Fußball

Tritte, Rudel und Waldhofs verlorener Wettlauf mit der Zeit

Von 
Thorsten Hof
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Pure Verzweiflung: Auch Marcel Costly (links) brachte den Ball aus kurzer Distanz nicht im FCK-Tor unter. Der SV Waldhof vergab in doppelter Überzahl zu viele Chancen und kam im Südwest-Derby nicht über ein 0:0 hinaus. © PIX

Kaiserslautern. Mit seinen 27 Jahren kann Marcel Seegert schon auf einige Situationen in seiner Profi-Karriere zurückblicken. Doch was am Samstag beim torlosen Derby auf dem Betzenberg geschah, musste auch der Kapitän des SV Waldhof erst einmal verdauen. „So was habe ich jetzt auch noch nicht erlebt, dass du so lange zwei Mann in Überzahl bist und es nicht schaffst, das Ding über die Linie zu drücken“, blickte der Innenverteidiger auf das 0:0 beim 1. FC Kaiserslautern zurück, dass die Pfälzer nach zwei Platzverweisen ab der 41. Minute in doppelter Unterzahl bestreiten mussten.

Entsprechend gestaltete sich dann auch ein Tag danach die Gefühlslage im Mannheimer Lager, nachdem der erste Derby-Sieg beim FCK nach über 32 Jahren zum Greifen nah war. „Das ist echt nicht gerade eine coole Stimmung. Gefühlt ist das eine Niederlage. Das muss man jetzt mal ein, zwei Tage sacken lassen“, sagte der Spielführer der Mannheimer.

Kaiserslautern – SVW 0:0

1. FC Kaiserslautern: Raab – Senger, Groß, Tomiak – Hercher (86. Hanslik), Ritter, Wunderlich (78. Schad), Zuck – Zimmer (78. Niehues), Klingenburg, Redondo.

SV Waldhof: Königsmann – Sommer (46. Costly), Verlaat, Seegert, Rossipal (78. Donkor) – Höger (67. Gouaida), Saghiri – Boyamba (67. Ekincier), Lebau, Schnatterer – Martinovic.

Tore: Fehlanzeige.

Gelbe Karten: Raab, Zimmer, Hengen (Sportchef), Tomiak, Antwerpen (Trainer) – Lebeau, Seegert, Sommer, Saghiri, Schnatterer.

Rote Karten: Redondo, Senger, Dick (FCK-Team-Manager) – Kientz (SVW-Sportchef)

Beste Spieler: Raab – Fehlanzeige.

Zuschauer: 13 150.

Schiedsrichter: Florian Heft (Neuenkirchen).

Nächstes Spiel: SV WaldhofHallescher FC (Samstag, 18. September, 14 Uhr, Carl-Benz-Stadion)

„Zwei verlorene Punkte“

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Und selbst wenn die Konstellation im zweiten Durchgang, in der ein Mannheimer Sieg allen Regeln der Wahrscheinlichkeit nach nur eine Frage der Zeit war, sicher nicht dankbar war - dass am Ende nicht mehr heraussprang, mussten sich die Waldhöfer definitiv ankreiden lassen. Das vergebliche Anrennen mit einer Mischung aus Bemühen, Krampf und dem Auslassen bester Chancen wie etwa durch Jesper Verlaat (53.), Dominik Martinovic (75.) oder Marcel Costly (80.) hatte fast schon tragische Züge, während sich neun Lauterer nach jeder gelungenen Abwehraktion oder dem nächsten Fehlpass der Mannheimer bejubeln lassen durften.

„Von der Chancenverwertung war es einfach zu wenig. Da müssen wir mindestens einen machen und gehen als Sieger vom Platz“, meinte Außenverteidiger Costly, während Seegert sich noch die nötige Brechstange gewünscht hätte, um den roten „Bus“ im FCK-Strafraum weghebeln zu können. „Da fehlen uns im Strafraum ein, zwei große Zielspieler. Letztendlich ist das zu wenig und enttäuschend. Das waren zwei verlorene Punkte“, bilanzierte der Kapitän der Blau-Schwarzen.

Auch Trainer Patrick Glöckner, der den vielen Tritten in diesem Spiel mit dem Abpfiff noch einen weiteren harten Kick in die Luft hinzufügte, war entsprechend enttäuscht. „In der zweiten Halbzeit hat uns die Leichtigkeit und die richtige Entscheidungsfindung gefehlt“, bilanzierte der Coach. „Aus der zweiten Reihe haben wir die Situationen nicht so aufgebaut, um zum Abschluss zu kommen. Über außen haben die Passschärfe und die Laufwege gefehlt“, bemängelte Glöckner die vielen Stockfehler, die es den Pfälzern erleichterten, über die Zeit zu kommen. „Am Ende spielst du dann auch gegen die Zeit und nicht mehr gegen den Gegner.“

Überhitzte Atmosphäre

Und so paradox es sich anhört: Der maximale Zwang, das Spiel machen zu müssen, war wie langsam tröpfelndes Gift für den SVW, der bekanntermaßen eher Spielfreude daraus zieht, die Umschaltsituationen für sich zu nutzen. Dass sich dabei auch offenbarte, dass den Mannheimer in Sachen Passsicherheit, Cleverness und Abgezocktheit vielleicht noch das letzte Quäntchen zu einem Spitzenteam fehlen könnte, wollte der 44-Jährige allerdings so nicht stehen lassen. „Das war ein Ausnahmespiel. Die Situation gegen neun ist eine völlig andere. Deswegen muss man das ausklammern, um zu bewerten, wo wir derzeit wirklich stehen“, meinte der Coach der Blau-Schwarzen.

Das Geschehen im ersten Durchgang, dass aufgrund von zahlreichen Rudelbildungen, üblen Tritten aber zugleich auch viel Theatralik in der von Beginn an überhitzen Atmosphäre auf dem Betzenberg kaum etwas mit Fußball zu tun hatte, lag dem SVW-Trainer dabei ebenfalls im Magen. „Der Gegner hat von der ersten Minute jede Situation gesucht, um liegen zu bleiben. Das war ihre Auffassung des Spiels“, umschrieb Glöckner einen unappetitlichen ersten Durchgang, für den Kapitän Seegert deutlichere Worte fand. „Das war kein Fußball mehr, sondern nur noch Krieg“ - und der gipfelte in der zunächst wohl überzogenen Roten Karte gegen Kenny Redondo (25.) und der klaren Notbremse von Marvin Senger gegen Adrien Lebau (41.).

Angesichts dieser Szenen fiel auch Waldhof-Neuzugang Routinier Marco Höger, der selbst schon einige Derby-Schlachten geschlagen hatte, wenig ein. „Das war brutal. Ich weiß nicht, ob das immer so sein muss. Eigentlich sind wir ja hier, um Fußball zu spielen. Aber da war gefühlt alle zwei Minuten eine Unterbrechung“, blickte der 31-Jährige auf denkwürdige erste 45 Minuten zurück und konnte trotz des nächsten Zählers nur wenig Positives mitnehmen. „Wir hatten uns hier mehr vorgenommen“, unterstrich Höger die enttäuschten Ambitionen des SVW.

Redaktion Sportredakteur, Schwerpunkte SV Waldhof, Rhein-Neckar Löwen.

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