Berlin. Die Corona-Pandemie stürzt die Bundesrepublik in eine der schlimmsten Rezessionen ihrer Geschichte. Weil sie aber eine im Kern gesunde Ökonomie trifft, halten die Wirtschaftsweisen aus aktueller Sicht eine schnelle und nachhaltige Erholung für wahrscheinlich. Es gebe „keine massiven strukturellen Verwerfungen“, sagte Volker Wieland, Mitglied des Beratergremiums der Bundesregierung. „Es ist nicht wie in einem Krieg, wo der Kapitalstock zerbombt wäre und die Arbeiter an der Front sind.“
Woher rührt der Optimismus der Wirtschaftsweisen?
Als Blaupause dient den Ökonomen das Beispiel China, wo sich die wirtschaftliche Lage nach einem rund zwei Monate herrschenden Einbruch wieder zu normalisieren beginnt. Für Deutschland würde das bedeuten, dass sich die Lage „über den Sommer“ entspannt. In diesem Fall würde das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im laufenden Jahr „nur“ um 2,8 Prozent schrumpfen. Schon im Jahr darauf käme es dann zu einem Plus von 3,7 Prozent. Nach dieser Prognose würde die Wirtschaft sogar weniger stark einbrechen als im Finanzkrisenjahr 2009. Damals schrumpfte das BIP um 5,7 Prozent. 2010 gab es dann schon wieder einen Zuwachs von 4,2 Prozent.
Wie glaubwürdig ist diese Prognose?
Die Wirtschaftsweisen räumen in ihrem Sondergutachten selbst ein, das die Unsicherheit über die zukünftige Entwicklung derzeit „sehr hoch“ sei. Neben dem schon skizzierten Szenario, das die Forscher für die wahrscheinlichste Möglichkeit halten, werden deshalb noch zwei Risikovarianten aufgezeigt.
Was gilt für den schlechtesten Fall?
Sollten die Restriktionen zur Eindämmung der Pandemie mindestens sieben Wochen dauern, könnte das BIP um 5,4 Prozent schrumpfen, 2021 aber wieder um 4,9 Prozent wachsen. Bei einer noch länger anhaltenden Flaute würde das Wachstum in diesem Jahr um 4,5 Prozent einbrechen, aber im Folgejahr um lediglich 1,0 Prozent wachsen.
Wie werden die politischen Maßnahmen bewertet?
Der Chef der Wirtschaftsweisen, Lars Feld, lobte das von Bundestag und Bundesrat in der Vorwoche verabschiedete Milliarden-Hilfspaket als „genau richtig“. Zu den Maßnahmen zählen Liquiditätshilfen für Unternehmen, Steuerstundungen, Direktzuschüsse sowie der erleichterte Zugang zum Kurzarbeitergeld. Für den Fall einer nur sehr zögerlichen Erholung der Wirtschaft wird in dem Gutachten allerdings auch bemerkt, dass die getroffenen Maßnahmen „womöglich nicht ausreichen“, um tiefgreifende wirtschaftliche Verwerfungen zu verhindern.
Was empfehlen die Forscher der Bundesregierung?
Zum einen sollte die Europäische Union für den Euro-Raum stärker aktiv werden und „bei Bedarf“ zusätzliche Mittel über den europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) zur Verfügung stellen, heißt es in dem Gutachten. Speziell für Deutschland empfehlen die Forscher, schon jetzt über ein Konjunkturprogramm für den Fall nachzudenken, dass die Wirtschaft nur sehr schwer wieder an Boden gewinnt. Dafür kämen nach ihrer Ansicht Unternehmenssteuersenkungen, ein Vorziehen der Soli-Teilabschaffung, aber auch eine Erhöhung der Ausgaben für Bildung und Forschung in Betracht. (mit dpa)