Familienheim Rhein-Neckar - Registergericht Mannheim erkennt Beschluss aus virtueller Vertreterversammlung nicht an – jetzt entscheidet der Bundesgerichtshof

Aus der Familienheim Rhein-Neckar eG darf noch keine AG werden

Von 
Waltraud Kirsch-Mayer
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Ein Hinweisschild mit dem Schriftzug Bundesgerichtshof, aufgenommen vor dem Bundesgerichtshof (BGH). Der Erste Zivilsenat verhandelt zur Frage wann Influencerinnen ihre Beiträge als Werbung kennzeichnen müssen. Der BGH prüft das anhand von drei Fällen. +++ dpa-Bildfunk +++ © Uli Deck/dpa

Rhein-Neckar. Eigentlich sollte auf dem Logo der Familienheim Rhein-Neckar schon längst statt dem „eG“ als „eingetragene Genossenschaft“ ein „AG“ für Aktiengesellschaft prangen. Bislang wurde aber nichts aus der vor elf Monaten beschlossenen Verschmelzung mit der Tochtergesellschaft SEG. Grund: Das Registergericht Mannheim hat die virtuelle Vertreterversammlung nicht anerkannt. Inzwischen liegt der Fall beim Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe.

2700 eigene Wohnungen

Die Familienheim Rhein-Neckar als Muttergesellschaft der Immobiliengruppe Rhein-Neckar hat ihren Sitz in Mannheim, M 7,24, und zählt 86 Mitarbeiter. Zum eigenen Bestand gehören 2700 Wohnungen. Der Geschäftsbericht 2019 weist eine Bilanzsumme von 151 127 069 Euro aus.

Seit 1992 ist das Unternehmen auch in Sachsen-Anhalt mit der SEG Lützen aktiv.

Das Gesamtangebot umfasst Planen und Bauen, Bewirtschaften von Bestandsimmobilien, außerdem Dienstleistungen rund um Hausmeisterservice, Energie, Verwaltung, Maklertätigkeiten, Baufinanzierung. Insgesamt (Tochterfirmen inklusive) werden knapp 82 000 Wohnungen oder Einheiten verwaltet. wam

Nur eine Gegenstimme

Als diese Redaktion Anfang des Jahres mit der Familienheim Rhein-Neckar über die angepeilte Rechtsformänderung ein Gespräch führte, zeigte sich der Vorstand davon überzeugt, dass die Prüfung seitens des Registergerichts gewissermaßen nur eine Formsache ist, und die Eintragung ins Handelsregister innerhalb der ersten Jahreshälfte erfolgen würde. Schließlich hat es im letztjährigen November bei dem 76-köpfigen Beschlussgremium nur eine Gegenstimme gegeben. Und eingeschaltete Juristen des Hauses, einschließlich Notar, hatten angesichts der Corona-Pandemie keine rechtlichen Probleme gesehen, die Vertreterversammlung per Videoschalte durchzuführen.

Es kam jedoch anders als gedacht: Das Registergericht Mannheim befand, dass eine weitreichende Entscheidung mit dem Ziel einer veränderten Rechtsform nicht virtuell erfolgen kann. Außerdem spielte eine wichtige Rolle, dass weder die Satzung der Baugenossenschaft eine digitale Ersatzversammlung vorsieht, noch im Gesetz eine solche Regelung für Genossenschaften genannt wird.

Die Familienheim Rhein-Neckar wollte das Prüfungsergebnis nicht akzeptieren und erläutert in einer Stellungnahme: „Die Begründung dafür ist für uns nicht nachvollziehbar. Ähnliche Sachverhalte wurden im Jahr 2021 durch alle anderen Registergerichte in Deutschland problemlos genehmigt – da ersatzweise immer das Aktienrecht herangezogen wurde.“ Die Baugenossenschaft zog vors Oberlandesgericht in Karlsruhe. Allerdings lehnte das dortige OLG die Revision ab und bestätigte die Argumentation des Mannheimer Registergerichts. Daraufhin wurde die Familienheim Rhein-Neckar über den Dachverband für die Deutsche Wohnungswirtschaft in Berlin politisch aktiv – mit Erfolg.

„Machen weiter und warten ab“

Im Sommer besserte der Bundestag das mit heißer Nadel gestrickte Gesetz zum Abmildern der Corona-Pandemie bei Beschlussversammlungen nach. Die ergänzende Klarstellung sieht vor, dass auch rein digitale beziehungsweise virtuelle Generalversammlungen zulässig sind – selbst wenn die jeweilige Satzung dazu keine explizite Regelung enthält. Der Zusatz gilt rückwirkend zum 28. März 2020.

Inzwischen beschäftigt der Mannheimer Fall den BGH in Karlsruhe. Angesichts der neuen Gesetzeslage ist Mike Kirsch, Vorstandsvorsitzender der Familienheim Rhein-Neckar, zuversichtlich, dass der Zweite Senat dafür sorgt, dass „nun sozusagen alles rückabgewickelt werden kann“. Kirsch geht von „einem formalen Ablauf“ aus, an dessen Ende die angestrebte Verschmelzung mit der SEG Rhein-Neckar AG steht.

Bei der hundertprozentigen Tochter handelt es sich um eine Projektgesellschaft für Bauträgergeschäfte, die seit einigen Jahren keine operativen Aufgaben mehr wahrnimmt. Im November will der Vorstand die Vertreterversammlung – diesmal in Präsenz – über den Verlauf der rechtlichen Umwandlung informieren. Vorstandsvorsitzender Kirsch betont: „Auch wenn das Ganze sehr ärgerlich ist, so hat es bei unseren Geschäften keinen Schaden angerichtet – wir machen einfach weiter und warten ab.“

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