Frankfurt/Berlin. Ganz so schnell geht es dann doch nicht: Das Bundesinnenministerium hat die von Markus Söder (CSU) und Armin Laschet (CDU) geschürten Hoffnungen auf eine Bundesliga-Fortsetzung am 9. Mai gebremst. Das Ministerium ist strikt dagegen, jetzt schon einen Termin für die Wiederaufnahme zu nennen. Das geht aus einem Schreiben des parlamentarischen Staatssekretärs Stephan Mayer (CSU) an die Vorsitzende der Sportministerkonferenz, die Bremer Senatorin Anja Stahmann (Grüne), hervor. Derweil fordert die Fan-Organisation „Unsere Kurve“ einen „neuen Fußball“ nach der Krise. Ohne einen Wertewandel sei eine Akzeptanz zu Spielen ohne Zuschauer nicht zu erreichen.
Die Möglichkeit solcher Spiele ab 9. Mai hatten Söder und Laschet, die Ministerpräsidenten von Bayern und Nordrhein-Westfalen, am Montag in Aussicht gestellt. Vor einer Entscheidung seien allerdings erst „die weiteren Entwicklungen der Pandemie in Deutschland“ und die Konzepte der Fußball-Organisationen abzuwarten, heißt es nun aber im Schreiben vom Dienstag. Das Präsidium der Deutschen Fußball Liga (DFL) teilte am Dienstag mit, dass es bei der Mitgliederversammlung am Donnerstag keine Festlegung auf einen Termin geben werde.
Die Entscheidung darüber liege „selbstverständlich bei den zuständigen politischen Gremien“, hieß es in der Mitteilung. „Die Äußerungen einiger Ministerpräsidenten, aber auch der Sportminister-Konferenz mit Blick auf einen Wiederbeginn ohne Stadion-Zuschauer im Mai“ seien allerdings „gute Nachrichten für den Profifußball“.
DFL droht nächste Zerreißprobe
Ein Konzept fordern auch Fans – allerdings nicht für eine Rückkehr zum Spielbetrieb. „Wir möchten nicht mehr über Symptome diskutieren, sondern endlich über die Krankheit und die Wege zur Gesundung des Fußballs sprechen“, schrieb „Unsere Kurve“ am Dienstag. Der „neue Fußball“ brauche Visionäre, um eine Balance zwischen wirtschaftlichen Interessen und gesellschaftlicher Verantwortung herzustellen.
Der DFL und der Bundesliga droht nach den Protesten gegen Hoffenheim-Mäzen Dietmar Hopp und die Kollektivstrafe die nächste Zerreißprobe. Die DFL wollte den Vorstoß aus Reihen der Anhänger nicht kommentieren.
„Vereine und Verbände sind herausgefordert, jetzt verbindliche Schritte zur Gesundung des Profifußballs einzuleiten und zu gehen“, hieß es bei „Unsere Kurve“ weiter. Anders sei eine Akzeptanz für Maßnahmen zur Beendigung der Saison nicht zu erreichen. Und: „Es liegt an Euch, ob Ihr die Fans hinter Euch versammelt oder sie zu Euren Gegenspielern werden.“
Die „Fanszenen Deutschland“ hatten sich bereits vergangene Woche gegen Spiele ohne Zuschauer ausgesprochen und ebenfalls einen Kulturwandel gefordert. „Der Profifußball ist längst krank genug und gehört weiterhin in Quarantäne“, heißt es in einer Erklärung.
Die eher gemäßigte Interessensgemeinschaft „Unsere Kurve“ ist in der AG Fankulturen unter dem DFL-Dach und in der Ad hoc-Gruppe Fan-Institutionen und Verbände zu Corona vertreten. Die extreme Kommerzialisierung des Fußballs mit ihren wahnwitzigen Gehältern und Ablösesummen wird schon lange von großen Teilen der Anhänger kritisiert. Jetzt in der Pandemie nutzen die Organisationen auch ihre Chance, sich öffentlich erneut zu positionieren und dadurch auf einen Neuanfang zu pochen.
„Es ist nachvollziehbar, dass dieser Schritt nicht von heute auf morgen möglich ist. Die Vereine und Verbände sind aufgefordert, tragfähige Konzepte für einen nachhaltigen Fußball zu erstellen“, schreibt „Unsere Kurve“. „Die Verantwortung für die Einbindung der Fans liegt ganz klar bei den Vereinen. Dort müsste es als Chance verstanden werden, den Fußball gemeinsam mit ihren Fans zu verbessern“, sagte Michael Gabriel, Chef der Koordinationsstelle Fanprojekte, der Deutschen Presse-Agentur. „Eine realistische Stellschraube könnte dabei die Verteilung der TV-Gelder sein.“
Weniger Abhängigkeiten als Ziel
„Unsere Kurve“ erklärte in ihrer Stellungnahme, der „Profifußball als gesamtes System“ stehe „so deutlich wie noch nie auf dem Prüfstand“. Im deutschen Ligafußball seien nicht wenige Vereine bereits durch finanziellen Hochmut und Misswirtschaft in eine kritische Schieflage geraten. Durch Lizenzierungsauflagen und Statuten sollen Clubs in Zukunft zur Bildung von Rücklagen verpflichtet werden. Abhängigkeiten von einzelnen Einnahmequellen – wie den TV-Rechte-Inhabern – sollen reduziert werden.