Frankfurt. Die Folgen der Corona-Pandemie haben dramatische Auswirkungen für den Wohlstand und die Armut weltweit. „„Während die 1000 reichsten Menschen ihre Verluste in der Corona-Krise in nur neun Monaten wettmachten, könnte es ein Jahrzehnt dauern, bis sich die Ärmsten von den wirtschaftlichen Folgen der Pandemie erholt haben“, sagt Tobias Hauschild, Leiter Soziale Gerechtigkeit der Entwicklungsorganisation Oxfam. „Die tiefe Kluft zwischen Arm und Reich erweist sich als ebenso tödlich wie das Virus selbst.“
Die Erfolge der vergangenen Jahrzehnte im Kampf gegen die Armut könnten zunichtegemacht werden. Erstmals seit 100 Jahren drohe eine Verschärfung der Kluft zwischen Reich und Arm in fast allen Ländern gleichzeitig, heißt es im am Sonntag vorgelegten Oxfam-Bericht „The Inequality Virus“ – „Das Ungleichheits-Virus“. Die Pandemie müsse ein Weckruf sein, extreme Ungleichheit und Armut endlich bei der Wurzel zu packen, heißt es bei Oxfam. Auch in Deutschland sei die Zahl der Milliardäre und Milliardärinnen trotz Corona von 114 im Februar 2019 auf 116 Ende 2020 gestiegen. Sie verfügten offiziellen Zahlen zufolge insgesamt über ein Vermögen von fast 607 Milliarden Dollar.
Allein bei den zehn reichsten Deutschen seien es 242 Milliarden Dollar, ein Plus von 35 Prozent. An der Spitze stehen dabei, so Oxfam, der Heilbronner Unternehmer Dieter Schwarz (Lidl und Kaufland). Er verbuche mit einem Plus von mehr als 14 Milliarden auf 36,8 Milliarden Dollar den höchsten Zugewinn.
Dahinter rangiere Schrauben- und Teile-Fabrikant Reinhold Würth, dessen Vermögen sei von 11,2 auf 20,6 Milliarden Dollar gestiegen. In Teilen seiner Firmen gelte gleichzeitig Kurzarbeit. Dann folgen Oxfam zufolge Susanne und Stefan Quandt, die größten Anteilseigener von BMW. Ihre Vermögen hätten von 21 auf 26,4 Milliarden und von 17,5 auf 20,3 Milliarden Euro zugelegt. Obwohl BMW zwischenzeitlich rund 40 000 Beschäftigte in Kurzarbeit geschickt habe, habe der Autokonzern im vergangenen eine Dividende von fast 1,65 Milliarden Euro an die Aktionäre ausgeschüttet. Davon gehen fast 47 Prozent an die Quandts.
Organisation fordert fairen Beitrag
Für den Bericht hat Oxfam knapp 300 Ökonomen und Ökonominnen aus 79 Ländern befragt. Sie erwarten als Folge der Pandemie in ihren Ländern eine zunehmende bis stark steigende Ungleichheit und bestätigen damit Befürchtungen der Weltbank.
Dagegen ist die Corona-Krise für die Reichsten der Welt mit Blick auf ihr Vermögen schon überwunden. Die 1000 Reichsten hätten ihre Verluste wieder fast ausgeglichen. Das Vermögen der weltweit zehn reichsten Menschen ist der Oxfam-Analyse zufolge von Februar 2019 bis Ende 2020 um fast eine halbe Billion auf 1,12 Billionen Dollar gestiegen – etwa bei Elon Musk (Tesla) um 131 Milliarden, bei dem französischen Luxus-Marken-Eigner Bernard Arnault um 76 und bei Jeff Bezos (Amazon) um 60 Milliarden Dollar. Gleichzeitig erlebe die Welt die schlimmste Jobkrise seit mehr als 90 Jahren. Hunderte Millionen hätten Einkommen und Arbeit verloren.
„Der Gewinn der zehn reichsten Menschen wäre mehr als ausreichend, um die gesamte Weltbevölkerung gegen Covid-19 zu impfen und sicherzustellen, dass niemand durch die Pandemie verarmt“, sagt Hauschild. „Konzerne und Superreiche müssen jetzt ihren fairen Beitrag leisten, um die Krise zu bewältigen“, sagt Hauschild.
Die dramatische Entwicklung sei auch Folge von kurzfristigem Gewinnstreben, das Vorrang vor dem Gemeinwohl habe. „Diese zerstörerische Logik müssen wir umdrehen.“ Kurzfristig müssten Unternehmen und Superreiche über höhere Steuern an den Kosten der Pandemie beteiligt werden. „Geld dafür ist genug da“, sagt Hauschild.