Astrologie

Merkur ist "rückläufig" - und nun? Was ein Astronom aus Mannheim zum Phänomen sagt

Merkur ist "rückläufig" und das Internet macht sich Sorgen. Aber was bedeutet das? Und warum sagen Astrologen, dass das für Chaos in unseren Leben sorgt? Wir haben im Planetarium in Mannheim nachgefragt

Von 
Moritz Vogt
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Der Himmel und die Planeten üben eine Faszination auf die Menschen aus. © Daniel Reinhardt/dpa

Mannheim. Avril Lavigne hat ihm einen Song gewidmet und in den Sozialen Medien gibt es zahlreiche Accounts, die sich mit ihm beschäftigen: Dem rückläufigen Merkur. „Mercury in Retrograte“ heißt das dann – und der kleine Planet soll in dieser Zeit für allerlei Probleme sorgen. Doch wie kann das sein, dass Planeten überhaupt laufen, geschweige denn rückwärts? Wir haben im Mannheimer Planetarium nachgefragt.

Direktor des Mannheimer Planetriums Christian Theis. © Thorsten Langscheid

Laut Direktor Christian Theis ist das Phänomen kein Grund zur Sorge. „Die Planeten bewegen sich wie die Erde um die Sonne, in derselben Richtung. Nur manche eben schneller, und andere eben langsamer. Wenn wir auf der Erde an einem Planeten vorbeiziehen, dann scheint er sich am Nachthimmel statt von Osten nach Westen eben andersherum zu bewegen. Man kann sich das vorstellen, wie wenn man zum Beispiel mit dem ICE eine S-Bahn überholt. Aus dem Fenster des ICE sieht es aus, als würde sich die S-Bahn rückwärts bewegen, obwohl beide in dieselbe Richtung fahren.“ Theis betont immer wieder, dass es sich dabei um eine optische Illusion handelt, und die Planeten weiterhin völlig gleichmäßig ihre Bahnen ziehen.

Rückläufige Planeten: Nicht nur Merkur kann "rückläufig" werden

Bei Planeten wie Mars oder Saturn könnte man diese Bewegung nachts beobachten – oder besser gesagt, über mehrere Nächte. „Planeten bewegen sich sehr langsam am Himmel, das kann man nicht vergleichen mit Satelliten oder gar Sternschnuppen. Und man muss natürlich wissen, wo man hinschaut“, so Theis.

Bei Planeten, die sich näher an der Sonne befinden, als die Erde, wird es noch schwieriger. Die Venus kann man als Abend- oder Morgenstern sehen, der Merkur jedoch befindet sich nur bei Tag „über uns“ und wird meist vom Licht der Sonne verschluckt.

Planetarium Mannheim



  • Das Planetarium in Mannheim bietet Vorführungen für Erwachsene und Kinder ab 10 Jahren an. 
  • Von Schwarzen Löchern bis zur Geschichte des Weltalls werden Gäste dort begleitet von atemberaubenden Bildern in die Wissenschaft der Astronomie eingeführt. 
  • Die Vorführungen dauern etwa eine Stunde. 
  • Eintrittskarten kosten 5,50 Euro (Kinder) und 10,50 Euro (Erwachsene) 
  • Weitere Infos und Programmwww.planetarium-mannheim.de

 

Grundsätzlich kann und wird jeder Planet irgendwann einmal rückläufig erscheinen. Bei manchen kommt das sogar häufiger vor: Gerade der Merkur, der nach Auffassung der Astrologie besonders viel Chaos bringen soll, erscheint uns etwa alle drei bis vier Monate rückläufig. Laut Direktor Theis jedenfalls sollte man nicht zu viele Gedanken darauf verwenden: „Ich halte da gar nichts davon. Die Effekte verschiedener Positionen der Planeten auf die Schwerkraft kann man kaum überhaupt messen, wirklich nichts wird davon hat irgendeinen Einfluss.“

Woher kommt der Glaube an "rückläufige Planeten"? 

Warum aber glaubt die Astrologie dann an diese Effekte? „Historisch gesehen hat die Astrologie natürlich ganz alte Wurzeln“, weiß Theis. „Ganz früher, da konnte man auch nicht richtig zwischen Astronomie und Astrologie trennen. Die Ägypter beispielsweise haben anhand der Sterne ihre Aussaat bestimmt. Nur wusste man damals vermutlich nicht, dass es deswegen funktioniert, weil die Sterne gut als Kalender dienen, und nicht daran, dass man beispielsweise die Götter richtig gedeutet hat.“

Über die Zeit bewegten sich Astronomie und Astrologie immer weiter auseinander. Die moderne Astrologie schließlich, wie wir sie kennen, hat mit der Sterndeutung des Altertums und der Antike wenig zu tun. Sie entwickelte sich vor allem aus den spirituellen „New Age“-Bewegungen der 1960er Jahre in den USA.

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Diese heutige Astrologie schreibt den Sternen und anderen Himmelskörpern, wie wir sie von der Erde sehen, bestimmte Wirkungen auf Individuen auf der Erde zu. Planeten beispielsweise haben bestimmte Aspekte, die sie beeinflussen. Gerade beim klassischen Geburtshoroskop soll die Position, in der ein Planet zum Zeitpunkt der Geburt am Himmel steht, die Persönlichkeit eines Menschen beeinflussen.

"Rückläufiger" Merkur: Besser keine Verträge unterzeichnen? 

Der Merkur beispielsweise ist nach Auffassung der Astrologie „der Vermittler, durch den wir die Gedanken und Eindrücke, welche wir von der Welt haben, mitteilen können“, wie eine Astrologin im Internet schreibt. Ist er rückläufig, so soll er für Streit, Ärgernisse und Missverständnisse verantwortlich sein. Astrologinnen und Astrologen raten, man solle während dieser Zeit keine wichtigen Gespräche führen oder Verträge unterzeichnen.

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dpa
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„Das ist völliger Humbug“, sagt Theis. Zusammenhänge zwischen Astrologie und tatsächlichen Geschehnissen habe man sogar schon wissenschaftlich untersucht, aber zu stichhaltigen Ergebnissen sei man nie gekommen. „Viel an Astrologie ist einfach Lebensberatung, und, wenn man sich für die Sterne interessiert, sicherlich auch zugänglicher als Astrophysik“, überlegt Theis laut. „

Aber das hat dann nichts mehr zu tun mit der unveränderlichen, natürlichen Ordnung des Weltalls.“ Die Planeten können daher vorwärts oder rückwärts gehen – Sorgen zu machen braucht man sich deswegen nicht.

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