Mannheim. „Wir sind froh, dass wir wieder loslegen können“, sagt Till Oberwörder, Chef der Bussparte von Daimler. Stück für Stück werden die Fabriken nach der Zwangspause durch Corona hochgefahren. Auch am Mannheimer Standort von Evobus, dort werden Busse für den Nahverkehr gebaut, kehren Beschäftigte aus der Kurzarbeit zurück. Doch die Produktion sieht anders aus als sonst.
Auf dem Boden sind Markierungen angebracht, damit die Beschäftigten den nötigen Sicherheitsabstand einhalten. Plexiglasscheiben sollen vor Infektionen schützen. Die Pausen werden entzerrt, so dass sich möglichst wenige Menschen begegnen. Schilder weisen auf Hygienevorschriften hin. Schweißer etwa brauchen vernünftige Zugänge zu Waschräumen.
Hohe Unsicherheit
Am ersten Tag der Öffnung haben Mitarbeiter am Tor Schutzmasken erhalten – gefertigt von Kollegen im Werk Neu-Ulm. Dort entstehen momentan pro Tag an 16 Nähmaschinen rund 2000 Masken aus Stoff, auch Auszubildende packen mit an. Die Masken werden an verschiedene Produktionsstandorte verteilt.
Das Mannheimer Werk von Evobus soll in ein bis zwei Wochen wieder „normales Niveau“ erreichen. Die Auftragslage ist nach Angaben von Oberwörder derzeit positiv. Zuliefererteile kämen an. Vorerst sei keine weitere Kurzarbeit geplant, sagt er – und erklärt im selben Atemzug, dass seriöse Prognosen wegen Corona unmöglich sind. „Wir müssen derzeit von Woche zu Woche, von Monat zu Monat denken.“ Entscheidend werde sein, wann die Pandemie weltweit unter Kontrolle sein werde, wie lange die Wirtschaft eingeschränkt bleibe und wie schnell sie sich hinterher erhole.
Zuletzt hatte Evobus an die Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein (VHH) 16 elektrische Citaro-Stadtbusse ausgeliefert. Auch einen Auftrag eines „internationalen Großkunden“ habe es gegeben, so Oberwörder. Den europäischen Markt schätzt er als noch relativ stabil ein, Rückgänge beobachtet er in Südamerika.
Daimler ist mit insgesamt rund 8600 Beschäftigten der größte Arbeitgeber Mannheims. Neben Evobus unterhält der Konzern hier ein großes Lkw-Motorenwerk von Mercedes-Benz.
Im Lastwagen-Geschäft kam zu der schwächelnden Konjunktur die Corona-Krise obendrauf. „Seit März spüren wir die weltweiten Folgen der Pandemie“, sagt Andreas Moch, Standortleiter des Mercedes-Benz-Werks, laut einer Mitteilung. „Entsprechend lag auch das Produktionsniveau deutlich unter dem Vorjahresniveau.“ Nach Angaben des Betriebsratsvorsitzenden Joachim Horner sollen Teile der Belegschaft deshalb vorerst in Kurzarbeit bleiben.
„Gewaltiger Kraftakt“
Trotzdem soll die Produktion schrittweise wie bei Evobus hochgefahren werden – ebenfalls unter Hygienevorkehrungen. „Unsere Nutzfahrzeuge werden gebraucht“, ist Moch überzeugt. Auch oder gerade in „dieser schwierigen Zeit“. Moch beobachtet, dass die Mitarbeiter nach der Unterbrechung motiviert zurückkommen. „Wir tun alles dafür, der Mannschaft ein sicheres Arbeitsumfeld zu bieten.“
Die Corona-Krise hat bei Daimler schon tiefe Löcher in die Kassen gerissen. Der Konzern geht davon aus, dass sowohl Absatz und Umsatz als auch der Gewinn am Ende des Jahres unter dem Niveau des Vorjahres liegen werden. „Der Druck auf das Geschäft bleibt hoch“, sagt Konzernchef Ola Källenius bei Vorlage des Berichts zum ersten Quartal am Mittwoch.
Der Mannheimer Betriebsratsvorsitzende Horner hat derzeit selten eine ruhige Minute. „Die Kurzarbeit zu organisieren und gleichzeitig die Corona-Regeln zu beachten, ist ein gewaltiger Kraftakt.“