Sandhausen. Sitzt Michael Schiele, der im November das Traineramt am Hardtwald übernahm, am Samstag beim Auswärtsspiel des SV Sandhausen beim SC Paderborn noch auf der Bank oder reißt im Chef-Büro schon vorher der Geduldsfaden?
Der Sportliche Leiter Mikayil Kabaca wollte am Montag zwar nichts von einem Schicksalsspiel wissen, vermied zwei Tage nachdem der abstiegsbedrohte Club im nordbadischen Derby gegen den Karlsruher SC eine 2:0-Führung aus der Hand gegeben und mit 2:3 verloren hatte, aber auch die volle Rückendeckung für Schiele: „Wir befinden uns immer noch in der Analyse dieser und der vorangegangenen Partien. Es kann jederzeit passieren, dass wir zu einem Ergebnis kommen. Ich möchte mich nicht festlegen, denn es wäre falsch, sich nicht mit allen Wegen auseinanderzusetzen.“
Die Mechanismen im Fußball-Geschäft sind klar: Bleibt der Erfolg aus, muss der Trainer als schwächstes Glied gehen. Das war bei Kenan Kocak im Oktober 2018 der Fall und dieses Schicksal ereilte auch Uwe Koschinat 25 Monate später. Präsident Jürgen Machmeiers Wunschlösung hieß daraufhin Schiele. Mit ihm hätte die Wende eingeleitet werden sollen.
Dabei hätte schon zu Saisonbeginn mit den namhaften Neuzugängen Alexander Esswein und Diego Contento der Angriff in Richtung Top-Platzierung im Unterhaus erfolgen sollen. Die Bilanz fällt ernüchternd aus: Tabellenplatz 16, Schlusslicht in der Auswärtstabelle und mit 42 Gegentoren nach 21 Spielen die drittschwächste Defensive der Liga.
Zweitschwächste Saison bislang
Sandhausen spielt die zweitschwächste Saison in der 2. Liga. Im Aufstiegsjahr 2012/13 (Anm. d. Red.: ebenfalls 18 Punkte und ein Torverhältnis von - 18) war die Bilanz identisch und nur 2018/19 lief es noch schlechter. Hinzu kommen die beinahe schon standardmäßigen Einbrüche nach der Pause oder nach dem ersten Gegentor. Stürmer Kevin Behrens, der als einer von wenigen Profis derzeit Normalform abruft, sagte: „Wir sind im Moment nicht gefestigt genug, um einen Rückschlag wegzustecken.“
Das Beispiel folgte am Samstag: 14 Sekunden nach Wiederbeginn stand es gegen den KSC nur noch 1:2 und eine halbe Stunde später 2:3. Machmeier dazu: „In der ersten Halbzeit hat man einmal mehr gesehen, welche Qualität wir haben. Das war aber nicht zum ersten Mal so, sondern auch schon in Regensburg oder in Darmstadt ähnlich. Die Mannschaft muss sich hinterfragen, ob sie anschließend zu selbstsicher oder selbstzufrieden wieder auf den Platz gekommen ist.“
Auch für Kabaca war der Einbruch „bitter und absolut unerklärlich“. Er und Machmeier, die für die sportlichen Entscheidungen zuständig sind, müssen nun abwägen, ob sie Trainer Schiele die Wende zutrauen. Der 42-Jährige selbst unterstrich einmal mehr: „Wir haben immer noch genug Spiele vor uns und alles noch in der eigenen Hand.“ Allmählich schleicht sich jedoch der Eindruck ein, dass ihm die Zeit davonläuft und Schiele den Ernst der Lage noch nicht erkannt hat.
Der SVS kann von Glück reden, dass die Aufsteiger Eintracht Braunschweig und Würzburger Kickers noch schwächer sind. Beim VfL Osnabrück, der unmittelbar vor den Schwarz-Weißen liegt, wurde die Patrone am Montag gelöst. Die Niedersachsen stellten Trainer Marco Grote frei. Es bleibt abzuwarten, ob Machmeier und Kabaca am Hardtwald nachziehen werden und noch einmal den Schleuderknopf betätigen, um eine miese Saison mit allen Mitteln noch irgendwie zu retten.