Interview

Bauministerin Verena Hubertz: „Vermieter sind nicht alle böse“

Bundesbauministerin Verena Hubertz sagt, was sich bei der Förderung des Hausbaus ändert – und wie es mit dem Heizungsgesetz weitergeht.

Von 
Jörg Quoos
Lesedauer: 
Bauministerin Hubertz (SPD) will Förderprogramme für Neubau und Sanierung vereinfachen. Bild: Jörg Carstensen/Funke Foto Services © Jörg Carstensen

Berlin. Das Bundesbauministerium ist derzeit selbst eine Baustelle. Weil das alte Gebäude sanierungsbedürftig und asbestbelastet war, zog das Ministerium vor wenigen Wochen in die Axel-Springer-Passagen in Berlin um. Während im Eingangsbereich geschraubt, gebohrt und gehämmert wird, empfängt Bundesbauministerin Verena Hubertz (SPD) hochschwanger im ruhigen Konferenzraum im vierten Stock.

Frau Hubertz, zunächst: Herzlichen Glückwunsch, Sie werden in wenigen Wochen zum ersten Mal Mutter. Wie schaffen Sie es im hektischen Regierungsalltag, sich auf die anstehende Zeit vorzubereiten?

Verena Hubertz: Mein Partner, der mich großartig unterstützt, und ich haben uns gerade den Kinderwagen angeschafft. Wir werden das gemeinsam gut hinbekommen. Ich bin sehr dankbar, dass ich eine unkomplizierte Schwangerschaft habe und es mir gut geht. Mein Amt ist herausfordernd, das Tempo hoch, die Verantwortung groß. Aber vielleicht ist es auch gar nicht verkehrt, nicht so viel Zeit zum Grübeln zu haben.

Als Sie Ihre Schwangerschaft öffentlich gemacht hatten, gab es viele Glückwünsche – aber auch Hass im Netz. Kanzler Friedrich Merz sprach von „infamen“ Verurteilungen gegen Sie. Wie blicken Sie mit etwas Abstand auf die Vorgänge?

Hubertz: Vor allem habe ich mich über den großen Zuspruch gefreut. Viele haben gesagt: Wir brauchen Frauen in verantwortungsvollen Ämtern, die vorangehen. Aber ja, es waren auch einige sehr rückwärtsgewandte Beiträge dabei. Ich möchte mich davon nicht unterkriegen lassen. Wir müssen dagegenhalten, damit wir diese Diskussion in zehn Jahren nicht immer noch führen müssen. Ich habe gedacht, wir wären im Jahr 2025 schon weiter.

Die Abgeordnete Hanna Steinmüller hielt jüngst mit Baby in der Trage eine Rede im Deutschen Bundestag. Werden wir auch Sie mit Ihrem Baby am Bundestagsmikrofon erleben?

Hubertz: Das habe ich nicht vor. Aber der Moment von Hanna Steinmüller war historisch, ich habe ihn von der Regierungsbank aus miterlebt.

Lassen Sie uns zur Bau- und Wohnpolitik kommen – wie wohnen Sie selbst: im Eigentum oder zur Miete?

Hubertz: Ich wohne zur Miete, habe mir aber auch eine Eigentumswohnung gekauft, die ich vermiete.

Mit dieser Eigentumswohnung gehören Sie zu einer Minderheit in Deutschland. Die Eigentumsquote liegt hierzulande nicht einmal bei 44 Prozent, Deutschland ist damit Schlusslicht in der EU. Warum ist der Traum vom Eigenheim ausgerechnet bei uns unerschwinglich?

Hubertz: Der Traum vom Eigenheim ist etwas sehr Schönes und ein Generationenversprechen. Mein Vater konnte sich als Schlosser mit seinem Gehalt ganz selbstverständlich den Traum im ländlichen Raum erfüllen. Das wollen wir wieder möglich machen. Allerdings haben wir in Deutschland die Situation, dass die Baukosten höher sind als in den meisten unserer Nachbarländer. Zudem sind wir das bevölkerungsstärkste europäische Land mit entsprechend großen Ballungsräumen. Gerade dort sind die Grundstückspreise enorm hoch.

Mehr zum Thema

Interview

Wie kann sich Eichbaum zukunftsfest aufstellen, Herr Stahl?

Veröffentlicht
Von
Alexander Jungert
Mehr erfahren
Technologie

Ex-BASF-Werksleiter Uwe Liebelt zieht mit Start-up ins Mannheimer Cubex

Veröffentlicht
Von
Alexander Jungert
Mehr erfahren
Lastwagen

Daimler Truck: Werk Mannheim profitiert von emissionsfreien Antrieben

Veröffentlicht
Von
Alexander Jungert
Mehr erfahren

Bräuchte es das alte Baukindergeld, bei dem es Zuschüsse statt wie jetzt verbilligter Kredite gab, zurück?

Hubertz: Wir haben viele Förderprogramme: KNN, KFN, WEF, Jung kauft Alt – da blicken die Leute nicht mehr durch. Wir wollen es jetzt einfach machen: Es soll ein Programm für den Neubau und eines für Sanierungen geben. Klar ist, dass wir Familien weiter in den Blick nehmen werden. In einem ersten Schritt haben wir ihnen schon geholfen, indem wir den Bau-Turbo für schnellere Genehmigungen umgesetzt haben. Jetzt geht es um die Förderung, steuerliche Anreize und niedrige Baukosten.

Der Mieterbund warnt: Wohnen wird zum Armutsrisiko. Hat er recht?

Hubertz: Viele Menschen machen sich Sorgen. Der alte Grundsatz, maximal ein Drittel des Haushaltseinkommens für das Wohnen auszugeben, ist teilweise ins Wanken geraten. Deswegen müssen wir handeln und haben auch schon etwas getan. Justizministerin Stefanie Hubig hat die Mietpreisbremse für vier Jahre verlängert. Aber das reicht noch nicht. Wir müssen auch gegen Mietwucher vorgehen. Natürlich braucht es mehr Angebot durch den Wohnungsbau, aber es braucht auch gerechte Spielregeln.

Die Mietpreisbremse ist löchrig, wird etwa mit möblierten Wohnungen umgangen. Wollen Sie dagegen vorgehen?

Hubertz: Definitiv. Es muss klarer werden im Vertrag, welche Kosten die Kaltmiete und welche die Möblierung betreffen. Wenn diese Transparenz geschaffen ist, kann man über Regeln nachdenken. Wenn jemand eine olle Couch in die Ecke stellt und dann statt acht Euro pro Quadratmeter 35 Euro pro Quadratmeter verlangt, und das kommt vor in den Metropolen, dann hat das nichts mehr mit angemessenen Zuschlägen zu tun.

Verena Hubertz beim Deutschen Baugewerbetag des Zentralverbands Deutsches Baugewerbe. © Britta Pedersen/dpa

Wenn die Menschen das Gefühl haben, dass Wohnen ein Armutsrisiko ist, läuft offenbar etwas falsch. Wie konnte die Politik auf dem Feld so versagen?

Hubertz: Erstens: In den 90er-Jahren gab es die Annahme, dass Deutschland fertig gebaut ist. Es wurde nicht bedacht, dass viele Menschen zu uns ziehen. Zweitens: Das Grundgesetz garantiert keine passende Wohnung. Allerdings ergeben sich staatliche Verpflichtungen aus den Grundrechten und dem Sozialstaatsprinzip. Deswegen sehen wir Wohnungspolitik als unsere Aufgabe. Aber in einer sozialen Marktwirtschaft sind wir nicht der einzige Akteur. Wir brauchen die gemeinwohlorientierten Unternehmen, die Genossenschaften, die kommunalen Wohnungsträger, auch die privaten Investoren.

Sie sind selbst Vermieterin. Ist in Deutschland deren Bild zu negativ?

Hubertz: In Deutschland neigen wir dazu, alles schwarz-weiß zu betrachten: Der böse Kapitalist, der böse Vermieter. Es wird viel zu oft pauschalisiert. Vermieterinnen und Vermieter sind wichtig für das Land und natürlich nicht alle böse. Viele haben sich ihre Wohnung für ihre Altersvorsorge angeschafft. Aber es gibt eben auch die schwarzen Schafe. Die Immobilienfonds aus anderen Ländern, denen es völlig egal ist, was hier passiert. Oder Vermieter, die ihre Wohnungen verkommen lassen.

Das Gebäudeenergiegesetz (GEG) ist spätestens seit den Ampel-Jahren besser bekannt als Heizungsgesetz. Im neuen schwarz-roten Koalitionsvertrag steht: „Wir werden das Heizungsgesetz abschaffen.“ Wann denn?

Hubertz: Wir werden es neu erschaffen. Das Heizungsgesetz in seiner jetzigen Form ist weder technologieoffen noch praktikabel. Manche Sätze, die in dem jetzigen Gesetz stehen, sind nicht verständlich. Jetzt werde ich es zusammen mit meiner Kollegin Katherina Reiche federführend überarbeiten.

Bundesbauministerin Verena Hubertz (SPD): „Wir wollen im Ziel keinen Rückschritt machen. Wir haben ein Klimaziel zu erreichen.“ © Kay Nietfeld/dpa

Ihr Parteikollege und Umweltminister Carsten Schneider hat bereits klargestellt: An der Regelung, dass neue Heizungen zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden müssen, wird nicht gerüttelt. Sehen Sie das auch so?

Hubertz: Wir wollen im Ziel keinen Rückschritt machen. Wir haben ein Klimaziel zu erreichen, und wir hängen im Gebäudesektor hinterher. Aber den Weg zu diesem Ziel schauen wir uns an. Und daran arbeiten wir mit Hochdruck.

Also bleibt die Wärmepumpe das Mittel der Wahl?

Hubertz: Die Wärmepumpe ist ein Mittel der Wahl. Im Heizungsgesetz gibt es jetzt schon acht Erfüllungsoptionen aufgelistet. Es ist kein Wärmepumpengesetz. Und in der Überarbeitung werden wir sicher mit mehr Pragmatismus auch noch andere Lösungen miteinbringen.

Wie heizen Sie privat?

Hubertz: In Berlin mit Fernwärme und in meiner Wohnung in Trier, wo ich auch zur Miete wohne, mit Holzpellets.

Copyright © 2025 Mannheimer Morgen

VG WORT Zählmarke