Frankfurt. Wenn es eine Kapazität im aktuellen Kader von Eintracht Frankfurt gibt, der einen profunden Einblick in die hessische Fußballseele gewähren kann, ist das Sebastian Rode. Der Bensheimer spielte in der Jugend bei Darmstadt 98, machte seine ersten Schritte im Profifußball bei Kickers Offenbach und ist nach Zwischenstationen bei Bayern München und Borussia Dortmund zur Identifikationsfigur bei der Eintracht aufgestiegen. Nach dem hart erkämpften Frankfurter 4:2 (2:2)-Sieg in einem packenden Pokal-Achtelfinale gegen Darmstadt verteilte Rode verdiente Komplimente an den kleineren Nachbarn, der als Spitzenreiter der 2. Liga große Chancen auf die Bundesliga-Rückkehr hat.
„Es war heute harte Arbeit, aber wir wussten, was da auf uns zukommt. Darmstadt macht es diese Saison hervorragend und ist nicht umsonst Tabellenführer in der 2. Liga. Da ist dann auch der Unterschied nicht mehr all zu groß im Vergleich zu Mannschaften, die in der Bundesliga vielleicht gegen den Abstieg spielen. Das hat sich nicht wie ein Klassenunterschied angefühlt“, sagte Rode nach einem begeisternden Pokal-Abend, an dem die Lilien den Champions-League-Achtelfinalisten ans Limit brachten – und deutlich mehr forderten als Schalke (3:0) und Hertha BSC (3:0) in den beiden Liga-Heimspielen dieses Jahres.
Rode zeigte sich vom fußballerischen Niveau der Mannschaft von Torsten Lieberknecht angetan, die am Dienstag die erste Niederlage nach 20 ungeschlagenen Pflichtspielen kassierte. „Darmstadt verfolgt einen klaren spielerischen Plan, das hat man gut gesehen. Sie können von hinten aufbauen, aber auch mit langen Bällen agieren. Bei den Toren hat man auch ihre Qualität im Umschaltspiel gesehen“, sagte der Bergsträßer.
In der Tat nutzten die Südhessen die große Pokalbühne mit einem Millionenpublikum in der ARD zu einer imponierenden Eigenwerbung, die die rasante sportliche Aufwärtsentwicklung rund ums Böllenfalltor bundesweit in den Scheinwerfer stellte. Nach Randal Kolo Muanis Führungstreffer (6.) drehte der mutige und taktisch perfekt eingestellte Zweitligist mit einem Doppelschlag des österreichischen Stürmers Matthias Honsak (28., 31.) kurzzeitig sogar die Partie. Die Eintracht musste sich gewaltig strecken, um durch Tore von Rafael Borré (44.), Daichi Kamada (62.) und erneut Kolo Muani (90.) ins Viertelfinale einzuziehen.
Darmstadts Trainer Lieberknecht wurden die Lobeshymnen auf seine Mannschaft gegen Ende der Pressekonferenz fast ein bisschen unangenehm. Der gebürtige Pfälzer musste die anwesenden Journalisten kurz daran erinnern, dass die Lilien das Derby doch verloren hatten. „Ich möchte nur klarstellen. Natürlich sind wir enttäuscht. Das Spiel hätte anders ausgehen können. Wir haben uns ordentlich präsentiert, waren mutig, aber in der ein oder anderen Szene nicht gut genug“, sagte Lieberknecht, der sich über die aus seiner Sicht „geschenkten Tore“ für die Eintracht zum 2:2 und 2:3 ärgerte.
Natürlich setzte sich in den entscheidenden Szenen aber auch die individuelle Klasse der Frankfurter durch, gerade in Person des zurzeit unaufhaltsamen Kolo Muani (wettbewerbsübergreifend schon 14 Tore und 15 Vorlagen) sowie von Mario Götze, der sich in Frankfurt momentan in der vielleicht besten Form seiner gesamten Karriere präsentiert. Als „besten Mann auf dem Platz“, adelte Eintracht-Trainer Oliver Glasner den 30-Jährigen. Und Kolo Muani bedankte sich artig für die traumhaften Pässe, mit denen er vor allem von Götze gefüttert wird. „Meine tiefen Läufe passen gut zu meinen Mitspielern, die hart arbeiten, um mich glänzen zu lassen“, sagte der Franzose. Unter den Fans der SGE wird das Duo Kolo Muani/Götze schon mit dem einstigen Traumgespann Anthony Yeboah/Uwe Bein verglichen – und das ist bei der Eintracht so etwas wie der Ritterschlag.
Frankfurts Coach Glasner war nach einem intensiven Derby, das lange in beide Richtungen hätte kippen können, „sehr glücklich, erleichtert und froh“. Vor allem über die Entstehung der beiden Gegentore, als sich die Eintracht bei Darmstädter Umschaltsituationen viel zu einfach übertölpeln ließ, wird aber noch zu reden sein. „Wir werden ein paar Sachen analysieren und besprechen, da gab es auch heute wieder Futter“, sagte Glasner, der den wackligen Innenverteidiger Evan Ndicka zur Pause vom Platz nahm.
Noch zwei Siege fehlen den Frankfurtern jetzt bis zur Rückkehr nach Berlin, ins DFB-Pokalfinale. „Den Pott in den Händen zu halten. Das wollen wir“, formulierte Glasner. Diesen Titel hat auch Sebastian Rode mit der Eintracht noch nicht gewonnen. Als die Hessen 2018 gegen den FC Bayern triumphierten (3:1), stand der Bensheimer bei Borussia Dortmund unter Vertrag.