Riedrode. Ob sein Rücktritt als Trainer des SC Opel Rüsselsheim im Dezember das Ende seiner Laufbahn bedeutet? Axel Vonderschmitt lacht. Der frühere Coach des FSV Riedrode kennt sich selbst zu gut, als dass er im Fall der Fälle ein Angebot ausschlagen könnte. „Man soll niemals nie sagen“, weiß der Bankkaufmann. Und holt vielsagend aus: „Herausforderungen oder ein gutes Konzept machen mich immer brutal neugierig – egal, ob es nach oben oder gegen den Abstieg geht.“
Axel Vonderschmitt
Zehn Aufstiege, neun Kreispokal-Endspiele, fünf Pokalsiege: Vonderschmitt gehört zu den erfolgreichsten Amateurtrainern Südhessens.
Bei Viktoria Griesheim gab er sein Debüt in der damals drittklassigen Oberliga Hessen. Auch für den FCA Darmstadt war er drittklassig am Ball.
Chefcoach war Vonderschmitt beim TSV Eschollbrücken, bei Eintracht und Opel Rüsselsheim, beim SV Geinsheim und FSV Riedrode. Den FSV führte er 2014 als bundesweit bestes Amateurteam zwischen Regional- und Kreisoberliga in die Gruppenliga. cpa
Nein: Das Feuer, das diesen Mann auf allen Stationen ausgezeichnet hat, ist nicht erloschen. Die Aufgabe in der Opelstadt habe ihn zuletzt jedoch nicht mehr gereizt, gibt der Übungsleiter zu. „Besser als jetzt kann es nicht werden“, will Vonderschmitt mehr als nur den Status quo verwalten.
Auch Corona-Situation geschuldet
Der SC Opel, mit dem er im Sommer (Abbruch-)Meister der Kreisliga A Groß-Gerau wurde, drängt vorerst nicht weiter nach oben. Zurzeit ist der Aufsteiger Siebter in der Kreisoberliga Darmstadt/Groß-Gerau. „Zu sagen, dass wir uns erst einmal etablieren wollen – das hätte ich vor ein paar Jahren mitgemacht. Aktuell fehlt mir der Reiz“, stellt der langjährige Gruppenliga-Trainer klar.
Dass sich der gebürtige Dieburger selbst dabei ertappte, wie ihm die Motivation verloren ging, ist auch der aktuellen Situation geschuldet. „Corona hat das Ganze verkürzt“, meint Vonderschmitt. Schon das kontaktfreie Training nach dem ersten Lockdown habe ihm „mit dem Gedanken ans Aufhören spielen lassen“, berichtet er: „Im Spiel stehst du unter Strom. Aber das Training, die Arbeit mit jungen Leuten, macht mir immer noch einen Riesenspaß.“ Seinen größten Kampf hat der Übungsleiter beim SC Opel allerdings nicht auf dem Fußballplatz geführt. „Es ist mehr als die Meisterschaft wert, dass wir einen echten Teamgeist entwickelt haben. In einer Multikultistadt wie Rüsselsheim ist das nie ganz so einfach. Aber wenn du dich authentisch gibst und Wertschätzung zeigst, ist das möglich“, glaubt Vonderschmitt, der sich sogar für „neue Führungsstile“ öffnete: „Zuletzt haben die Spieler ‚Axel’ und ‚du’ zu mir gesagt. Das war früher nicht vorstellbar.“
Die zweieinhalb Jahre beim Ex-Zweitligisten sind seine kürzeste Station als Cheftrainer. „Ich wurde nie entlassen und habe mit jedem Verein mindestens einen Aufstieg geschafft“, zählt Vonderschmitt stolz auf: „Und ich denke, ich habe wie in Riedrode und Geinsheim den richtigen Zeitpunkt für den Abschied gefunden.“
Und vielleicht den besten Zeitpunkt, um mehr an sich zu denken. Vor einer Woche unterzog sich Vonderschmitt einer Leistenoperation, die länger fällig war. Er fühle sich „sehr fit“, betont der Coach: „Ich habe sogar etwas abgenommen und kann tun, was mir Spaß macht.“ Im Sommer hört der frühere Drittliga-Fußballer auf zu arbeiten, mit dem Arbeitgeber ist schon alles geregelt. Seine nächsten Ziele benennt er klar: „Ich will den Motorradführerschein machen, eine Harley kaufen und irgendwann auf dem Highway durch die USA fahren. Auch mit meiner Familie will ich mehr Zeit verbringen.“
Einst bei Hoffenheim im Gespräch
Der einzige kleine Wermutstropfen in Vonderschmitts Karriere bleibt, nie den Sprung in höhere Gefilde gewagt zu haben. Als Sportlicher Leiter von Rot-Weiss Frankfurt verpasste er 2017 in der Relegation den Regionalliga-Aufstieg. Mitte der 2000er Jahre war Vonderschmitt als A-Jugend-Trainer in Hoffenheim im Gespräch. „Ich stand in der engeren Auswahl, aber das Engagement wäre hauptberuflich gewesen. Mir haben der Mut und ein Mentor gefehlt“, sagt er heute. Die Stelle ging an den späteren Schalke-Coach David Wagner. „Ich ärgere mich nicht. Damals habe ich eben so entschieden“, ist Vonderschmitt mit sich im Reinen.
Andere Türen öffneten sich – etwa jene, die zu seinem erfolgreichen Engagement in Riedrode führte (2013 bis 2016). Gerne erinnert sich Vonderschmitt an Charaktere wie Sven Dexler, Michael Gärtner, Valeri Rimer oder Oliver Schader. „Zu Spielern, die jahrelang Gegner waren, ist ein tolles Verhältnis entstanden“, erzählt er. Regelmäßig tauscht sich Vonderschmitt bis heute mit seinem Ex-Spieler Tunjo Bozanovic aus, den er zum frühen Start einer Trainerkarriere inspirierte. Auch den Kontakt zu Karl-Heinz Göbel, seinem wohl größten Trainerkonkurrenten zu Gruppenliga-Zeiten, schätzt er sehr. „Wenn Corona vorbei ist“, verspricht Vonderschmitt dem Lampertheimer, „werden wir mal einen trinken gehen“.