Mannheim. 2018 trat zum Schutz von Müttern in Arbeit, Ausbildung und Studium das neue Mutterschutzgesetz in Kraft. Es sieht bei Fehlgeburt nach der 12. Schwangerschaftswoche einen Kündigungsschutz von vier Monaten vor. Anspruch auf Mutterschutz nach Fehlgeburt gibt es im Gesetz allerdings nicht. Der greift nur nach einer Entbindung. Die rechtliche Lage ist aktuell so, dass eine Fehlgeburt rechtlich im Gegensatz zur Totgeburt keine Entbindung ist.
Mutterschutz bei Fehlgeburt: Bundestags-Petition eingereicht
Das Mutterschutzgesetz orientiert sich dabei auch an der Fötus-Überlebensfähigkeit. Begründet wird der fehlende Mutterschutzanspruch bei Fehlgeburten oft damit, „dass ein körperlicher Regenerationsbedarf, wie er bei einer Entbindung regelmäßig vorliegt, bei einer Fehlgeburt typischerweise nicht gegeben“ sei, fasst der Wissenschaftliche Dienst der Bundesregierung zusammen. Doch aus der Sicht vieler Betroffener werden diese Belastungen beim Mutterschutz-Anspruch nicht genug berücksichtigt.
Im Koalitionsvertrag ist vorgesehen, die Mutterschutz-Anspruchsgrenze auf die 20. Schwangerschaftswoche herabzusetzen und so auszuweiten, so der Wissenschaftliche Dienst. „Auch der Vorschlag steht in der Kritik, weil auch er eine starre Grenzziehung bei den Mutterschutzfristen vorsieht“, heißt es.
Vor einem Jahr wurde daher eine Petition beim Deutschen Bundestag eingereicht. Sie sieht es als notwendig an, Regeneration und Verarbeiten des Verlustes zu berücksichtigen. Und sie fordert freiwillige und gestaffelte Mutterschutzregelungen für Frauen, die eine Fehlgeburt erleiden. Die Staffelung solle von einer Expertenkommission erarbeitet werden und sich auf die Anzahl der Schwangerschaftswochen beziehen.
Krankenkassen sehen Bedarf
Krankenkassen wie etwa die IKK Südwest sprachen sich für den Vorschlag des gestaffelten Mutterschutzes aus und unterstützten die Petition: „Ein Großteil der Frauen fällt durchs Raster“, so die Krankenkasse in einer eigenen Bedarfsanalyse.
Die Petition wird auch vom Netzwerk „Runder Tisch Sternenkinder Deutschland“ unterstützt. Es vereint rund 30 Vereine und Institutionen in Deutschland. Die Petentin und drei weitere Frauen haben mit Unterstützung des Vereins für Feministische Innenpolitik 2022 zudem Verfassungsbeschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht erhoben.
Die Klage beruft sich darauf, dass die Regelungen zur Mutterschutzzeit im Mutterschutzgesetz gegen den Gleichheitsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz verstießen. Und dass der Schutz- und Fürsorgeanspruch nach Art. 6 Abs. 4 auch Müttern zustehe, die ein Kind aufgrund einer Fehlgeburt verloren hätten.
Mutterschutz bei Fehlgeburt Thema im Familienausschuss
Im Mai diesen Jahres wurde in öffentlicher Sitzung des Familienausschusses ein Fachgespräch zum Thema Sternenkinder durchgeführt. Im Rahmen eines Sachstandsberichtes im Familienausschuss im Juni 2023 teilte dann das Bundesfamilienministerium zum Vorhaben „Mutterschutz nach einer Fehlgeburt“ mit, dass „dieses aktuell umfassend geprüft werde“.
Mehr als 40 000 Fälle pro Jahr
Die aus ambulanter und stationärer Versorgung bekannten Zahlen zeigen, dass es 2021 in Deutschland 39 762 registrierte Schwangerschaften mit abortivem Ausgang gab, teilt der Wissenschaftliche Dienst mit. Die Dunkelziffer aber liege höher. „Exakte Daten zur Anzahl der Fehlgeburten gibt es nicht. Dies liegt insbesondere daran, dass sie zu einem großen Teil in den ersten Schwangerschaftswochen symptomlos verlaufen und teils als Menstruationszyklus gedeutet werden“, heißt es.
Kurse in Mannheim, Infos und allgemeine Hilfe
- Termine der Austauschgruppe Folgeschwangerschaft: 20. September, 25. Oktober, 15. November, 13. Dezember. Jeder Gruppenabend ist in sich geschlossen und die Teilnahme nach vorheriger Anmeldung kostenfrei möglich. Die Termine finden in regelmäßigen Abständen, mittwochs von 17.30 bis 19 Uhr in den Räumen des SkF Mannheim in B5,20 statt.
- Kontaktdaten: Martina Merz-Richardson Tel.: 0621/120 80 13 martina.merz-richardson@skf-mannheim.de, Maria Winkler, Hebamme, Maria.winkler@skf-mannheim.de. Allgemeine Infos unter www.skf-mannheim.de
- Der nächste Rückbildungskurs für Sternenmütter startet im November 2023 (der „MM“ informiert, sobald der aktuelle Termin feststeht). Link zum Flyer: t.ly/Wqm34
- Der Kurs richtet sich an Mütter, die ihr Kind durch eine Fehlgeburt, eine Totgeburt, einen späten Schwangerschaftsabbruch oder in den ersten Lebenstagen verloren haben. Der Rückbildungskurs findet an fünf Abenden statt und dauert jeweils zwei Stunden.
- Näheres über die Informations- und Vernetzungsstelle Pränataldiagnostik Mannheim in Trägerschaft des SkF Mannheim gibt es unter www.pnd-beratung.de. Dort gibt es inzwischen auch eine landesweite Übersicht zu weiteren Angeboten für Sterneneltern (www.t.ly/6ivTO).
- Kontakt, Vernetzung und viele Infomaterialien auch abruf- und bestellbar über www.initiative-regenbogen.de see
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim_artikel,-mannheim-kein-mutterschutz-nach-fehlgeburt-frauen-legen-verfassungsbeschwerde-ein-_arid,2121142.html
Kommentar Tabu-Thema Fehlgeburt: Es ist 2023, schützt alle Mütter!