Fußball

„Werde nicht von meiner Art abrücken“

Karl-Heinz Göbel, der neue Trainer von Eintracht Bürstadt, spricht über den Abstiegskampf in der Gruppenliga und über seine Methoden

Von 
Claudio Palmieri
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Karl-Heinz Göbel ist seit dem 1. Januar Trainer von Eintracht Bürstadt. © Berno Nix

Ried. 4:1 gegen Olympia Biebesheim, 5:1 gegen den SC Käfertal, 4:0 gegen den SV Fürth, 7:0 gegen die SG Hemsbach: Die erste Bilanz von Karl-Heinz Göbel als Trainer von Eintracht Bürstadt liest sich vielversprechend. Im Interview erklärt der Lampertheimer, wie er den Gruppenligisten vor dem Abstieg retten will.

Karl-Heinz Göbel

Der am 14. September 1961 in Lampertheim geborene Göbel gehört zu den erfolgreichsten Trainern im Kreis Bergstraße.

Ob Olympia Lampertheim (1992 bis 2009), VfR Bürstadt (2009 bis 2012 und Januar 2017 bis 2019) oder Sportfreunde Heppenheim (2013 bis 2015): Sie alle feierten unter Göbel mindestens einen Gruppenliga-Aufstieg.

Im Sommer 2022 wurde er Trainer beim TVL. Zum 1. Januar wechselte Göbel zu Eintracht Bürstadt. cpa

Herr Göbel, was ist aus Ihrem Hobby als Kanarienvogelzüchter geworden?

Karl-Heinz Göbel: Auch meine Kanarienvögel befinden sich in der Vorbereitungszeit – für die Zucht im März und April. Ausdauerläufe müssen sie aber nicht machen, sie werden mit Futter präpariert. Ihnen geht es gut, genauso wie meinen Stieglitzen und meinen drei Beagle. Das sind Lebewesen, die dürfen nie zu kurz kommen.

Eine Zeit lang sah es so aus, als seien Sie raus aus dem Trainergeschäft...

Göbel: Den Gedanken ans Aufhören hatte ich nie. Es hat immer Anfragen gegeben – auch in der Zeit, in der ich nicht als Trainer tätig war. Im Sommer hatte ich Angebote von den Sportfreunden Heppenheim und der SG Unter-Abtsteinach, die ich aber abgelehnt habe. Ich habe jedenfalls weiter meine Datenbanken gepflegt und war auf Plätzen unterwegs. Für mich kommt es auf die Gesundheit und den Spaß an. Das kann noch ein Jahr gehen oder auch fünf Jahre.

Im Sommer ging es zum TV Lampertheim – ein Schritt, den Sie nicht bereuen?

Göbel: Der TV hat keinen Trainer gefunden und ich hatte gute Kontakte zu Spielern, die mir dazu geraten haben. Diese Zeit hat mir einen richtigen Kick gegeben. Das war eine sehr disziplinierte Truppe mit einer sehr hohen Trainingsbeteiligung, die in der Hinrunde 22 Punkte in der Kreisoberliga geholt hat – mit finanziellen Mitteln, die mit einem B-Ligisten vergleichbar sind.

Trotzdem sind Sie im Winter gewechselt. Warum?

Göbel: Beim TV Lampertheim war ganz klar mein Ziel, meinen Vertrag bis Sommer zu erfüllen. In einem Gespräch habe ich dem TV gesagt, dass ich ab Sommer nicht mehr zur Verfügung stehe, weil ich keine Möglichkeit sehe, die Mannschaft weiterzuentwickeln. Der Spielausschussvorsitzende Stefan Gudowius hat mich in dem Gespräch mehrfach gefragt, ob ich noch hinter der Sache stehe. Das habe ich mehrfach bejaht. Die Eintracht hat mich nach dem Weggang von Benjamin Sigmund kontaktiert. Ich habe klar gesagt, dass sie mich im Sommer verpflichten können, was dem Verein zu spät war. Nach dem Gespräch beim TV hatte ich aber den Eindruck, dass das Vertrauen der Verantwortlichen nicht mehr ganz da war. Das war der Türöffner.

Im Streit sind Sie aber nicht auseinander?

Göbel: Die Verantwortlichen des TV haben sich in den sechs Monaten mir gegenüber absolut korrekt verhalten. Es gab ein Abschlussgespräch zwischen Abteilungsleiter Jürgen Hofmann und mir. Wir haben uns die Hand gegeben. Alles gut.

Was hat Sie am Job bei der abstiegsbedrohten Eintracht gereizt?

Göbel: Der Weg zur Eintracht ist ganz klar in Verbindung mit Rainer Beckerle zu sehen. Ohne ihn als Vorsitzenden hätte ich diesen Weg nicht angetreten. Wir haben uns kennengelernt, als ich VfR-Trainer war und wir im Winter auf dem Eintracht-Platz trainiert haben. Wir sind in vielen Dingen auf einer Wellenlänge. Er hat mich gebeten, den Job zu übernehmen, weil er glaubt, dass ich der richtige Mann bin. Die Aufgabe ist schwierig, klar. Aber ich habe keine schlaflosen Nächte.

Bürstadts Sportchef Marcus Haßlöcher beklagte im Dezember, dass das Team nicht funktioniere. Verstehen Sie, was er meinte?

Göbel: Ich habe die Mannschaft beim 1:3 gegen Bensheim gesehen. Das war eine desolate Darbietung – fußballerisch, von der Einstellung, vom Willen. Klar ist: Wir haben viele südländische Spieler, die ein anderes Naturell haben als deutsche Spieler. Aber entscheidend ist die Führung. Ein Kritikpunkt von mir ist die Zusammenstellung der Charaktere. Aber bis hierhin muss ich sagen: Die Mannschaft hat meine Sprache verstanden.

Als Typ polarisieren Sie.

Göbel: Ich gehöre zu den erfolgreichsten Trainern im Bezirk – da hat man nicht überall Freunde. Aber damit kann ich umgehen. Von meiner Art werde mit fast 62 nicht mehr abrücken. Ich werde auch bei der Eintracht keinen Konfirmandenanzug tragen. Ich will mich gar nicht auf diese Bühne stellen, aber: Wenn ein Hansi Flick sieht, dass die Mannschaft nicht in die Gänge kommt und 30 Minuten nur die Hände in der Hosentasche hat, dann finde ich meine Methode – dass ich auch mal laut bin und mit einem Trainer oder Betreuer diskutiere – effektiver. Meine Spieler wissen: Wenn sie funktionieren, haben sie einen Trainer, der voll hinter ihnen steht und sich für sie einsetzt.

In vier Tests gab es vier Siege.

Göbel: Eigentlich habe ich nichts groß verändert. Die Mannschaft arbeitet sehr gut auf dem Platz mit. Ich kann sie in Spielformen fordern. Darauf habe ich den ersten Wochen Wert gelegt. Wir haben Ordnung im Spiel und versuchen, den Ball laufen zu lassen. Die Mannschaft ist körperlich schon in einer guten Verfassung. Entscheidend ist: Wir haben uns für eine taktische Grundausrichtung entschieden. Die Spieler wissen, was sie zu tun haben. Disziplin, Ordnung, Respekt: Das war zuletzt oft von mir zu hören.

Stehen jetzt elf Endspiele an?

Göbel: Die TSV Auerbach, die punktgleich mit uns ist, hat sich verstärkt. Das bedeutet: Wir müssen zwei oder drei Mannschaften abfangen, die jetzt sieben, acht Punkte weg sind. Von elf Endspielen will ich nicht sprechen. Ich bin aber guter Dinge, dass sich meine Mannschaft darauf fokussieren kann, dass es in jedem Spiel um alles geht.

Machen Sie im Sommer sicher weiter?

Göbel: Ich habe den Vertrag bis Sommer 2024 geschlossen. Der gilt für beide Ligen. Wenn wir die Klasse halten, wollen wir mit einem Kader in die Runde gehen, der nichts mit dem Abstieg zu tun hat. Sollten wir absteigen, sollten wir direkt wieder um die Meisterschaft spielen können.

Freier Autor Geboren in Viernheim. Freier Mitarbeiter seit 2009 (Sport, Online, Lokales)

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