Sinsheim. Das Zeugnis gab es schon vor der Prüfung. „Mit einem Sieg heute Nachmittag in Stuttgart können wir sagen, wir haben die Erwartungen, die wir hatten, erfüllt“, sprach Dietmar Hopp am Samstagvormittag bei der Mitgliederversammlung der TSG Hoffenheim. Wenige Stunden später, nach dem 1:3 beim VfB Stuttgart, war klar: Anspruch und Wirklichkeit sind aktuell nicht deckungsgleich beim Kraichgauclub. Mit acht Punkten aus sieben Spielen geht es in die nächste Spielpause. „Damit bin ich nicht zufrieden“, schüttelte TSG-Trainer Sebastian Hoeneß nach dem 1:3 in Stuttgart energisch den Kopf. „Mit drei Punkten mehr sähe die Welt anders aus.“
Sebastian Hoeneß muss nicht nur in der nun anstehenden Länderspielpause damit leben, dass er an hohen Zielen gemessen wird. Kurzfristig und auf lange Sicht. Die hat Dietmar Hopp vor den nicht einmal 200 Mitgliedern in der Sinsheimer Arena jetzt deutlich formuliert: „Da ich den Anspruch vertrete, dass die TSG dauerhaft auf einem der sechs Plätze an der Spitze stehen sollte, um international mitzuspielen, habe ich privat eine größere Investition begonnen, um talentierte Nachwuchsspieler nach Hoffenheim zu bringen“, sagte Hopp – und erntete dafür manch überraschtes Gesicht, aber auch Applaus.
Top sechs als Ziel
Mariano Maroto Lopez, Geschäftsführer der neugegründeten Hobra GmbH, erläuterte sogleich, wie das mit brasilianischen Talenten und TSG-Knowhow funktionieren soll. Die Hobra (Hoffenheimer Akademie/Brasilien) hat beim Barra FC aus Balneario Camboriu im brasilianischen Bundesstaat Santa Catarina das Sagen, dort entsteht eine Nachwuchsakademie wie in Hoffenheim. Mit Internat, Schule, Kantine und einem Stadion für 5000 Zuschauer, angelegt wir das Dietmar-Hopp-Stadion in Hoffenheim.
Die U 17 des Barra FC spielt schon in der höchsten Liga des Landes. Die Simulationen auf Hochglanz-Fotos machen viel her, die Videos auch. „Es soll aber kein Luxus-Objekt werden“, sagt Geschäftsführer Mariano Maroto Lopez. Auf Fotos wird bei der Präsentation an die erfolgreichen Brasilianer in TSG-Diensten erinnert: Carlos Eduardo, Luiz Gustavo, Roberto Firmino, Joelinton. Eher kein Zufall: Allesamt wurden und werden sie von Roger Wittmann und dessen Agentur Rogon beraten. Rogon und Wittmann spielten bei der Vorstellung der Zukunftspläne keine Rolle. Die Männerfreundschaft Hopp-Wittmann ist seit Jahren ein Thema. Vereinsintern, aber auch bei Fans wird Wittmann durchaus kritisch gesehen. Dass man beim Brasilien-Abenteuer auf das in der Vergangenheit bereits erfolgreiche Rogon-Netzwerk setzt, scheint klar. „Kicker“-Recherchen legen das auch nahe. Dirk Mack, der ehemalige Leiter des TSG-Nachwuchsleistungszentrums, soll offenbar in Südamerika eine zentrale Rolle spielen.
Um den brasilianischen Talenten die Akklimatisierung in Europa zu erleichtern, hat die Hobra GmbH mit Hopps Geld auch noch die Mehrheit an einem portugiesischen Zweitligisten erworben, Académico de Viseu FC, heißt der im Landesinneren beheimatete Verein. Hier sollen die besten brasilianischen Talente Spielpraxis erhalten – und sich für den Sprung nach Hoffenheim empfehlen. „Es kann auch eine Chance sein für TSG-Talente“, sagte Maroto Lopez und verwies auf die Hoffenheimer Talente Domen Gril und Abdulkerim Cakar, die aktuell dort Spielpraxis sammeln. Man könne nur im Zusammenspiel der Nachwuchsakademien erfolgreich sein, sagte Dietmar Hopp.
Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar In der Offensive