortlich. Jetzt fehlt eigentlich nur der erste Titelgewinn in der Formel E, dann hätte Schaeffler tatsächlich den Jackpot geknackt - und das nicht nur in Las Vegas.
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