Ilvesheim. Von Menschenhand ist Molly sicherlich noch nie etwas Schlimmes zugestoßen. Das wird sofort spürbar, wenn sie sich wie ein Baby in den Armen wiegen lässt. Allein das Schicksal war der grau-beige getigerten Katze in ihrem langen Leben nicht immer freundlich gesonnen. Und wieder einmal ist es die Verkettung unglücklicher Umstände, die sie vor einer Woche in Todesgefahr bringt. Durch ein Versehen wird sie in einer ihr völlig fremden Gegend ausgesetzt, bei tagelang prasselndem Dauerregen, ohne Futter und vor allem ohne die Tabletten, die das alte Mädchen täglich dringend einnehmen muss. Doch als die Hoffnung, sie lebend aufzuspüren, immer geringer wird, nimmt das Geschehen dank der Zusammenarbeit engagierter Ilvesheimer einen überraschenden Verlauf. Und hinterlässt wenigstens einen kleinen Funken Freude in einer von Leid und Krisen erschütterten Zeit.
Ihren Anfang nimmt die Geschichte in einem Wohnzimmer im Odenwald, genaugenommen in einem Schrank. Dort wird Molly hineingeboren. Die Hausbesitzer freuen sich über die neue Mitbewohnerin in ihrem Haus am Waldrand.
Das Tigermädchen wächst zu einer zierlichen Kätzin mit ungewöhnlich großen Augen heran. Sie ist schon fast 15 Jahre alt, als die Tierärztin eine Schilddrüsenüberfunktion diagnostiziert. Aber dank einer wohldosierten Medikation und der fürsorglichen Pflege „ihrer“ Menschen ist die Freigängerin munter und verschmust.
Mollys Besitzer erleidet tödlichen Unfall
Doch im April diesen Jahres erleidet ihr Besitzer einen tödlichen Unfall. Die Erben sehen sich gezwungen, das Haus zu veräußern. Glücklicherweise sind auch die Käufer große „Katzenversteher“: „Dass Molly bleiben darf, war für uns eine Selbstverständlichkeit. Molly sollte neben dem Verlust ihres Besitzers nicht auch noch einen dauerhaften Revierwechsel verkraften müssen. Doch das Haus am Wald muss erst noch saniert werden. Dachdecker, Kanalarbeiter, Stuckateure gehen dort ein und aus. Für eine Katze ist das Haus in dieser Phase unbewohnbar“, sagt die Tierfreundin, die eine Zwischenlösung sucht und Molly während der Bauarbeiten zu ihrer Mutter nach Ilvesheim bringt. Die Seniorin freut sich riesig, und Molly lebt sich ein, genießt als betagte ehemalige Freigängerin die geruhsamen Sofa-Tage bei der 78-Jährigen.
Katzenpeter
- „Das große Leid der Abgabekatzen“ lautet der Titel eines Seminars, zu dem Peter Wiederroth, auch Katzenpeter genannt, am Sonntag, 10. Dezember, von 15 bis 17 Uhr, im Schulungsraum des Viernheimer Tierheims einlädt. Anmeldung über Lisa.dieter@tierheim-viernheim.de
- Der Eintritt ist frei, eine Spendenbox zugunsten der Tierheimarbeit steht bereit.
- Kontakt zum Tierschutzverein Viernheim und Umgebung, Alte Mannheimer Straße 4, Telefon: 06294/21 05,
- E-Mail: kontakt@tierheim-viernheim.de
Eine typische Win-win-Situation – bis sich für Molly das Blatt wieder mal zum Schlechten wendet. In einem unbeobachteten Moment huscht sie aus der Wohnung ins Treppenhaus des Mehrfamiliengebäudes. Bis die Seniorin ihr Verschwinden bemerkt, hat bereits eine Nachbarin die vermeintlich von außerhalb stammende Katze in den Hof gesetzt. Molly bleibt noch eine Weile verdutzt sitzen und läuft dann weg.
Tierflüsterer aus Viernheim in Aktion
„Wir, Freunde und Nachbarn haben sofort mit Hochdruck nach Molly gesucht.“ Das Paar bricht zu nächtlichen Taschenlampen-Patrouillen auf, die ausgebildete Viszla-Spürnase Nandi kommt zum Einsatz. Anzeigen im Mitteilungsblatt und Flyer machen an Laternen und in Geschäften auf Mollys Schicksal aufmerksam: „Gefühlt ganz Ilvesheim hat uns unterstützt.“ In eine mit Leckerbissen gespickte, alle drei Stunden kontrollierte Freilauffalle verirrt sich so mancher Vierbeiner. Aber Molly ist nicht dabei.
Schließlich wird Peter Wiederroth vom Tierheim Viernheim – auch Katzenpeter genannt – eingeschaltet. Das Ehepaar lässt nichts unversucht. Doch da die Kleine ohnehin nur zwei Kilo wiegt, Medikamente braucht und das Wetter nasskalt ist, schwindet die Hoffnung, sie lebend wiederzufinden. Allein der Katzenpeter macht den Besitzern noch Mut und geht des Nachts mit auf Kontrollgänge: „Die waren so mit Herzblut bei der Sache, solche Leute unterstütze ich gerne.“ Bereits in 500 Fällen hat er verzweifelt suchenden Stubentiger-Besitzern geholfen, manchmal kriecht er dabei unter Autos oder ins Gestrüpp. Dennoch: „In 80 Prozent der Fälle kommen die Ausreißer von allein zurück.“ Das geschehe meist nach rund 20 Tagen, oft aber auch viel später: „Also nicht aufgeben – weitersuchen.“
Endlich, am Wochenende, erreicht alle die erlösende Nachricht: Molly ist in der Falle gelandet. Ein wenig verschnupft, aber wohlbehalten erholt sie sich inzwischen in den Armen der überglücklichen Odenwälder. Dank eines Quäntchen Glücks – aber vor allem dank der Hilfe engagierter Menschen.
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