Berlin. Mit dem seltsamsten Spieltag ihrer Geschichte ist die Bundesliga in die heikle Suche nach dem Geister-Meister gestartet. Gespenstisch leere Stadien, Masken-Paraden und Torjubel meist mit Abstand – die neue Normalität stellt die Entertainment-Bude Profifußball auf eine harte Probe. Die in der ganzen Sportwelt beäugte Rückkehr auf Bewährung ist vorerst fast unfallfrei gelungen, schon keimt die Hoffnung auf mehr Freiheiten für die zuletzt heftig kritisierte Branche. „Wenn wir jetzt beweisen, dass dieses Konzept trägt, wird auch die Zustimmungsrate in einigen Wochen eine ganz andere sein“, sagte Borussia Dortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke.
Politiker wollen Fans zulassen
- Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) und Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) plädieren dafür, in der nächsten Saison der Fußball-Bundesliga wieder Zuschauer in die Stadien zu lassen. „Nach der Sommerpause müssen wir klären, ob Stadion auch mit weniger Abstand geht, weil die Infektionsrate so niedrig ist und es eine Kontaktnachverfolgungs-App gibt, falls doch ein Infizierter dort war“, erklärte Weil der „Bild am Sonntag“.
- Kretschmer setzt sich zum Ziel, „dass Besuche von Fußballspielen, Konzerten, Theater- oder Opernaufführungen in Sachsen nach dem 1. September wieder möglich werden. Mundschutz und 1,5-Meter-Sicherheitsabstand reichen nach menschlichem Ermessen aus, um sich nicht anzustecken“, sagte er der Zeitung. „Dann sind zwar die Stadien nicht ausverkauft, aber es gibt wieder Spiele vor Publikum.“
- Der CDU-Politiker unterstrich aber, die Maßnahmen müssten „verhältnismäßig“ sein. Beschränkungen brauche es bei Ausbrüchen hoffentlich nur in einzelnen Kommunen oder Kreisen, aber nicht landes- oder gar bundesweit.
Die grauen Ränge im Dortmunder Fußball-Tempel beim 4:0 im Revierderby gegen den FC Schalke 04 und der brave Einzel-Jubel von Erling Haaland, der das erste Tor in der Bundesliga nach der Corona-Pause erzielte, waren Sinnbilder für den Re-Start. „Unter dem Strich ist das Experiment gelungen“, befand Bayerns Ministerpräsident Markus Söder am Sonntag im „Doppelpass“ von Sport1. Der CSU-Chef erlebte den Wiederbeginn sogar „viel besser als gedacht“.
Und kaum rollte der Ball wieder, gab es aus der Politik erste Signale für weitere Lockerungen. „Nach der Sommerpause müssen wir klären, ob Stadion auch mit weniger Abstand geht, weil die Infektionsrate so niedrig ist und es eine Kontaktnachverfolgungs-App gibt, falls doch ein Infizierter dort war“, sagte Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) der „Bild am Sonntag“. Auch sein sächsischer Amtskollege Michael Kretschmer (CDU) hält den begrenzten Besuch von Fußballspielen ab 1. September für möglich. „Dann sind zwar die Stadien nicht ausverkauft, aber es gibt wieder Spiele vor Publikum.“ Bayerns Ministerpräsident Söder kündigte schon an: „Die Liga wird noch nachschärfen, da bin ich mir recht sicher. Der Fußball hat eine extreme Vorbildfunktion in jeder Beziehung.“
Trotz allem aber war die Bundesliga froh, 66 Tage nach der bis dahin letzten Aufführung überhaupt wieder den Spielbetrieb aufnehmen zu dürfen. „Heute ist ein historischer Tag, da guckt die ganze Welt, die ganze Sportwelt drauf“, sagte Eintracht Frankfurts Sportvorstand Fredi Bobic.
Abstand halten, Hygieneregeln beachten – das war das Gebot für alle Beteiligten zum Wiederanpfiff. Das hieß auch: Anreise in möglichst kleinen Gruppen und Fiebermessen am Stadion-Eingang. Weil es auf den Ersatzbänken für alle zu eng geworden wäre, saßen Profis, Betreuer und Funktionäre verstreut auf den Tribünen.
Bälle wurden immer wieder desinfiziert, die Spiele selbst waren vom üblichen Pomp befreit. „Es war eine besondere Atmosphäre. Ich glaube, darüber und über die nächsten Spiele werden wir in den kommenden Jahren noch reden“, sagte Schalkes Aufsichtsratschef Clemens Tönnies. Auch wenn Einlaufmusik und Tor-Melodien vielerorts pflichtschuldig vom Band dröhnten, wirkte die Geräuschkulisse zumeist wie bei einem Bezirksliga-Kick. „Das hatte ein bisschen was von U-19-Bundesliga“, schilderte Paderborns Mohamed Dräger seine Eindrücke. dpa