Politik - Jeder dritte Großsponsor der UEFA stammt aus dem Reich der Mitte / Warum ist das so? – eine Spurensuche

So nutzt China die Bühne EM

Von 
Florian Eisele
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Auch der chinesische Bezahldienstleister Alipay gehört zu den wichtigsten Sponsoren der Fußball-EM. © Imago

München. Wer als Journalist für ein EM-Spiel akkreditiert war, für den hatte die UEFA ein kleines Geschenk parat: Ein Handventilator erwartete jeden Berichterstatter. Wer das Gerät anschaltete, bekam nicht nur eine kleine Brise, sondern auch einen optischen Effekt zu sehen: Über LED-Lampen wird auf den Propeller das Wort „Alipay“ projiziert. Das Gerät gibt zwar nach der ersten Entladung den Geist auf und lässt sich nicht mehr laden. Die Nachricht, die transportiert wird, ist klar: Alipay und die UEFA – das ist der Beginn einer wunderbaren Partnerschaft.

Mit dem chinesischen Onlinebezahlsystem, das zum Riesenkonzern der Alibaba Group gehört, hat die UEFA vor Beginn des Turniers einen auf acht Jahre angelegten Vertrag abgeschlossen. Alipay ist eines der Unternehmen, die während der EM in chinesischen Schriftzeichen auf den Banden zu sehen sind. Der Einstieg des Bezahldienstleisters ist ein Trend, der sich immer mehr fortsetzt: Von den zwölf Premium-Sponsoren der UEFA bei dieser EM stammen vier aus China.

Volkswagen ist der einzige europäische Topsponsor, die anderen Unternehmen stammen aus den USA, Russland und dem Nahen Osten. Insgesamt stehen für den Verband nach Informationen des „Handelsblatts“ Sponsoren-Einnahmen in Höhe von 483 Millionen Euro zu Buche. Das entspricht in etwa dem Niveau der 2016er-EM. Anders formuliert: Die UEFA hat auch in Zeiten von Corona keinen Einbruch bei Sponsoren-Einnahmen verzeichnet. Diese sind längst wichtiger als Ticket-Einnahmen, die nicht einmal ein Fünftel des Kuchens ausmachen.

Das Teilnehmerfeld bei einer Europameisterschaft mag kontinental begrenzt sein – die Sponsoren sind längst global. Was sich jedoch verändert, ist die chinesische Dominanz. Das ist kein Zufall: In Chinas Staatsapparat spielt der Fußball längst eine wichtige Rolle. Markus Kurscheidt, Inhaber des Lehrstuhls für Sportwissenschaft an der Universität Bayreuth, hat sich mit der chinesischen Strategie befasst und sagt: „Dieses Investment ist eindeutig wirtschaftspolitisch motiviert.“

War der Fußball in dem kommunistischen Staat lange Zeit als Spiel des Westens verpönt, änderte sich das mit der Machtübernahme von Staatschef Xi Jinping. Der ist erklärter Fußballfan und erließ 2014 den „Soccerplan“. Das Papier trug der sportpolitischen, aber auch der wirtschaftlichen Bedeutung des Fußballs Rechnung, wie Kurscheidt sagt: „China will damit zeigen, wie sich seine Industrie gewandelt hat. Man ist jetzt nicht mehr die Werkbank der Welt, sondern ein Technologie- und Dienstleistungszentrum.“

Ganz gezielt habe die Staatsregierung des Landes nach entwicklungsfähigen Dienstleistungsbereichen für den Binnenmarkt gesucht – und ist beim Zuschauermagneten Fußball gelandet. Dass dieser praktischerweise auch eine globale Strahlwirkung hat, könne wiederum für das aggressive Geltungsbedürfnis des Regimes genutzt werden, so Kurscheidt: „China hat schnell erkannt, dass Fußball ein Schlachtfeld der Wirtschaft und Politik ist.“

Tatsächlich wirken die vier chinesischen EM-Sponsoren wie ein Portfolio der chinesischen Wirtschaft: Neben dem Bezahlservice Alipay gibt es Vivo (Smartphones), Hisense (Haushaltsgeräte) und Tiktok, den neuen Star bei den Social-Media-Plattformen. Mit der Globalisierung ihrer Sponsorenlandschaft kann der Veranstalter der EM, die UEFA, übrigens sehr gut leben, glaubt Kurscheidt. Mehr noch: „Die UEFA verfolgt damit ein eigenes Interesse: Die Europameisterschaft soll nicht mehr als regionaler, sondern als globaler Wettbewerb gesehen werden.“ Durch die Hintertür soll so dem Weltverband FIFA Konkurrenz gemacht werden. Menschenrechte spielen dabei eine absolut untergeordnete Rolle.

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