Die Polizeibeamtin spricht beruhigend auf die 72-jährige Seniorin aus Ellerstadt ein, als diese aus dem Auto steigt: „Bitte regen sie sich nicht auf. Das ist nur eine Routine-Kontrolle.“ Die Dame kommt gerade mit dicker Backe vom Zahnarzt und will im Drogeriemarkt hier in Fußgönheim bei Ludwigshafen einkaufen. Sie entpuppt sich indessen als echtes Vorbild für die Schwerpunktkontrolle: Sie fährt nur auf Straßen, die ihr auch vertraut sind. Die Großstadt Mannheim meidet sie ganz mit dem Auto. „Dafür habe ich die Karte ab 60. Da spart man sich sowieso jede Menge Parkgebühren“, sagt sie. Eine Auflistung aller Telefonnummern der Kinder hat sie auch mit an Bord: „Für den Fall, dass ich mir mal selbst nicht mehr helfen kann.“
Kontrolle
- An dem Kontrolltag beteiligten sich auch Präventionsexperten und Verkehrssicherheitsberater der Polizei, die Kreisverkehrswacht und Seniorenbeiräte.
- Insgesamt wurden nach Angaben der Polizei 81 Fahrzeuge kontrolliert.
- Wegen fehlenden Verbandskästen und Warndreiecken gab es elf Mängelberichte.
- Außerdem verwarnten die Beamten vier Autofahrer wegen Gurtverstößen und einen Fahrer wegen unzureichender Ladungssicherung.
Die Polizeibeamtinnen und -beamten haben am Mittwoch besonders die Autofahrer ab 65 im Blick. Am Vormittag kontrollieren sie in Fußgönheim, am Nachmittag auf dem Parkplatz des Famila-Centers in Frankenthal. Die Kontrolle hat einen ernsten Hintergrund. „Mittlerweile sind Verkehrsteilnehmer im Alter von 65 plus an jedem vierten Verkehrsunfall beteiligt“, berichtet die Einsatzleiterin und stellvertretende Leiterin der Polizeiwache Maxdorf, Ute Henn. Nicht immer seien die Senioren an den Unfällen schuld. Aber dass sie zur Risikogruppe gehören, weist auch die Unfallstatistik des vergangenen Jahres im Bereich des Polizeipräsidiums Rheinpfalz aus. Schon vor Corona lag die Zahl mit mehr als 7000 Beteiligten deutlich über dem Schnitt. Und im Nachgang der Pandemie steigen die Zahlen schon wieder auffällig an. 619 Seniorinnen und Senioren sind dabei im vergangenen Jahr verunglückt – ebenfalls ein Wert klar über dem Schnitt.
„Sich selbst hinterfragen“
„Wir wollen die älteren Autofahrer nicht aus dem Verkehr ziehen“, stellt die Polizeihauptkommissarin klar. Bei der gezielten Ansprache gehe es aber darum, für das Thema zu sensibilisieren. Die Menschen sollte sich selbst hinterfragen, ob sie noch fit sind für den Straßenverkehr und ob sie alle Möglichkeiten und Hilfsmittel in Anspruch nehmen, um sich sicher im Auto auf den Straßen bewegen zu können.
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Dazu hat Dieter Lauerbach von der Kreisverkehrswacht Ludwigshafen jede Menge Tipps parat. Regelmäßig zum Arzt gehen und Seh- und Hörvermögen überprüfen lassen, rät er. Im Alter nehme die Fähigkeit, Geräusche wahrzunehmen, nun mal deutlich ab, sagt Lauerbach. Ein 80-Jähriger höre im Schnitt nur noch ein Viertel dessen, was ein 18-Jähriger wahrnehme. Auch die Sehfähigkeit leidet mit fortschreitendem Alter. Ein 80-Jähriger habe nur noch ein um 30 Prozent eingeschränktes Gesichtsfeld.
Wer Zweifel habe, könne bei Fahrschulen eine sogenannte Überprüfungsfahrt unternehmen. Der Fahrlehrer attestiere dann, ob man noch fahrtüchtig ist. „Er kann und darf einem aber nicht den Führerschein wegnehmen“, unterstreicht auch Lauerbach. Empfehlenswert sei ein ganztägiges, kostenloses Fahrsicherheitstraining, das die Verkehrswacht für Senioren anbiete. Dort werde zunächst darüber informiert, was sich im Alter verändert. Zudem gebe es eine Einführung in neue Verkehrsregeln, weil das Wissen in diesem Bereich oft 40 Jahre und älter sei. Und zuletzt unternehmen die Teilnehmer ein praktisches Fahrsicherheitstraining, das noch besser den Faktencheck für sich selbst erlaube, ob man noch bereit sei für den Straßenverkehr. „Die einfachste Regel: Auf seine Verwandten hören“, mahnt Dieter Lauerbach.
Führerschein bedeutet Freiheit
Natürlich wissen Polizei, Verkehrswacht und Seniorenberater, dass Führerschein und Auto auch Freiheit bedeuten, vor allem auf dem Land. Das sagt auch Edeltraud Klein-Toptas, die gerade das Gespräch mit den Polizeibeamten hinter sich hat. Den Führerschein irgendwann abzugeben, sei schon ein großer Schritt, gerade wenn man wie sie in Altrip wohne. „Da ist es nicht so doll mit den Öffentlichen Verkehrsmitteln“. Und wenn man kein Auto mehr fahren könne, solle man es besser auch mit dem Fahrrad sein lassen. „Es ist aber nicht schlecht, dass man drauf aufmerksam gemacht wird“, sagt die 66-Jährige. „Man muss sich eingestehen, dass man nicht mehr so fährt wie mit 30. Da muss man achtsamer fahren. Der Verkehr ist heute schon eine größere Herausforderung“, sagt sie.
Auch Ronny Vigna, der mit seinen 63 Jahren noch knapp vor der Altersgrenze ist, findet solche Kontrollen gut. „Das müsste man wesentlich öfter machen – auch am Wochenende“, sagt er.
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