Mannheim. Der Herbst ist da. Und neben den bunten Blättern fallen mir als Single aktuell die vielen glücklichen Paare besonders auf. Viele Alleinstehende sind inzwischen ausschließlich auf Flirt-Apps wie etwa Tinder oder Bumble unterwegs, bei denen Begriffe wie „Freundschaft plus“, „Red Flags“ (Warnzeichen) oder „Ghosting“ zum Alltag gehören. Kann man sich überhaupt noch im echten Leben verlieben? Und was sollte man bei den Apps beachten?
Elwin Ardelean
- Elwin Ardelean wurde 1983 in Heidelberg geboren. Zu seiner nebenberuflichen Tätigkeit als „Date Doctor“ ist er eher zufällig gekommen: Er wollte einem Freund helfen, der ein Mädchen gut fand. Die Frau hat sein Kumpel zwar nicht bekommen - dafür ist in Ardelean der Wunsch erwacht, als Flirtcoach anderen dabei zu helfen, selbstbewusster auf Menschen zuzugehen.
- Er lehnt Pickup-Artists - Menschen, die ihren Schützlingen zeigen, wie man Frauen aufreißt - ab. Stattdessen rät er Flirtwilligen, authentisch zu sein und an sich zu arbeiten, um zu jemandem zu werden, der auf natürliche Weise Menschen in sein Leben lässt. Er selbst ist seit fünf Jahren in einer glücklichen Beziehung.
- Er ist erreichbar per Mail an elwin@theflirtacademy.de cap
Ich treffe mich mit dem Flirtcoach Elwin Ardelean im Luisenpark. Er ist groß, trägt Glatze und einen Kinnbart - außerdem hat er ein Lächeln, das Eisberge schmelzen lassen kann. Als Flirtcoach arbeitet der 41-Jährige nebenberuflich. Vieles an Wissen, das er weitergibt, hat er sich durch den respektvollen Umgang mit Frauen angeeignet. „Durch Zuhören und Dinge probieren“, erzählt er. Gut zuhören ist eine Stärke des Heidelbergers, der seit fünf Jahren in einer glücklichen Beziehung ist. Er hat einige Flirttipps parat.
Offen sein
Ardelean rät dazu, sich nicht allzu sehr festzulegen, was man nun eigentlich sucht. Sonst verpasse man vielleicht eine schöne Verbindung mit einem anderen Menschen, für die es am Anfang kein festes Label gebe, erklärt er. Weil sie sich möglicherweise langsam entwickelt. „Es lohnt sich, in der Gegenwart zu leben, statt der Vergangenheit nachzuhängen oder zu weit in die Zukunft zu planen“, sagt er. „Sonst vergisst man, den Moment zu genießen.“
Mit Abfuhren umgehen
Wer sich ins Datingleben stürzt, wird über kurz oder lang auch Abfuhren bekommen. Oder, wie es inzwischen heißt, „gekorbt werden“. Denn keiner ist davor gefeit, dass man nach dem ersten Date „geghostet“ wird, indem der Flirtpartner plötzlich wie ein Geist verschwindet, oder „gebreadcrumbed“, also abserviert zu werden, kurz bevor es überhaupt zum ersten Treffen kommt. „Ghosting ist einfach der leichte Weg, tschüss zu sagen“, bedauert Ardelean. Das gehört laut Flirtcoach dazu - und man sollte sich davon nicht die gute Laune kaputtmachen lassen.
Von Misserfolgen sollte man sich daher nicht abhalten lassen. „Krone richten, weiterlaufen“, rät Ardelean. „Für mich ist es immer so gewesen: Wenn eine Frau mir einen Korb gegeben hat, dann hat sie mich für sich aussortiert“, erklärt er mit ruhiger Stimme. Also nichts, was man persönlich nehmen sollte. Und jemandem hinterherzurennen, der einen sowieso nicht will, bringt auch nichts, betont er.
Authentisch sein
Authentizität spielt beim Flirten eine wichtige Rolle. Denn nur wenn man sich dem oder der anderen so zeigt, wie man ist, könne man sehen, ob man wirklich harmoniert. Wer bei Flirt-Apps jemanden anspricht, sollte den anderen nicht plump anschreiben, sondern mit Humor und einem Hauch Selbstironie, etwa indem man auf das Profil eingeht.
Jemanden ansprechen
„Alles, was man will, ist außerhalb der eigenen Komfortzone“, sagt Ardelean. Doch Flirten kann man lernen, beruhigt er. „Jetzt sind wir bei den Werkzeugen.“ Auch das Ansprechen kann man üben. Es muss nicht gleich ein klischeehafter Anmachspruch sein. Lieber einer Fremden ein Kompliment machen. Das könne die nette Verkäuferin sein, die uns gut beraten hat. Oder in der Straßenbahn eine Passagierin, die ein schickes Outfit trägt. „Wenn ich mit jemandem sozial warm werden will, dann gehe ich hin und sage: Hey, das ist ein richtig cooler Pullover“, sagt Ardelean. „Die Leute denken: Oh krass, jemand sieht mich.“
Ein Kompliment müsse nicht unbedingt dazu führen, dass man eine Telefonnummer abgreift. Indem die andere Person sich freut, steigt auch die eigene Laune, weil positive Energie entsteht. „Ich genieße den Moment und der Rest passiert von selbst.“ Je mehr man übe, desto selbstbewusster werde man. Und auch als Frau dürfe man einen Mann ansprechen, den man interessant findet. „Also die richtigen Männer wissen es zu schätzen, wenn eine Frau mutig ist. Denn meiner Meinung nach ist das Schönste, was eine Frau machen kann, ehrlich sein und direkt Interesse zeigen.“
Wichtig sei, ohne große Erwartungen auf die andere Person zuzugehen. Denn so könne man nicht enttäuscht werden. Außerdem sollte man sich nicht unter Wert verkaufen und sich beim Flirten wohlfühlen. Denn ein Flirt soll Spaß machen und prickeln. Ardelean plädiert auch dafür, mehr zu lächeln. Denn kein Flirtsignal könne authentischer sein.
Körpersprache
Kommt es zu einem Date, empfiehlt Ardelean, die Signale und Körpersprache der anderen Personen zu lesen. „Wenn sie Augenkontakt hält und nicht die ganze Zeit wegschaut, dann ist es ein angenehmes Gespräch.“ Natürlich könne man, wenn man lieber etwas zurückhaltender ist, auch mit Hilfe von intensivem Augenkontakt und einem echten Lächeln Signale senden und damit zeigen, dass man Interesse hat.
Selbstbewusst sein
Das Outfit ist zweitrangig beim Flirten. Laut Ardelean ist es nicht wichtig, ob man casual in Jeans gekleidet ist oder im glamourösen Abendkleid. Viel wichtiger sei die Ausstrahlung, denn Selbstbewusstsein mache sexy.
Beim Coaching gehe die Reise zunächst eher zu sich selbst als zu anderen. „Hier sind wir bei einem Punkt, den ich sehr wichtig finde: dem Selbstbild“, so der Coach. „Wer soll dich lieben, wenn du dich selbst nicht liebst?“ So mancher Flirtwillige erkenne, dass sie ihr „Glücklichkeitsloch“ mit einem Partner stopfen wollen. „Sie stellen dann aber fest, dass das nicht funktioniert. Du musst erst einmal mit dir selbst klarkommen“, sagt er. „Es geht darum, Stabilität zu bekommen, Selbstvertrauen aufzubauen.“
Es gebe zudem Phasen, in denen man als Single verletzlicher sei, etwa weil man sich gerade besonders stark nach einem Partner oder einer Partnerin sehne. „Dann wird man ein bisschen farbenblind - und eine Red Flag wird zu einer Yellow Flag.“ Er rät, generell mehr auf sein eigenes Bauchgefühl zu hören und zu vertrauen, was einem guttut.
Eine neue Liebe sollte man nicht brauchen, sondern wollen
Nicht alle Personen eigenen sich übrigens als potenzielle Partner, betont Ardelean. Beispielsweise der süße Typ, der frisch getrennt ist, für den man wohl nur eine Lückenbüßerin sein wird. „Das ist eine Red Flag“, warnt der Coach und wedelt mit den Händen wie mit einer imaginären Flagge. Er lacht und rät zur sofortigen Flucht. „Bei einer Rebound-Beziehung ist man lediglich ein Ersatz für jemand anderes, das ist nicht so nett.“
Ardelean empfiehlt, sich sein Leben so zu gestalten, dass man auch ohne Freund oder Freundin Spaß hat. Also nichts erzwingen. Eine neue Liebe sollte man nicht brauchen, sondern wollen. „Denn in dem Moment, in dem du jemanden brauchst, hast du fast schon verloren.“ Es helfe auch, sich davon freizumachen, was andere von einem denken, so der 41-Jährige.
Schließlich betont er, dass es absolut okay ist, wenn man Single ist. „Es ist nicht besser, in einer Beziehung zu sein, als Single zu sein“, sagt er. Man sollte den Moment genießen, mutig auf Menschen zugehen und mit Komplimenten positive Energie erzeugen. „Sei du selbst, mutig, sei sexy, indem du ehrlich und offen bist.“ Außerdem empfiehlt er, sich in der Anfangsphase nicht auf einen einzigen Mann oder eine einzige Frau zu fokussieren, sondern auch anderen eine Chance zu geben. Exklusivität sollte man sich für die Person aufheben, die es wert ist, dass man sich ganz auf sie einlässt. „Und bis dahin: Genießt das Leben als Single.“
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