Mannheim. Wie geht es nach dem Antrag auf eine Insolvenz in Eigenverwaltung bei der Mannheimer Eichbaum-Brauerei weiter? Das fragen sich viele in der Stadt und im Besonderen die mehr als 300 Beschäftigten, die nun um ihren Arbeitsplatz bangen.
Nach Tagen des Schweigens hat sich am Freitagnachmittag Eichbaum mit einem zweiseitigen Schreiben an die Medien gewandt. Demnach wurde der Insolvenzantrag in Eigenverwaltung am vergangenen Dienstag gestellt. „Dieser Schritt soll einen Neuanfang markieren“, wird Sanierungsgeschäftsführer Frank Reifel in der Mitteilung zitiert. Ziel sei es, die traditionsreiche Brauerei in Mannheim zu erhalten, ihre Wettbewerbsfähigkeit zu stärken und möglichst viele Arbeitsplätze zu sichern. Ihm sei bewusst, so Reifel, dass damit „eine große Aufgabe vor uns liegt“.
Welche Pläne Eichbaum für die Zukunft hat
Zum Neuanfang gehört auch, dass die bisherigen Geschäftsführer Andreas Hiby-Durst und Markus Lopsien ihre Ämter aufgegeben und damit den Weg für die Einsetzung einer Sanierungsgeschäftsführung freigemacht haben. Diese besteht neben dem Restrukturierungsspezialisten Frank Reifel (Steuerberatung und Wirtschaftsprüfung FALK Mannheim) aus dem langjährigen Eichbaum-Vertriebschef Uwe Aichele. Unterstützt werden Sie durch Christoph Glatt (Kanzlei Schiebe und Collegen), der als Fachanwalt für Insolvenz- und Sanierungsrecht zum Generalbevollmächtigten bestellt worden ist.
Das dem Gericht vorgelegte Sanierungskonzept sehe vor, die Vertriebsaktivitäten zu verstärken und neue Märkte, insbesondere im Bereich ,,Ready-To-Drink“ (trinkfertige gemixte Cocktails oder Longdrinks), zu erschließen. „Ziel ist es, sich vom reinen Bierbrauer zum Getränkehersteller zu entwickeln.“ Erste vielversprechende Kontakte bei der Investorensuche gebe es bereits.
Der vom Amtsgericht bestellte Sachwalter, der Mannheimer Rechtsanwalt Thomas Oberle, begleitet das Insolvenzverfahren. Wie Oberle am Freitag dieser Redaktion erklärte, hat er sich am Donnerstag im Unternehmen einen ersten Überblick verschafft und mit der Geschäftsführung darüber ausgetauscht, wie das Verfahren organisiert werden soll.
Wie die Insolvenzordnung vorschreibt, muss der Schuldner – also die Brauerei – eine Eigenverwaltungsplanung vorlegen. Diese sei vorhanden und erscheine plausibel, so der Rechtsanwalt. Nach dem „allerersten Überblick“ sei so viel Masse vorhanden, dass das Unternehmen in der Insolvenz gerettet werden könne. „Ich sehe gute Chancen für eine Weiterführung“, sagt Oberle, gibt aber zu bedenken: „Wir sind erst ganz am Anfang.“
Was zur Insolvenz von Eichbaum geführt hat
Im nun laufenden, vorläufigen Insolvenzverfahren sind die Löhne und Gehälter für drei Monate zum Stichtag der Verfahrenseröffnung durch das Insolvenzgeld abgedeckt. Da jetzt bereits die Oktober-Gehälter zur Zahlung anstehen, geht Oberle davon aus, dass etwa zum Jahreswechsel das Hauptinsolvenzverfahren eröffnet werden könne. Die Entscheidung darüber treffe aber nicht er, sondern das Insolvenzgericht. Bis dahin müsse die Zeit genutzt werden, um das Unternehmen zu stabilisieren und um Erträge zu erwirtschaften, ohne, dass Löhne und Gehälter gefährdet würden. Parallel werde Ausschau nach potenziellen Investoren gehalten.
Als wesentlichen Grund der finanziellen Schwierigkeiten der Brauerei macht der Sachwalter nach der ersten Ansicht der Unterlagen „erhebliche Umsatzeinbrüche aus dem Russland-Geschäft“ aus. Nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine im Februar 2022 haben sich viele deutsche Unternehmen aus Russland zurückgezogen. Eichbaum exportierte jedoch zunächst weiter. Früheren Angaben zufolge betrug der Ausstoß nach Russland rund ein Sechstel des Gesamtausstoßes von Eichbaum.
Eichbaum selbst teilt dazu am Freitag mit, die Situation habe sich im Laufe der letzten Monate zunehmend verschärft. „Wie viele andere exportstarke Unternehmen steht Eichbaum einer schwierigen allgemeinen Gemengelage gegenüber, die durch Deglobalisierungs-Tendenzen in Folge der Corona-Pandemie, unruhige geopolitische Verhältnisse sowie eine zunehmend unberechenbare Zollpolitik in wichtigen Absatzmärkten geprägt ist.“ Hinzu komme der hohe Preis- und Wettbewerbsdruck auf dem Biermarkt, der sich durch den in diesem Jahr ungewöhnlich stark gesunkenen Pro-Kopf-Verbrauch an Bier weiter intensiviert habe, sowie die bekannten Probleme in der Gastronomie.
Doch die Ursachenforschung hat zunächst nicht die höchste Priorität, sagt Oberle. Ein Sachwalter habe die Dinge darauf zu richten, ein Unternehmen am Laufen zu halten und dass es überlebe. Unterdessen hat die Geschäftsführung von Eichbaum sich weiterhin nicht gegenüber dieser Redaktion und der Öffentlichkeit geäußert.
Wie Mannheims Oberbürgermeister Specht reagiert
Auf Nachfrage dieser Redaktion hat sich Mannheims Oberbürgermeister Christian Specht (CDU) zur Schieflage des Unternehmens geäußert: „Eichbaum ist seit fast 350 Jahren eine Konstante in Mannheim. Daher hat uns die Nachricht vom Insolvenzantrag des ältesten Unternehmens unserer Stadt sehr betroffen gemacht, durch den die Arbeitsplätze von rund 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bedroht sind“, erklärt Specht. „Ich appelliere an die Geschäftsführung und alle Beschäftigten, in der aktuellen Situation an einem Strang zu ziehen, um die traditionsreiche Brauerei mit ihren Arbeitsplätzen und ihrer Bedeutung für unsere Stadt zu erhalten.“ Die Stadt Mannheim stehe für Gespräche über Möglichkeiten zur Unterstützung des Restrukturierungsprozesses bereit.
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Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Eichbaum-Insolvenz: Verhalten des Managements ist unverantwortlich