Der Mann des Spiels erhielt seinen Sonderapplaus. Als Hoffenheims Trainer Pellegrino Matarazzo den Doppeltorschützen nach 75 Minuten vom Platz nahm, erhoben sich die Zuschauer in der Sinsheimer Arena am Samstag von ihren Plätzen. Sie wussten, auf wen beim Befreiungsschlag gegen eine harmlose Berliner Hertha Verlass war: Andrej Kramaric schoss die TSG 1899 Hoffenheim beim 3:1 (2:0) vom letzten auf den 15. Tabellenplatz.
„Ich bin überglücklich, dass wir endlich gewonnen haben“, betonte der Kroate. Wobei das Wort „endlich“ sogar noch leicht übertrieben war. Fünf Monate hatten die Kraichgauer auf ein Erfolgserlebnis warten müssen, die beispiellose Talfahrt hatte sie von einem Champions-League-Rang bis ganz ans Ende des Klassements gespült. Teams wie der VfL Bochum oder Schalke 04, die nach der Hinrunde bereits abgeschrieben worden waren, hatten die TSG überholt und damit Defizite bei der Transferpolitik offenbart.
Newsletter "Guten Morgen Mannheim!" - kostenlos registrieren
Ein Anführer wurde verzweifelt gesucht. Auch Kramaric, der in den vergangenen Jahren immer wieder die Hoffenheimer Lebensversicherung war, weil er vor dem gegnerischen Kasten eine große Effizienz zeigte, war dies lange nicht. Die WM in Katar hatte beim 31-Jährigen Spuren hinterlassen, eine Stammplatzgarantie hatte er zuletzt nicht mehr.
„Habe nicht viel nachgedacht“
Insofern taten ihm auch persönlich die beiden Tore gegen Berlin gut. Ganz egal, wie einfach es ihm die Hertha machte. Zunächst verwandelte er einen Handelfmeter schlitzohrig mit einem Schuss in die Mitte des Tores (24.), 13 Minuten später traf er erneut vom Punkt, der Ball schlug diesmal genau im Eck ein. „Ich habe bei den Strafstößen nicht viel nachgedacht, sondern war ganz fokussiert. Ich war mir sicher, dass ich treffe“, betonte Kramaric.
Bereits zuvor war der Stürmer vorangegangen. Fast jede gefährliche Aktion lief über ihn. Mal glänzte er als Vorbereiter (8.), mal zeigte er seine technische Klasse. Nach einer Flanke nahm er den Ball sehenswert mit, mit dem zweiten Kontakt jagte er ihn in Richtung Hertha-Tor, der oft alleingelassene Oliver Christensen war zur Stelle (20.).
Ein weiterer großer Unterschied zu den jüngsten Auftritten war, dass die Hoffenheimer diesmal ihr Spiel konsequent durchzogen - und damit früh für die Entscheidung sorgten. Beim Tor zum 3:0 (51.) zeigte sich in einer einzigen Szene die Diskrepanz zwischen beiden Mannschaften. Nach einem langen Abschlag von Oliver Baumann hatten die Berliner nicht nur einmal die Gelegenheit, mit energischem Körpereinsatz zu klären. Stattdessen kaufte ihnen Ihlas Bebou den Schneid ab, warf alles rein, der Abschluss war sehenswert, mit dem Außenrist ließ er Christensen keine Chance.
Dabbur übermotiviert
Aus Hoffenheimer Sicht hätte es ein perfekter Nachmittag sein können - er war es aber nicht. Munas Dabbur brachte es fertig, nur zwei Minuten nach seiner Einwechslung die Rote Karte zu sehen. Er hatte dem eingewechselten Dodi Lukebakio von hinten in die Wade getreten (71.). Dass Stevan Jovetic der Ehrentreffer gelang (90.+2), konnte Matarazzo da schon eher verkraften.
„Ich spüre, dass wir eine enge Bindung im Team haben. Natürlich haben wir in den vergangenen Tagen viel nachgedacht, aber wir haben nach vorn geblickt“, sagte der TSG-Trainer. Vor allem Matarazzo selbst wird zuletzt viel gegrübelt haben, galt die Partie gegen die Hertha für ihn doch als „Endspiel“. Nach dem Sieg war es allerdings nur eine Frage der Zeit, bis Alexander Rosen vor die TV-Kameras treten und alles klarstellen würde. Das machte der Sportchef auch bei Sky. Er betonte, es habe kein Ultimatum gegeben.
Eine Trennung vom Trainer, der im Oktober beim VfB Stuttgart beurlaubt worden war und erst im Februar André Breitenreiter abgelöst hatte, wäre auch Rose angelastet worden. Das wollte am Samstag jedoch niemand im Kraichgau wissen, stattdessen huldigten sie Kramaric.