Sinsheim. Nur 60 Kilometer von der Heimat seines vielleicht legendärsten Vorgängers entfernt hatte Joachim Löw keine Zeit, sich mit seiner neuen Rekordstatistik zu beschäftigen. Der 2:1 (1:1)-Erfolg gegen Peru in der Sinsheimer Rhein-Neckar-Arena war das 167. Länderspiel unter Anleitung des Südbadeners – damit zog Löw mit dem Bestwert seines aus Mannheim stammenden Vorgängers Seppl Herberger gleich, der 1954 das „Wunder von Bern“ möglich gemacht hatte.
DFB-Splitter
- Joachim Löw hat einen weiteren Meilenstein als Fußball-Bundestrainer erreicht. Das 2:1 am Sonntag in Sinsheim gegen Peru war sein 167. Länderspiel als Chefcoach der Nationalmannschaft. Damit hat Löw nach offizieller DFB-Rechnung mit Seppl Herberger gleichgezogen, dem ersten deutschen Weltmeister-Trainer von 1954. Nach Siegen ist Löw schon länger die Nummer eins: Kein anderer Chefcoach der DFB-Auswahl übertraf die Zahl von 100 Erfolgen.
- Der DFB und die Adidas AG haben sich auf eine vorzeitige Verlängerung ihrer langjährigen Partnerschaft verständigt. Am Tag nach dem Spiel der Nationalmannschaft gegen Peru in Sinsheim gaben DFB-Präsident Reinhard Grindel und Kasper Rorsted, Vorstandsvorsitzender von Adidas, bekannt, dass der bis 2022 laufende Vertrag um weitere vier Jahre bis 2026 verlängert wird.
- Das nächste Mal kommt das DFB-Team zum Nations-League-Spiel in den Niederlanden am 13. Oktober zusammen. Danach folgen der Auftritt im Stade de France bei Weltmeister Frankreich (16. Oktober, Nations League) und ein Testspiel in Leipzig gegen Russland (15. November), bevor zum letzten Spiel des Jahres die Niederlande in der Nations League nach Gelsenkirchen kommt.
Der Bundestrainer hat allerdings momentan andere Sorgen. „Wir sind noch nicht über den Berg. Wir stehen weiter unter Beobachtung“, formulierte der 58-Jährige nach dem knappen Sieg gegen die Südamerikaner, der dem Tor des Hoffenheimer Debütanten Nico Schulz kurz vor Schluss zu verdanken war. Den tiefsitzenden Frust des historischen Vorrunden-Aus’ bei der WM konnte die DFB-Elf in zwei Auftritten mit Licht und Schatten naturgemäß nicht vertreiben. „Damit sich die Fans wieder voll und ganz mit der Mannschaft identifizieren können, braucht es noch einige sehr gute Leistungen“, gestand Löw.
Doch zumindest ein Anfang in eine bessere Zukunft scheint gemacht. „Wir haben die Ziele in dieser Woche schon erreicht“, bilanzierte der Bundestrainer das 0:0 gegen Frankreich in der Nations League und den Testspiel-Ausflug in den Kraichgau, bei dem die DFB-Elf nach einer guten ersten Halbzeit mit etlichen vergebenen Großchancen und dem Ausgleichstreffer durch Julian Brandt (25.) rätselhaft einknickte und Peru aufkommen ließ. „Da war Sand im Getriebe. Positiv zu bewerten ist die Mentalität der Mannschaft. Sie war nicht mit einem 1:1 zufrieden. Das Siegtor fiel auf glückliche Weise, aber es war nicht unverdient“, meinte Löw.
Nächste Nominierung in Aussicht
Über diesen Treffer freute sich ein Mann an diesem Abend besonders. „Der Torwart kann ihn halten. Aber was soll ich sagen, ich freue mich mega“, sagte Nico Schulz, der gleich bei seiner Premiere im A-Team traf. „Aufregend“ sei es gewesen, berichtete der gebürtige Berliner hinterher von seinem DFB-Debüt.
In den 84 Minuten zuvor hatte der Hoffenheimer Linksverteidiger aber nicht immer die beste Figur abgegeben. Bei der peruanischen Führung durch Luis Advincula (22.) verlor Schulz vor heimischem Publikum das entscheidende Laufduell. „Beim Gegentor kann er den Ball wegschlagen“, gab es einen leichten Rüffel von Löw, der aber auch lobende Worte für den Neuling fand, der in Abwesenheit des Kölners Jonas Hector erstmals hinten links ran durfte: „Mit seinem Engagement und seiner Leistung bin ich zufrieden. Er strahlt eine gute Dynamik aus. Ich glaube, dass er sich recht gut bei uns einfinden kann.“
Schulz darf also auch beim Auswärtsdoppelpack Mitte Oktober in Holland und Frankreich auf eine Nominierung hoffen. Es sieht danach aus, als habe der Hoffenheimer trotz seines Fehlers beim peruanischen 1:0 gegen Konkurrenten wie WM-Teilnehmer Marvin Plattenhardt (Hertha BSC) oder den Augsburger Philipp Max Pluspunkte sammeln können. Der Ehrgeiz, es im Nationalteam packen zu können, ist bei Schulz auf jeden Fall geweckt. „Ich bin keine 18 mehr, dass ich so viele Jahre noch habe. Ich bin 25 und in einem guten Alter“, sagte er: „Die Chancen, die jetzt kommen, muss ich nutzen. Das versuche ich mit jedem Training.“
Die Aufräumarbeiten nach dem WM-Fiasko gehen im DFB-Team indes weiter. Dabei fiel in Sinsheim wie schon bei der kläglich gescheiterten Reise nach Russland unangenehm auf, dass sich die deutsche Auswahl mit dem Toreschießen weiterhin schwertut. „Wenn wir die Chancen machen, hätten wir einen ruhigeren Abend gehabt“, meinte Joshua Kimmich mit Blick auf unzählige vergebene Gelegenheiten im ersten Abschnitt. Auch der wiedererstarkte Ilkay Gündogan spürt „noch eine leichte Verunsicherung in der Mannschaft aufgrund der Geschehnisse in den letzten Monaten“. Löw setzt darauf, dass der angestoßene Umbruch in der Wettbewerbssituation der Nations League gelingen wird. „Der Ehrgeiz brennt, die WM auszumerzen. Es ist eine Jetzt-erst-recht-Reaktion zu spüren.“
Mannheimer Morgen Plus-Artikel Kommentar Suche nach sich selbst