Berlin. Die Deutsche Bahn hat den beiden verfeindeten Bahngewerkschaften angeboten, über unabhängige Notare die Gewerkschaftsmehrheit in den Betrieben des Konzerns festzustellen. „Wir bieten den Gewerkschaften ein faires und transparentes Verfahren zur Feststellung der Mehrheitsverhältnisse an“, sagte Personalvorstand Martin Seiler dieser Redaktion. Nötig wird dies, weil das Unternehmen seit Jahresbeginn dem Tarifeinheitsgesetz unterliegt.
Damit gilt in jedem Betrieb nur der Tarifvertrag der Gewerkschaft mit den meisten Mitgliedern. Bisher konnten die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) und die Lokführergewerkschaft (GDL) eigenständige Abschlüsse erzielen. Diese Vereinbarung mit den Arbeitgebern lief Ende letzten Jahres aus.
Insgesamt rund 300 Betriebe
Brisant ist die Situation aus zwei Gründen. GDL-Chef Claus Weselsky hat der EVG den Kampf um die Mehrheit der Mitglieder angesagt. Bisher ist seine Gewerkschaft vor allem bei Lokführern und dem Zugpersonal stark vertreten. Künftig will die GDL auch in anderen Sparten der Bahn Fuß fassen und so tariffähig werden. Insgesamt gibt es bei der Bahn rund 300 Betriebe. Die große Mehrheit, etwa die Instandhaltungswerke, dürften klar in der Hand der großen EVG bleiben. Bei 60 bis 70 Betrieben sind die Verhältnisse unklar.
Die EVG ist mit dem Vorschlag einverstanden. „Wir legen die Daten gegenüber einem Notar offen“, sagt Gewerkschaftschef Klaus-Dieter Hommel. Nur so könne festgestellt werden, welche Gewerkschaft im Betrieb die meisten Mitglieder hat. Die GDL hat sich auf Anfrage noch nicht dazu geäußert. Bei ungeklärten Machtverhältnisse muss der Arbeitgeber abschätzen, welche Gewerkschaft die Nase vorn hat.
Fragen darf das Unternehmen niemanden nach der Zugehörigkeit zur einen oder anderen Organisation. Notfalls müssten dann Gerichte entscheiden. Mit dem Vorschlag des notariellen Verfahrens will Seiler den Konflikt entschärfen.